Warum wird der Planer des Gaskrieges im Ersten Weltkrieg in Marl mit einem Strassennamen geehrt?

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Fritz-Haber-Straße

Fritz Haber (9.12.1868 - 29.1.1934)
Deutscher Chemiker, erhielt 1918 den Nobelpreis für Chemie, Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie, erfand die Ammoniaksynthese aus Stickstoff- und Wasserstoffgas, so steht es auf der Internetseite der Stadt Marl.

Seine Versuche mit Phosgen und Chlorgas, Basisrohstoffen der chemischen Industrie, die – gegen den Willen seiner Frau Clara – schon wenige Wochen nach Kriegsbeginn begannen, machten ihn zum „Vater des Gaskrieges“, als im Ersten Weltkrieg unter seiner Leitung erstmals Giftgas als Massenvernichtungswaffe eingesetzt wurde.

Planer des Gaskrieges im Ersten Weltkrieg

Haber meldete sich bei Kriegsausbruch 1914 freiwillig und war als wissenschaftlicher Berater im Kriegsministerium mit Forschungen zur Einsparung bzw. Herstellung von Explosivstoffen sowie der Entwicklung neuer Produktionsverfahren zur Synthese von Ersatzstoffen kriegswichtiger Rohstoffe befasst, den sogenannten „Kriegschemikalien“ wie Salpeter, dessen Einfuhr aus Chile durch die Englische Seeblockade zum Stillstand gekommen war.

Habers Forschungen ermöglichten den Einsatz der Giftgase Chlor und Phosgen als Kriegswaffen im Ersten Weltkrieg. War es ursprünglich um die Entwicklung eines Reizgases gegangen, das Nebenwirkung eines sonst voll funktionsfähigen Sprenggeschosses sein sollte, hatte der Chef des Generalstabes Erich von Falkenhayn im Dezember 1914 die Chemiker angewiesen, einen Stoff zu finden, der Menschen dauerhaft kampfunfähig machen würde. Haber wies die Oberste Heeresleitung auf Chlor hin, das aus Stahlflaschen auf den Feind abgeblasen werden sollte. Nach seinem Plan und unter seiner Aufsicht wurde Anfang 1915 eine Spezialtruppe für den Gaskampf gebildet, aus der die Pionierregimenter Nr. 35 und 36 hervorgingen. In den Gastruppen dienten unter anderem James Franck, Otto Hahn, Gustav Hertz, Wilhelm Westphal, Erwin Madelung und Hans Geiger.

Ab Februar 1915 überwachte Haber persönlich an vorderster Front die Vorbereitungen für den ersten deutschen Gasangriff bei Ypern. Er bestimmte selbst die Stellen, wo die Gasflaschen vergraben werden sollten. Am 22. April 1915 gegen 18 Uhr erfolgte der Angriff zum Auftakt der Zweiten Flandernschlacht. Insgesamt wurden 150 Tonnen Chlorgas nach dem sogenannten Haberschen Blasverfahren eingesetzt. Haber wurde offenbar wenige Tage später zum Hauptmann befördert, als sich die OHL für den Ausbau der Gaswaffe entschied und Haber damit betraute. Der Historikerin Margit Szöllösi-Janze zufolge erhielt die chemische Kriegführung mit Habers Engagement eine neue Qualität. „Mit dem ersten deutschen Chlorgasangriff […] eröffnete Haber […] ohne Zweifel die Geschichte der modernen C-Waffen. Gas wurde zum ersten Massenvernichtungsmittel der Weltgeschichte“. Am 2. Mai, also wenige Tage nach diesem Einsatz, erschoss sich seine Frau Clara Immerwahr mit der Dienstwaffe Habers am Morgen nach der Siegesfeier im Garten des gemeinsamen Hauses.

Chemische Waffen, zu denen auch Giftgase zählen, sind heute durch das Genfer Protokoll, betreffend das Verbot der Anwendung von Giftgasen und bakteriologischen Mitteln und das Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) international als „schmutzige“ Waffen geächtet. Habers unbeirrte Fortentwicklung von Giftgasen und ihr Einsatz sind heute nicht ansatzweise nachvollziehbar. .

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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