Künstler wollte Friedensmahnmal schaffen
Aufregung um Kalkars Nazi-Kriegerdenkmal

Von den sieben Regenbogenfarben fehlten noch drei: Die Polizei unterbrach am Samstag die Arbeiten des Künstlers. | Foto: Porwol
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  • Von den sieben Regenbogenfarben fehlten noch drei: Die Polizei unterbrach am Samstag die Arbeiten des Künstlers.
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„Mögen Jahrtausende vergehen, man wird nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken“. Diese Inschrift am NS-„Kriegerdenkmal“ in Kalkar, basierend auf einem Zitat aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“, hat schon viele Gemüter erregt. Auch Wilfried Porwol. Der Künstler wollte am Wochenende aus dem Kriegerdenkmal ein Friedensmahnmal machen.

Es stand zuerst in der NRZ: Für Wilfried Porwol dürfte es ein Akt des bürgerlichen Ungehorsams sein. Der Klever Künstler bekannte sich am Sonntagabend gegenüber der NRZ öffentlich als Urheber der Bemalung des Kalkarer Kriegerdenkmals. Gegenüber der NRZ Redaktion sagte er, dass das Kalkarer Denkmal ein kriegsverbrecherisches Mahnmal sei. Es stelle eine „in Stein gehauene, kriegsverherrlichende Naziproganda dar“, sagte er. Er sieht dies nicht als Sachbeschädigung, sondern als Kunstaktion.
Porwol erzählt, dass er am Samstagmorgen um 5 Uhr die Spraydosen ausgepackt habe. Bis 6.30 Uhr konnte er seine Arbeit verrichten, dann sei die Polizei gekommen und habe ihn gestoppt. Die Spraydosen wurden beschlagnahmt. Er erinnert an die Zitate aus Hitlers „Mein Kampf“, die auf der Rückseite des Mahnmals zu lesen sind: „Die gefallenen Soldaten des ersten Weltkrieges und auch die des zweiten Weltkrieges mit einem Nazi-Monument als „Helden“ zu ehren stellt nicht nur eine ungeheure Verhöhnung der Opfer dar, sondern ist auch eine Glorifizierung des verbrecherischen Vernichtungskrieges der deutschen Wehrmacht“, so Porwol.
Die Stadt Kalkar hat bereits in der Vergangenheit über die Gestaltung und den Inhalt des Werkes diskutiert. „Passiert ist seitdem nichts“, betont Porwol. „Das Ding steht weiterhin da als Monument des Militarismus. Eine nicht weiter hinzunehmende und meines Erachtens strafbare Duldung nationalsozialistischer Kriegsverherrlichung durch die Stadt Kalkar und für mich als Pazifist und Künstler eine Herausforderung an meine Kreativität.“
Bürgermeisterin Britta Schulz erhielt am Samstagvormittag um 7 Uhr einen Anruf von ihren Bauhof-Mitarbeitern, dass das Ehrenmal im Stadtpark in Rot, Orange und Grün getaucht wurde. Auf dem Sockel war der Spruch: „Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg“ zu lesen. Die Mitarbeiter machten sich noch am Samstagvormittag daran, die Farbe mit speziellem Graffiti-Löser zu reinigen. Nach Stunden des Schrubbens stellte sich der Erfolg ein, das Kriegerdenkmal war wieder sauber.
Aber nur kurz. Am Sonntagmorgen erhielt Britta Schulz um 8.30 Uhr einen erneuten Anruf: Diesmal präsentierte sich das Denkmal in den Farben Lila und Türkis. Nun waren Peace-Zeichen zu sehen und die Aufschrift: „Schwerter zu Pflugscharen. Abrüsten statt Aufrüsten“. Sowie „Make love not war.“ Künstler Porwol sagt, dass er mit der zweiten Aktion nichts zu tun habe: „Ich fühlte sich wohl jemand durch meine Arbeit inspiriert. Das freut mich natürlich“, sagte er.

Bürgermeisterin Dr. Schulz: "Das ist schon wirklich ärgerlich"

Die Stadt Kalkar erstellte bei der Polizei Anzeige."Das ist schon wirklich ärgerlich", sagte Bürgermeisterin Schulz. „Da fragt sich doch jeder normale Mensch, was das denn soll. Die Mitarbeiter vom Bauhof haben eine Menge Arbeit damit gehabt.“ Am Samstag hätten sie schnell Reinigungsmittel organisiert. Am Sonntag sei dies nicht möglich gewesen, da das Reinigungsmittel aufgebraucht war: „Davon geht die Welt nicht unter, aber es ist ärgerlich.“ Porwol wartet nun das weitere Vorgehen ab: „Ich sehe meine künstlerische Aktion nicht als Sachbeschädigung. Aber das soll ruhig ein Gericht klären“, sagte er gegenüber der NRZ.
Die Aktion sei für ihn ein einkalkuliertes Risiko und keineswegs habe ihn der Polizeieinsatz abgeschreckt. Porwol findet die „Glorifizierung soldatischen Heldentums“ in Kalkar sehr bedenklich. Aber dies entspräche auch der Bedeutung Kalkars als höchstrangiger Militärstandort, der zur Zeit für 150 Millionen Euro weiter ausgebaut werde, so Porwol. „In der hiesigen Luftwaffenkommandozentrale von NATO und Bundeswehr werden high-tech Kriegseinsätze u.a. mit modernisierten Atomwaffen geleitet und trainiert, so auch die Luftoperationen über dem Baltikum und der Ostgrenze der NATO. Damit werden wir hier an unserem Niederrhein auch zum Zielgebiet russischer Atomwaffen. Unser aller Leben wird durch den militärischen Wahn aufs Spiel gesetzt. Die Umgestaltung eines militaristischen Kriegerdenkmales zu einem Friedensmahnmal mit der konkreten Forderung nach Abrüstung wäre gerade in Kalkar von Nöten. Um so erfreulicher, dass unbekannte Menschen meine Gestaltungsanregungen aufgenommen haben und spontan noch am Sonntag Vormittag das Nazi-Kriegerdenkmal wieder mit Friedensbotschaften versahen.“

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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