Interview: Hat Lendringsen schon resigniert?

Elmar Dederich, einer der bekanntesten Lendringser Bürger, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um Kritik geht. So auch sicherlich nicht bei seinem Vortrag „Der Letzte macht das Licht aus - warum immer Lendringsen?“, der am 21. November, 19.30 Uhr, im Gasthof Dederich stattfindet. Vorab stand der Referent Lokalkompass und Stadtspiegel im Interview Rede und Antwort.

Stadtspiegel: Was ist Ihre schönste Jugenderinnerung in Lendringsen?
Elmar Dederich: Das unbeschwerte „Strolchen“ mit Freunden im Eichenwald unterhalb des Eisborner Weges und an der - damals noch unbegradigten - Bieber.

Wann begann das Sterben des Ortes?
Im Januar 2003 läutete eine Sitzungsvorlage das Ende des Freibades Biebertal ein. In der Sitzungsvorlage wurden Behauptungen über Instabilität aufgestellt, die sich später gutachterlich als haltlos erwiesen.
Das Freibad Biebertal hatte für die Bürger von Lendringsen in den Sommermonaten zentrale Bedeutung. Das zeigte der Jahrhundertsommer 2003.
Die Ratsmitglieder merkten, dass mit den Protesten gegen die Schließung Wahlen verloren gehen könnten. Der Ausbau zum Naturbad war eine teure Kompromissentscheidung, die sich als Fehlentscheidung erwies. Das Naturbad öffnete 2012 nicht mehr und liegt brach.

War es aus heutiger Sicht ein Fehler, durch die Ortsumgehung den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt abzuziehen?
Die Ortsumgehung B 515 n war sicher nötig und ich erlebe Balver und Mendener, die in Lendringsen einkaufen und den Ort über die Abfahrten Fischkuhle und Horlecke Lendringsen problemlos erreichen.

Was bedeutet die Schließung der Bücherei und des Bürgerbüros für die Lendringser?
Die Schließung stellt insbesondere für die älteren Bürger (Bürgerbüro) und für die Kinder (Bücherei) einen großen Verlust an Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit dar. Die Lendringser Bürger merken erst jetzt, was sie verlieren. Als die Schließung 2011 bekannt wurde, regte sich kaum Protest. Eine Verwaltung für Lendringsen war übrigens durch Gebietsänderungsvertrag zwischen Menden und Lendringsen garantiert.

Auf Anregung von Petra Homberg möchte die Werbegemeinschaft die Initiative ergreifen, um den Ort wieder attraktiver zu machen. Was halten Sie davon?
Hierauf werde ich in meinen Vortrag am 21. November eingehen. Lendringsen hat ein intaktes Vereinsleben im kirchlichen, kulturellen und sportlichen Bereich. Aber die Initiatoren werden es schwer haben. Beispielsweise gab es vor dem ersten Lendringser Frühlingsfest 1988 das Bürgeramt als Koordinierungsstelle zwischen Werbegemeinschaft und Rathaus Menden. Man mag es schönreden, wie man will: auch der Verlust der zentralen Volks- und Schützenhalle ist ein Verlust an Infrastruktur.

Welche Schritte sollten Lendringser Ratsmitglieder ergreifen?
Kürzlich nannte eine Zeitung die Ratsmitglieder aus CDU und SPD namentlich, die für die Schließung von Bürgerbüro und Bücherei gestimmt haben. Ihre „Ziehväter“ werden sich im Grab umdrehen.
Was man jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, meiner Meinung noch tun kann, ist, geschlossen für den Erhalt der Sporthallen am Habicht zu kämpfen. Wenn diese beiden Hallen auch noch geopfert werden, weil in einigen Jahren der Realschulbetrieb auszulaufen droht, ist Lendringsen „tot“.

Welche Wege sehen Sie persönlich, weitere Verluste der Infrastruktur zu vermeiden beziehungsweise sie wieder aufzubauen?
Es ist ja kaum noch etwas an Infrastruktur in Lendring-sen. Vielleicht sollte die Lendringser Werbegemeinschaft gemeinsam mit Petra Homberg die Lendringser Vereine aus Kirche, Sport, Musik, Gesang zu einer Bestandsaufnahme an einen Tisch bitten.

Wenn Sie die (noch vorhandenen) positiven Seiten Lendringsens in Stichworten ausdrücken sollten ...
Firmen mit Weltgeltung, fleißige Handwerksbetriebe, rühriger Handel und eine rührige Werbegemeinschaft, eine gute ärztliche Versorgung, umfassende Dienstleistungsbetriebe, ein attraktives Freizeitzentrum, tolle Kunstrasenplätze, hochklassiger Handballsport, reges Vereinsleben im kirchlichen, sportlichen und kulturellen Bereich.

Was wollen Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich gebe eine Bestandsaufnahme: Was wir in Lendringsen hatten und noch haben. 2003 bei der Schließung des Freibades protestierte noch der ganze Ort. Bei der Schließung von Bürgerbüro und Bücherei kaum noch jemand.
Hat Lendringsen schon resigniert?

Autor:

Hans-Jürgen Köhler aus Menden (Sauerland)

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