Neues Sanktions-Possenspiel beim Jobcenter Märkischer Kreis in Hemer

Mit Schreiben vom 24.02.2016 vollstreckte eine Sachbearbeiterin aus dem Jobcenter in Hemer eine 10%ige Sanktion gegen einen europäischen Mitbürger, der vor einigen Monaten eingereist war.

Es wurden die üblichen Textbausteine verwandt:er „Unterstützung durch das Jobcenter Märkis

„für die Zeit vom 1. März 2016 bis 31. Mai 2016 (Minderungszeitraum) wird eine Minderung Ihres Arbeitslosengelds II monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages, festgestellt.

Daraus ergibt sich eine Minderung Ihres Arbeitslosengelds II in Höhe von maximal 40,40 Euro monatlich.“

In der Begründung ist zu lesen:

„Sie sind trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 3. Februar 2016 ohne wichtigen Grund nicht erschienen.

Die angeforderte Wegeunfähigkeitsbescheinigung bei Arbeitsunfähigkeit haben Sie nicht vorgelegt. Darüber hinaus gaben Sie an, dass Ihnen kein Dolmetscher zur Verfügung stand und somit aus Ihrer Sicht ein Erscheinen zum Termin nicht notwendig sei.

Diese Gründe konnten jedoch bei der Abwägung Ihrer persönlichen Einzelinteressen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig anerkannt werden (§ 32 Absatz 1 Satz 2 SGB II).“

Der Mann war zwar grundsätzlich bereit gewesen, zu dem Termin zu erscheinen, allerdings war seine Dolmetscherin kurzfristig verhindert und auch sein Beistand anderweitig beschäftigt. Zudem war der Termin durch seine per Fax eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgedeckt. Das für Jobcenter maßgebliche Sozialgesetzbuch 2 kennt keinen Begriff „Wegeunfähigkeitsbescheinigung“.

Der Mitarbeiterin war der Mann bekannt und sie weiß genau, dass ohne Übersetzer überhaupt keine Verständigung möglich ist. Eine Vorsprache ohne Übersetzer macht also keinen Sinn.

Aber da wo der gesunde Menschenverstand einen „wichtigen Grund“ erkennt, nämlich dass ein Beratungsgespräch nur dann Sinn ergibt, wenn man das Gegenüber auch versteht, fängt möglicherweise die „Arbeit im Jobcenter“ erst an.

Der Folgetermin fand dann am 17.02.2016 im Jobcenter Hemer statt. Diesmal war eine Übersetzerin zugegen, um einen Gedankenaustausch in beide Richtungen sicherzustellen und der Verfasser war als beobachtender Beistand zugegen.

Und obwohl es im Ermessen der Mitarbeiterin stand von einer Sanktion abzusehen, weil ein Vorsprachetermin völlig sinnlos gewesen wäre, verfügte Sie einen Sanktionsbescheid.

Diese Sanktion wird in die Sanktionsstatistik 2016 der Bundesagentur einfließen, Kosten für Widerspruch und ggfs. Klageverfahren verursachen, vom Sozialgericht als rechtswidrig verworfen werden und u.U. Nachzahlungen auslösen – nach ca. 1 ½ bis 2 Jahren.

Seit der „Unterstützung" durch das Jobcenter Märkischer Kreis ist der Mann kranker als zuvor.

In einem anderen Fall vollstreckte das Jobcenter MK eine 100%ige Sanktion gegen einen Analphabeten, weil dieser schriftliche Auflagen nicht erfüllt hatte.

Wie heißt es in dem Textbaustein so schön:
Diese Gründe konnten jedoch bei der Abwägung Ihrer persönlichen Einzelinteressen mit denen der Allgemeinheit nicht als wichtig anerkannt werden (§ 32 Absatz 1 Satz 2 SGB II).“

Es ist Zeit, dass die „Allgemeinheit“ Gelegenheit bekommt, sich zu positionieren. In meinem Namen sprechen die Bausteine nicht.

Grund für eine einprägsame Erinnerung: Jobcenter Märkischer Kreis . . .

das Haus, das Verrückte macht

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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