Kleve - Emmerich - Goch: Das ersehnte lange Wochenende steht vor der Tür

Das arbeitsfreie Wochenende gehört bei den meisten von uns zu den selbstverständlichsten Errungenschaften derArbeitswelt, selbst an Schulen wird samstags nicht mehr gepaukt. Doch gehört der Papa nun ganz der Familie, wenn er nicht arbeiten muss? Wenn der Papa Fußballfan ist, gehört er ab Freitag vor die Glotze oder in die nächste Kneipe, falls er kein SKY hat.
Papa hin und Kinder her. Im Teuer-Bezahlfernsehen geht es freitags ab 18.00 Uhr mit der Zweiten Liga los und abends dann das erste Spiel der Fußball-Bundesliga. Und am Samstag geht es munter weiter: Fortsetzung Liga Zwei, nachmittags ab 15.30 Uhr die Fußball-Bundesliga und am Abend gibt es noch ne Zugabe. Sonntags ein ähnlich dicht gepackter Fußball-Fahrplan, der schon am Morgen mit dem ,,Doppelpass'' beginnt, dazu natürlich umfängliche Vorberichte und Nachbetrachtungen, die „Höhepunkte'' und Wiederholungen und dann natürlich wieder die Liga Zwei und die beiden Sonntagsspiele der Fußball-Bundesliga und Nachberichte bis nach Mitternacht.
Noch nie hat ein Bundesliga-Spielplan das Familienleben so verändert. Wer das richtige Abo abonniert hat, bekommt 612 Begegnungen live frei ins Haus, Pokalspiele - national, international - alles dabei. Kein Abpfiff zu hören ...
Ob der herzlose Hardcore-Fan seiner Familie dann nur noch auf dem Weg zwischen Badezimmer und Bierkühlschrank begegnet, wird sich zeigen. Jedem ist natürlich der Spaß im heimischen Adiletten-Stadion zu gönnen, aber es ist schon ein Sturmangriff aufs Wochenende für das Familienleben.
Im Grundgesetz ist der Sonntag sogar als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung'' geschützt. Der Sonntag hat doch schon längst seinen Sinn verloren, die freie Zeit wird sinnlos, weil sie nicht mehr dem eigentlichen Zweck dient. Alte Familienrituale wirken wie aus ganz ferner Vorzeit: Kirchgang, Stammtisch, Sonntagsbraten, Mittagsschlaf, Verwandtenbesuch. Der Sonntag wird zum Allerweltsstag im Alltagseinerlei, wenn der Zweck nicht mehr heilig ist: die gemeinsame Zeit mit den Kindern, der Familie. Stattdessen wird Oma nur noch besucht, wenn sie ein SKY-Abo hat, der gemeinsame Familien-Ausflug endet bei einem ,,Verkaufsoffenen Sonntag'' oder im Möbelhaus im Gewerbegebiet, das regelmäßig seinen „Schnupper-Sonntag'' anbietet.
Dabei war das alles mal ganz anders angedacht und es gibt (im wahrsten Sinne des Wortes) Gott sei Dank den Sonntag.
Der Schöpfer erteilt seinen Geschöpfen in der Bibel geradezu den Befehl zur Pause, wenn es in den Zehn (An-)Geboten heißt: „Am siebten Tag sollst du ruhen''.
Geschenkte Zeit, um Familie zu leben, Freundschaften zu pflegen, zur Ruhe zu kommen. Der Sonntag verleiht der Woche Rhythmus, gibt dem Leben den Takt an.
Diesen Gegenpol zur durchkommerzialisierten Woche sollten wir uns nicht kaputtmachen lassen, auch nicht durch die Verlockungen des Bezahlfernsehens. Tragisch, würden wir den Wert des Sonntags erst entdecken, wenn wir ihn verloren haben. Albert Schweitzer, vielleicht sogar ein noch größerer Wohltäter der Menschheit als beispielsweise Uli Hoeness, schrieb dazu einmal: „Wenn deine Seele keinen Sonntag mehr hat, dann verdorrt sie''.

In diesem Sinne - allen ein schönes, langes Wochenende.

Autor:

Christian Tiemeßen aus Emmerich am Rhein

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