Das Sankt-Florians-Prinzip und die Forensik

„Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd` andre an.“

Protestierende Anwohner der in NRW geplanten Standorte forensischer Einrichtungen müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sie handelten nach dem St.-Florians-Prinzip. Im Kern lautet der Vorwurf, sie wollten vorhandene Gefährdungen nicht lösen, sondern nur auf andere Standorte übertragen.
Diese insbesondere auch in den öffentlich-rechtlichen Medien propagierte und auf den ersten Blick bestechende Argumentation regierender Entscheidungsträger bedarf der näheren Betrachtung.

Es stellt sich die generelle Frage:
Möchte man wirklich in einer Welt leben, die ausschließlich mit Verweis auf das St.-Florians-Prinzip regiert wird? In einem diktatorisch regierten Land wie Nordkorea würde das Marionettenkabinett des „großen Landesvaters“ Kim Jong Un auf den zur Verfügung stehenden Flächen ohne zu zögern ein Atommüllendlager errichten. Warum? Ganz einfach, weil es dringend benötigt wird. Abgebrannte Brennstäbe bedürfen der Endlagerung. Man würde sich dort keine Gedanken über die hiervon betroffenen Anwohner machen oder gar in mühevoller Kleinarbeit erst noch zu ermittelnde Alternativstandorte in Betracht ziehen. Doch wäre eine solche Vorgehensweise vernünftig?

Dieser zugegebenermaßen etwas überspitzte Vergleich verdeutlicht den Kern des Problems. Das St.-Florians-Prinzip darf in einer Demokratie immer nur am Ende eines gewissenhaften und verantwortungsvollen Abwägungsprozesses aller Vor- und Nachteile stehen.
Es hat also durchaus seine Berechtigung. Allerdings wird es oftmals als Argument missbraucht, um berechtigte Kritik zu unterbinden und von eigenen Verfahrensfehlern abzulenken.

Niemand bestreitet wirklich ernsthaft den Sinn forensischer Einrichtungen und es existiert auch nicht der perfekte Standort. Wer allerdings notwenige Abwägungsprozesse mit Verweis auf das St.-Florians-Prinzip unterbindet, sollte am besten gleich nach Nordkorea ziehen. Derartige Totschlagargumente gehören dort zum politisch korrekten Grundwortschatz. Vielleicht verstehen das auch irgendwann die Medien.

In Bezug auf Qualität und notwendige Transparenz des Auswahlverfahrens habe ich allerdings meine berechtigten Zweifel. Dies gilt es zu kritisieren und hat mit dem St.-Florians-Prinzip nun wirklich überhaupt nichts zu tun.

Stephan Gorski
Lünen, den 26.02.2013

Autor:

Stephan Gorski aus Lünen

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