Vogelbeobachtung auf der Halde Haniel mit dem NABU Oberhausen

Sandregenpfeifer auf der Halde Haniel
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Am 20.09.2015 lud der Naturschutzbund (NABU) Oberhausen zu einer Exkursion „Vogelbeobachtung auf der Halde Haniel“ ein. Mit Bus, Fahrrad und Auto reisten die interessierten Vogelfreunde aus den umliegenden Städten an und trafen sich am Fuße der Halde Haniel in Oberhausen. Geleitet wurde die Exkursion von Michael Tomec und Silke Hingmann.

Obwohl ich skeptisch war, ob es überhaupt Vögel auf der Halde zu sehen geben wird, wurde ich schon am Parkplatz von munterem Vogelgezwitscher begrüßt und eines besseren belehrt. Die meisten Vögel singen nur in der Brutzeit, daher staunte ich nicht schlecht über das Vogelkonzert am Fuße der Halde.

Punkt 10 Uhr ging es mit festem Schuhwerk, Fernglas, Smartphone und Fotoequipment die Halde hinauf. Auf Zwischenstopps erzählte Michael Tomec von der Geschichte der Halde und wies auf die abwechslungsreiche Pflanzenwelt hin. Tatsächlich konnte man bei genauem Hinsehen eine enorme Vielfalt der Bäume und Sträucher entdecken und ihren Konkurrenzkampf um diesen speziellen Lebensraum.

Auf jedem Haldenabschnitt findet sich eine andere Vegetation. Mir fallen die vielen Sanddornsträucher auf, die ich von den Nordseeinseln kenne. Aber auch andere beerentragende Bäume und Sträucher wecken die Neugier der Exkursionsteilnehmer. Silke Hingmann nimmt eine Kostprobe der blauen Beere der Schlehe und befindet sie für süß und lecker.

Neben dem dichtem Grün existieren auch „Heideflächen“ auf nährstoffarmen Böden und bieten damit Lebensraum für ganz spezielle Vögel und andere Tiere, wie zum Beispiel den Schwalbenschwanz, einen hübschen Schmetterling aus der Familie der Ritterfalter. Michael Tomec erläutert, dass es aus Artenschutzgründen wichtig ist, dass die Halden nicht vollständig begrünt und bepflanzt werden, sondern auch nährstoffarme Ersatzbiotope bieten.

Auf den oberen breiten Wegen der Halde sind große Wasserflächen, die nicht austrocknen und der Kreuzkröte einen passenden Lebensraum bieten. Die Gewässerflächen sind umgeben von Röhricht, wo vor allem die hübschen Rohrkolben ins Auge fallen. Im Wasser selbst können wir einzelne Kaulquappen entdecken. Da hier keine Fische oder andere Räuber sind, haben die Kaulquappen gute Überlebenschancen. Am Gewässerrand, im dichten Gras versteckt, entdeckt Libellenfreund Christoph mit seinen Adleraugen winzige Kreuzkrötenkinder. Auf Christophs Hand können wir die kleinen Kröten ganz genau betrachten. Sie tragen ganz deutlich eine gelbe Längslinie auf ihrem Krötenkreuz, der ihnen den Namen bescherte.

Immer wieder werden wir von kleinen Schwalben überflogen. Meistens sind es Rauchschwalben mit ihrem auffallend langen Schwalbenschwanz. Es ist die Zeit des Vogelzugs - mit hastigen Flügelschlägen überqueren sie die Halde auf ihrem Weg zum Winterquartier ins warme Afrika. Die Schwalbenkinder saßen noch vor wenigen Wochen im Nest – und müssen schon jetzt im zarten Vogelalter von wenigen Wochen tausende von Kilometern zurücklegen. Das ist eigentlich unglaublich.

Unter den zahlreichen Rauchschwalben sind auch ein paar Uferschwalben. Vogelzähler Horst führt genau Buch über die Anzahl der Schwalben, die uns überqueren. Am Ende der Wanderung wird er auf etwa 50 Tiere kommen.

Auf den obersten Ästen eines großen Sanddornstrauchs entdeckt Silke Hingmann eine kleine Gruppe Bluthänflinge. Mit viel Ruhe sitzen sie auf den dünnen Zweigen und scheinen sich zu sonnen. Plötzlich sehen wir einen Streit zwischen 2 Vögeln am gleichen Strauch. Ein kleiner Fitis hat für die Unruhe gesorgt.

Hoch in der Luft entdecken wir eine Gruppe von Mäusebussarden. Während wir mit dem Fernglas dem Segelflug der Bussarde folgen, erklärt unser Exkursionsführer seine typischen Merkmale und wie er sich von anderen Greifvögeln unterscheidet. Für Begeisterung sorgt ein Fischadler, der sich unter die Bussarde mischt und von diesen sogleich attackiert wird. Die kleinen Mäusebussarde lassen sich auch von einem großen Fischadler nicht ihr Revier streitig machen.

Aber nicht nur in der Luft über der Halde gab es spannendes zu entdecken, auch auf dem Boden. Die angrenzende Zeche Haniel ist noch in vollem Betrieb. Von der hohen Halde aus können wir das große Gelände wie im Modellbau betrachten. Die Halde selbst besteht aus unzähligen großen und kleinen Stücken des „tauben Gesteins“ der Steinkohleförderung. Bei genauem Hinsehen kann man Fossilien entdecken und Steine, die von goldglänzendem Pyrit durchzogen sind, welches auch als Katzengold oder Narrengold bezeichnet wird.

Wie genießen den Ausblick in die Ferne bei bestem Sonnenschein. Als Landschaftsmarken fallen die Kokerei Schwelgern in Duisburg, das Steinkohlekraftwerk Voerde, das Kraftwerk Scholven, das Tetraeder auf der Halde in Bottrop und noch viele andere große Industrieanlagen auf.

Fast ganz oben auf der Halde befindet sich das Amphitheater, welches versehentlich als Amphibientheater angepriesen wird … und die Gruppe lachen lässt. Neben dem „Amphibientheater“ befindet sich eine größere Wasserfläche, in welcher Rabenkrähen ein Bad nehmen.

Ganz unauffällig am Rand huscht ein kleiner Regenpfeifer auf und ab. Er trägt sowohl Merkmale des Flussregenpfeifers als auch des Sandregenpfeifers, was den Bestimmungsehrgeiz der anwesenden Ornithologen weckt. Zur genauen Bestimmung werden Bestimmungsbuch, Smartphone und auch der Telefonjoker eingesetzt. Der kleine Vogel lässt die Fotografen recht nah herankommen. So gelingen gute Bilder, die man mit dem Smartphone zu den Bestimmungsprofis sendet.

Von hinten naht ein Hund, der sich trotz energischer Rufe seines Besitzers nicht davon abhalten lässt, eine Abkühlung im See zu nehmen. Schade, denn unser kleiner Vogel ist damit erst mal außer Reichweite des Teleobjektivs. Aber immerhin, er ist noch in Sichtweite. Wir schimpfen ein wenig, weil unser Vogel verscheucht wurde. Der Hundebesitzer entschuldigt sich, sein Hund würde sich im Moment nicht normal benehmen - möglicherweise habe er einen kleinen epileptischen Anfall gehabt. Und es kam, wie es kommen musste – im Wasser liegend krampft der Hund - den Kopf unter Wasser. Der Hundebesitzer muss in voller Montur ins Wasser springen, um seinen Hund zu retten. Pitschepatschenass kommen die beiden zurück an Land, wo der Hund sich ausruhen muss und der Besitzer nun im Wind auskühlt … Ganz schön abenteuerlich, so ein Haldenbesuch.

Als der Regenpfeifer wenig später davonfliegt, kann man ihn anhand seiner Flügelzeichnung sicher als Sandregenpfeifer bestimmen. Die typische weiße Flügelbinde konnte sogar auf einem Foto festgehalten werden. Der Sandregenpfeifer ist eine vom Aussterben bedrohte Art und kein typischer Haldenbewohner. Umso schöner war es, diesen kleinen einsamen Durchzügler hier so nah beobachten zu können – und natürlich wird sein Besuch vogelkundlich erfasst und später im Internet auf Ornitho.de dokumentiert.

Beim Blick über die Halde können 2 Steinschmätzer auf einem Wall entdeckt werden. Auch der Steinschmätzer gehört zu den bedrohten Arten, die auf der Roten Liste in der Kategorie 1 gelistet sind. Ein unauffälliger Geselle, den wohl nur ein geschulter Vogelbeobachter zu erkennen vermag.

Unweit der Steinschmätzer fliegen zwei Motocross Fahrer über die Hügel … ganz ohne Flügel, dafür aber mit einer ordentlichen Abgaswolke. Mit Motorkraft lässt sich die Halde sehr viel leichter erklimmen als mit Muskelkraft. Die zahlreichen Mountainbiker trainieren sich hier jedenfalls ordentlich Kalorien ab. Auf abenteuerlichen Wegen fahren sie auf steilen Wegen … nichts für Sonntagsfahrer.

Gerne hätte unser Exkursionsleiter noch mehr Vögel gezeigt, aber bei dem schönen Wetter sind viele Menschen unterwegs – was unsere gefiederten Freunde dazu veranlasst, in ruhigere Gefilde auszuweichen. Nichtsdestotrotz hatten wir einen spannenden Vogeltag auf der Halde mit Sonne, Aussicht und einer spannenden Natur.

Mehr über den NABU Oberhausen und seine Exkursionen durch die Natur findet man im Internet unter http://www.nabu-oberhausen.de/

Autor:

Britta Müller aus Marl

Webseite von Britta Müller
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