Kein Vogelschiss! Burg Vogelsang und das Unwerte Leben

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Ein Tag Starkregen in der Eifel, durchgehend von der Nacht bis zum Nachmittag. So beschlossen wir, uns die Ausstellung "Bestimmung: Herrenmenschen" auf der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang anzusehen. Ein Kapitel deutsche Geschichte, die mich heute wirklich sprachlos zurückließ. 

Die düsteren Wolken über der Urfttalsperre verkündeten nichts gutes und hätten eigentlich Warnung genug sein müssen. Aber bitte nicht falsch verstehen, die Ausstellung an sich ist wirklich gut gemacht! So wurde auch direkt eine Frage von mir erklärt - wieso eigentlich Ordensburg. 

Und zwar in Anlehnung an die mittelalterlichen Orden. Und die Männer, die hier die Ausbildung zur NS-Führungselite "genießen" sollten, nannten sich die Ordensjunker. Der Plan war, die Anwärter 4 Jahre lang auf ebenso vielen Ordensburgen zu schulen: in Krössinsee, Sonthofen, Vogelsang und die nicht über die Planungsphase hinausgegangene Marienburg. 

Tja, um nicht zu sagen, ätsch - keiner vollendete jemals die Schulung, denn mit Kriegsbeginn hatte sich das Thema schnell erledigt. Die Männer wurden als Soldaten gebraucht. Erschreckend jedoch, dass viele Kommandanturen in besetzten Gebieten durch sie übernommen wurden. Vogelsang wurde dann als Adolf-Hitler-Schule eingesetzt. 

Viele alte Bild- und Tondokumente, Briefe und Uniformen zeigt diese Ausstellung. Vom Leben auf der Burg, der Versorgung und Freizeitaktivitäten in der näheren Umgebung. Und die großen Aufmärsche und Paraden. Der Knirps aus der Hitlerjugend, der den Führer bei seinem Besuch 1936 buchstäblich anhimmelt. 

Die Rede des Burgkommandanten Hans Dietel ist krass und lässt mich nicht mehr los. Er definiert unwertes Leben und legt dar, wie belastend diese für die damalige Gesellschaft zu sein scheinen. Und prangert eine Institution an, die sich bislang für diese Menschen einsetzt - die Kirche nämlich.

Wenn ich da an die "Spitzen"... irgendwelcher Parteispitzen denke, hoffe ich wirklich, dass diese mit solchen Äußerungen ganz schnell... baden gehen. 

Was wird damals in den Köpfen der Betroffenen vor sich gegangen sein? Hat sich der ein oder andere nicht wirklich irgendwann... als ein Hindernis empfunden? Und die ständige Angst, ausgemerzt werden zu dürfen! Was haben die "Gesunden" gedacht, die die Definition von unwertem Leben gleich belastend immer und immer wieder eingetrichtert bekommen haben?

Wenn ich darüber nachdenke, auf wieviel tolle und liebenswerte Menschen der Begriff "unwertes Leben" in der heutigen Zeit zutreffen mag, überläuft es mich buchstäblich kalt. Kein Mensch sollte sich jemals über andere erheben, aber das wird selbst im kleinen - immer ein frommer Wunsch bleiben. 

Fotos 1-9: Bilder vom Tage des Ausstellungsbesuchs 

Fotos 10 - Ende: Bilder von der Geländeführung mit Besichtigung des Appellplatzes, des Turms (jede "Burg" muss auch einen Turm besitzen), des Hauses für die weiblichen Angestellten, des Kulturkinos, der Burgschänke und des Eingangstors 

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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