Anders ticken als die anderen: Interessantes Thema Hochsensibilität

In den letzten Wochen und Monaten bin ich immer öfter über diesen Begriff gestolpert. Sei es in der Welt der Medien, auf Facebook oder bei Gesprächen mit Freunden: Die Hochsensibilität oder auch Hochsensivität genannt. Wobei mich die zweite Begrifflichkeit eher an feuchtes Toilettenpapier erinnert als an diese recht komplexe Eigenschaft. Zur Einführung in das für einige bestimmt ungewöhnliche Thema und zum besseren Verständnis folgende Beispiele vorab.

Beispiele für Hochsensibilität

Erika kommt es vor, als hätte sie manche Dinge schon immer ein bisschen anders empfunden als ihre Mitmenschen, wenn sie so auf ihr Leben zurückblickt. Und das auch nur, wenn sie ganz ehrlich zu sich ist, leichter ist es jedenfalls, sich nicht zuviele Gedanken zu machen, oder? Besser ist es, mit dem Strom zu schwimmen und zu sein wie alle anderen auch, nicht? Als Kind sehr schüchtern, fiel es ihr nie leicht, unbefangen auf andere Kinder zuzugehen. Über Bemerkungen von Eltern und Lehrern denkt sie oft stundenlang nach, beleuchtet das Gesagte von allen Seiten. Lieber lebt sie in ihrer eigenen Traumwelt mit Pferden, Indianern und ihren Bücherhelden.

Tiefgreifende Veränderungen, in denen viele Leute eine Chance sehen, gefallen Anna meist nicht besonders. Es ist so anstrengend, neue Wege zu erforschen, wo sich die alten doch bewährt haben. Klar ist es spannend zu verreisen, aber zu Hause ist es doch auch schön. Jedenfalls braucht sie sich dort keine Gedanken zu machen über Baustellenlärm und Menschenmassen. Oder die vielbefahrene Schnellstraße gleich hinter dem Hotel. Sie ist erstaunt darüber, wie anpassungsfähig die meisten Menschen sind: „Da gewöhnst du dich schon dran“, versuchen Freunde sie zu trösten. Nee, tut sie nicht, der Lärm ist und bleibt unerträglich. Oder Gerüche. Warum müssen soviele Leute in Parfum baden? Und Duftkerzen verbessern nicht immer das Raumklima, sie verursachen Beklemmungen und Übelkeit.

An guten Tagen genießt Tom lebhafte Diskussionen mit seinen Mitmenschen. An schlechten möchte er nach einer halben Stunde den Raum verlassen, die Jacke anziehen und einen einsamen Waldspaziergang machen. Dass das so ist, darüber ist er nicht gerade glücklich, nein. Aber ihm wird schwummerig, er bekommt Kopfschmerzen und kann sich auf das Gesagte nicht mehr konzentrieren. Er liebt Treffen mit Freunden und der Familie, aber nicht in rauen Mengen. Zuviel Verabredungen erdrücken ihn buchstäblich, erzeugen ein Gefühl von Stress. „Was wirklich wichtig ist, dafür hat man auch Zeit“ - das ist ein beliebter Ausspruch in der heutigen Zeit. Ja, aber nicht wenn es drei Sachen an einem einzigen Tag sind...

Doch es gibt auch positives: Anna froh darüber, dass sie so kreativ sein kann. Und Erikas Freunde bescheinigen ihr ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft. Tom macht zwar weniger Sachen mit, aber diese genießt er dafür besonders intensiv. Alle drei sind erleichtert, dass "das Kind endlich einen Namen hat" und wünschen sich, dass HSP weder runtergemacht noch hochstilisiert, sondern einfach akzeptiert werden.

Alt und Jung über Hochsensibilität

Gerade die ältere Generation steht dem Thema Hochsensibilität eher skeptisch gegenüber, tun das ganze genauso wie Burn-Out und Depressionen als neumodischen Kram und großen Quatsch ab. Die Nachkriegsgeneration hat gelernt, sich durchzubeißen, schweigend zu leiden und zu verarbeiten. „Ihr habt es doch so gut heute!“ oder "Stell Dich mal nicht so an!" tönt es dann mit Kopfschütteln in der Stimme.
Doch immer mehr jüngere Leute finden sich hier wieder, die amerikanische Wissenschaftlerin Elaine Aron hat mit der Definition dieses Phänomens Mut gemacht, Hoffnungen geweckt, nicht allein (soll auf 15-20% der Menschen zutreffen) dazustehen. Und zeigt Lösungsansätze auf. Das Schaffen von Freiräumen und das Einplanen von Ruhe-Pausen (durchaus wörtlich zu nehmen) zwischendurch an einem Tag mit vielen Herausforderungen gehört dazu.

Lektüre zum Thema:
Artikel aus dem Spiegel
Beitrag aus Zeitzuleben.de
Test aus zartbesaitet.net

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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