Seit zehn Jahren gibt es den „ganz normalen Tag“ der Weik-Stiftung.

Die blinde Susanne Winther schreibt auf der Blindenschreibmaschine, liest aus einem Buch in Blinden- bzw. Brailleschrift vor und zeigt Hilfsmittel für blinde Menschen.
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  • Die blinde Susanne Winther schreibt auf der Blindenschreibmaschine, liest aus einem Buch in Blinden- bzw. Brailleschrift vor und zeigt Hilfsmittel für blinde Menschen.
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Jetzt ist er wieder in zwei Langenfelder Grundschulen gestartet.

Langenfeld. Kinder auf sportliche und spielerische Art für Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren – das war Ziel eines Projektes von Bernhard Weik. Er hatte vor mehr als elf Jahren einen fußamputierten jungen Mann getroffen, der ihm schilderte, was es bedeutet, be-hindert zu sein. „Die Hänseleien in der Kindheit waren das Schlimmste“, erfuhr Weik.

Ein Team ehrenamtlicher Mitarbeiter erarbeitete ein Konzept, Elmar Widera brachte es in eine Struktur mit Anleitung für die Grundschulen und organisierte lange Jahre den „ganz normalen Tag“. Anne Widera, seinerzeit Schulleiterin der Grundschule Richrath-Mitte, war davon so begeistert, dass sie im August 2006 als erste Schule das Konzept mit dem Weik-Team umsetzte.

„Bisher haben wir über 10.300 Grundschüler in 52 Schulen für Menschen mit Behinderung sen-sibilisiert“, erläuterte Bernhard Weik beim „ganz normalen Tag“ in der kath. Grundschule „Don Bosco“. Der „ganz normale Tag“ ist für euch ein besonderer Tag, an dem ihr über das Thema ‚Behinderung‘ nachdenkt“, stellte Schulleiterin Christiane Johnen fest. „Ihr werdet erleben, dass diese Menschen besondere Dinge können.“

„Uns liegt die Werteerziehung der Kinder sehr am Herzen, da passt Ihr Projekt „der ganz normale Tag“ gut dazu“, betonte Johnen in einem späteren Gespräch. „Wir haben auch mit der Virneburgschule den St. Martinszug und Karnevalszug zusammen durchgeführt.“ Kürzlich sei auch ein Zirkus-Projekt mit Elternhilfe durchgeführt worden. Ein Schwerpunkt der Don Bosco-Grundschule sei die Musik. Ein Schulchor habe ein Musical aufgeführt. Aber auch der Sport werde besonders gefördert. „Wir nehmen an allen Schulwettkämpfen teil, und weil eine ganze Reihe unserer Lehrer auch als Sportlehrer ausgebildet sind, können wir die Kinder ganz gezielt fördern“, berichtet Johnen.

Die 245 Schüler von Don Bosco waren mit Begeisterung dabei, sich über den Alltag von blinden Menschen zu informieren, sich die Gebärdensprache der Gehörlosen zeigen zu lassen, das Fahren mit dem Rollstuhl zu probieren, mit Gehhilfen Treppen steigen, den Weg mit dem Blindenstock finden und mit verbundenen Augen auf dem Tandem-Rad mitfahren. Die vier Tandem-Piloten Werner Decker, Wilfried Schwarz, Karl Markofsky und Günther Kraus erhielten Verstärkung aus dem Helferkreis der Schule: Kerstin Laser, deren beide Kinder dort die Schule besuchen, machte als 5. Tandem-Pilotin mit.

„Herr Weik hat ja schon gesagt, dass ich nicht sehen kann“, sagte Manfred Glasmacher zu den Kindern und erklärte ihnen die Blinden- oder Brailleschrift, die mit insgesamt 6 Punkten auskommt. Mit seiner Schreibmaschine schrieb er die Namen der anwesenden Kinder auf einen Papierstreifen. „Für die Schreibmaschine brauche ich nur sechs Finger und den Daumen“, erzählte Glasmacher. „Sind da auch Punkte auf dem Handy“, wollte Lukas von dem blinden Manfred Glasmacher wissen. Dieser zeigte den Kindern auch, wie er Münzgeld, Papiergeld, Schachfiguren, Uhren, Spielkarten u.v.m. erkennen kann. Auch einen besonderen Zollstock, eine „sprechende“ Uhr und ein Farberkennungsgerät hatte er mitgebracht.

Damit die Gruppen für die Blinden nicht zu groß sind, gab es im Team der Weik-Stiftung für die gleiche Aufgabe Susanne Winther, Telefonistin im Langenfelder Rathaus. "Mein Leben läuft genauso ab wie bei anderen Menschen, nur mit mehr Begleitung und mehr Hilfsmitteln", erklärte sie den Kindern.

An allen Stationen waren außer den Team-Mitgliedern der Weik-Stiftung auch ca. 40-50 Eltern als Helfer im Einsatz. Siegfried Schultk aus Langenfeld-Berghausen hatte wie immer die Vita-mine in Form von Obst und Gemüse für Kinder und Helfer spendiert. Und das Verbandswas-serwerk stellt regelmäßig einen Wasserspender für den Durst zwischendurch auf. „Ich fand den ganz normalen Tag toll. Wir haben viel gelernt. Auch, dass behinderte Menschen eigentlich ganz normal sind“, so lautete eine der vielen Kinderstimmen am nächsten Tag.

Zwei Tage zuvor war das Weik-Team für den „ganz normalen Tag“ im kath. Zweig der Grund-schule Richrath-Mitte am Zehntenweg. Das „Lied vom Anders sein“ wurde von den 140 Schülern kräftig angestimmt. Peter Mecklenbeck, seit einiger Zeit federführend im Team der Weik-Stiftung für den „ganz normalen Tag“, erklärte das Laufen mit dem Blindenstock. „Die Kinder sollen dabei auch spüren, wie es sich anfühlt, auch einmal hilflos zu sein“, betonte er.

„Das Thema Behinderung wird auch durch die Inklusion den Kindern näher gebracht“, stellte Schulleiterin Martina Krämer fest. Der „ganz normale Tag“ führe bei den Kindern zu mehr Rücksichtnahme und Verständnis gegenüber behinderten Mitschülern und weniger Hänseleien.
Eine tolle Unterstützung gebe es seitens der Eltern, von denen sich über 20 Helfer/innen zum „ganz normalen Tag“ eingefunden hatten. „Auch mit dem Förderverein unserer Schule haben wir eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Die stellvertretende Schulleiterin Monika Biermann war beeindruckt, wie die Rollstuhlfahrerin Karin Wolters den Kindern das Rollstuhlfahren erklärte. „Wichtig war dabei, dass man Roll-stuhlfahrern Hilfe anbieten und sie vorher fragen soll, ob sie diese benötigen.“ Schüler Max (9) aus der Klasse 3c gefiel das Fahren mit dem Rollstuhl, „vor allem, weil man so frei fahren konnte“. Beim Mitfahren auf dem Tandem mit verbundenen Augen sei es ein bisschen unheimlich gewesen, wenn das Rad gewackelt hat.

Martina Krämer gab den Schülern als Hausaufgabe auf den Weg mit, zu überlegen: „Worüber möchte ich gern mehr erfahren.“

Autor:

Jürgen Steinbrücker aus Langenfeld (Rheinland)

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