"Auf Augenhöhe mit dem Kind"

Bettina Heuer (li.) und Gabi Goscinski erklären Ansätze der Reggio-Pädagogik. | Foto: Jan Röttgers, Abteilung Sozialpädagogik
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Kleverland. Ein Kind hat hundert Möglichkeiten“, propagierte der aus Italien stammende Lehrer Loris Malaguzzi in den 70er Jahren, „aber neunundneunzig werden ihm von uns Erwachsenen geraubt“. Schule und Kultur trenne ihm den Geist vom Leib, ihm werde vorgeschrieben, ohne Hände zu denken, ohne Kopf zu handeln, ja schließlich ohne Phantasie zu verstehen - das sagt zumindest der Begründer der Reggio-Pädagogik. Eben diese Reggio-Pädagogik wurde nun Fortbildungsthema in der Fachschule für Sozialpädagogik der Abteilung Sozialwesen des Berufskolleg Kleve des Kreises Kleve.

Die staatlich anerkannten Erzieherinnen und Heilpädagoginnen Bettina Heuer und Gabi Goscinski vom Evangelischen Familienzentrum Emmerich führten die Lehrerinnen und Lehrer sowie Bildungsgangleiterin Studiendirektorin Steffi Gijsbertsen in diese Art der Vorschulpädagogik ein. „Reggio ist wie ein Samen, der aufgehen muss“, erklärte Referentin Goscinski den Grundgedanken der Pädagogikrichtung. „Es ist eher eine Haltung und ein Gefühl, verbunden mit einer positiven Grundhaltung zu jedem Menschen“, betonte die Fachkraft für Reggio inspiriertes Lernen.

Mit den Stärken arbeiten

Das Grundkonzept der Reggio-Pädagogik ist, dass die Erzieher mit den Stärken und nicht gegen die Schwächen der Kinder arbeiten. „Fehler machen ist erlaubt, aus Irrtümern lernt man“, hob Heilpädagogin Heuer hervor. „Die Kinder sollen sich individuell nach ihren Möglichkeiten entfalten und selbst verwirklichen. Dabei lernen sie in Projekten, die ihre unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten fördern. Wesentlich hierbei ist die Wertschätzung der jeweiligen Pädagogen, welche eine kontinuierliche Dokumentation der pädagogischen Arbeit und Entwicklungen des Kindes anfertigen“, erklären die Referentinnen das Erziehungsmodell, bei dem ein Stift zum Aufschreiben und eine Fotokamera zur Dokumentation immer dazu gehörten, um „sprechende Wände“ von den jeweiligen Projekten entstehen zu lassen.

Frage des Kindes steht im Mittelpunkt

Dabei sei stets die These oder Frage des Kindes die Ausgangslage für ein anstehendes Projekt. Diesem überwiegend „prozessorientierten“ Arbeiten liege auch eine gewisse „Zieloffenheit“ zu Grunde: Das Kind bestimmt selbst, was es wann und wie lange lernt. „Die Rolle der Erzieherin ist als Wegbegleiterin, als Mit-Forscherin, aktive Zuhörerin, Partnerin auf Augenhöhe und interessierte Fragenstellerin definiert“, beschreibt Heuer den elementarpädagogischen Ansatz. Von ihren individuellen Bedürfnissen aus starten Kinder die Entdeckungsreise in ihre eigene Welt. Auf diesem Weg werden sie wertgeschätzt und begleitet, aber auch ermutigt, Neuem zu begegnen und sich selbst frei zu entfalten. Eine individuelle Entfaltung, die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, aktive Wertschätzung und das Lernen in Projekten, sowie die stetige Dokumentation der pädagogischen Arbeit und schließlich eine Elternbeteiligung, die auf deren Mitverantwortung abzielt, sind die Grundpfeiler dieses ganzheitlichen Konzeptes.

Naturmaterialien kommen zum Einsatz

Dabei spielten insbesondere Naturmaterialien, die immer wieder zum Einsatz kommen, das Theater, eine Schreibwerkstatt oder aber auch Spiegel, um sich selbst wahrzunehmen, eine ganz wesentliche Rolle, so Goscinski. So könne ganz konkret ein einziges Kleeblatt Ausgangspunkt für ein nachhaltiges Projekt sein: Von einer ersten Skizze, über Sport- und Rollenspiel und Klanggeschichte bis hin zu einem kunstästhetischen Ansatz, bei dem Materialerfahrungen zu „neuen Erkenntnissen“ führten. Bei diesem pädagogischen Konzept sei sicherlich zunächst „viel Aufklärungsarbeit nötig“ und man begegne „viel Unverständnis und Kritik“, räumte Referentin Goscinski ein, doch „Lernen kann anders funktionieren“, ermunterte Pädagogin Heuer.

Autor:

Lokalkompass Kleve aus Kleve

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