Eine weihnachtliche Geschichte: Erstes Fest im eignen Nest! (20. Dezember) - Interaktiver Adventskalender für Kamp-Lintfort, Moers, Rheinberg, Neukirchen-Vluyn, Kempen und Rheurdt

Foto: Susanne Schmengler
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Das 20. Adventskalender-Türchen bestückte heute unsere Bürgerreporterin Roswitha Dudek aus Kamp-Lintfort für uns:

Birgit und Klaus waren seit einem halben Jahr glücklich verheiratet. Nun stand Weihnachten vor der Tür, das erste Weihnachten ihrer taufrischen Ehe, und es ergab sich für beide die zwingende Frage: " Was soll ich ihm beziehungsweise ihr am besten schenken?

Als Birgit deshalb einmal schüchtern bei Klaus antippte, erntete sie nur eine resignierende Handbrewegung. "Ach, diese einfallslose Schenkerei! Jedes Jahr das gleiche Lied! Von Tante Lina einen Schlips, von Tante Erna einen Schlips, von Mutter zwei Paar Söckchen und einen Schlafanzug, blau-weiß gestreift oder uni, von Vater ein Buch oder allenfalls eine Platte. Nie ein kleiner Komet, eine wirkliche Überraschung!"

Bestürzt musste Birgit sich eingestehen, wie recht ihr Mann hatte. Sie beschloss, es anders zu machen. Aber wie und was anstellen, um ihn am Weihnachtsabend die Überraschung zu bereiten, das Geschenk mit der unverwechselbaren Note, mit dem persönlichen und vielversprechenden Stempel "Erstes Fest im eigenen Nest "?

Birgit strengte ihren einundzwanzigjährigen Wuschelkopf umsonst an. Es wollte ihr beim besten Willen nichts Passndes einfallen. Schließlich schalt sie sich mitsamt der ganzen Verwandtschaft phantasielos, vertrocknete Spießer und zog sich ihren Mantel an, um einen Bummel durch die festlich beleuchteten Einkaufsstraßen zu machen. Vielleicht offenbarte sich dort irgendwo in einem Schaufensterwinkel das Wunder von Weihnachtsgeschenk für ihren Mann!

Sie wanderte ziellos von Auslage zu Auslage, um schließlich verwundert bei einem Geschäft stehen zu bleiben, vor dem sich eine ganze Anzahl von Männern staute: ältere, jüngere und Buben in allen Altersstufen starrten gebannt ins Schaufenster, und Birgit musste sich zu ihrer höchsten Höhe recken, um auch einmal kurz hinter das Glas schauen zu können.

Dort stand sie! Nein, sie stand nicht, sie schlängelte sich schell oder langsamer durch Gebirge und Täler, technisch vollendet bis ins kleinste Teilchen, reich an kombinierbarem Zusatz und unbegrenzten Ausbaumöglichkeiten, ein Paradepferd ihrer Innung, ein krönendes Zauberwerk der Spielzeugindustrie: die elektrische Eisenbahn.

Birgit sah die vielen Männer, die für kurze Zeit das Tosen und Treiben um sich herum vergessen hatten und nur noch aus Augen bestanden, aus großen leuchtenden Augen. Impulsiv und kurz entschlossen, wie sie zu handeln pflegte, trat sie in das Spielzeugwarengeschäft ein. Der Verkäufer, ein älterer Herr mit angegrauten Schläfen, kam auf sie zu. Birgit schluckte und wurde sich erst jetzt der Kühnheit ihres Entschlusses bewußt. Sie stammelte: "Eine elektrische Eisenbahn soll es sein, aber noch keine komplette. Erst ein Grundstock, wissen sie, wir - er fängt nämlich erst an."
"Ja, wie alt ist denn ihr Sohn?" fragte der Verkäufer.
Birgit wurde rot bis unter die Haarwurzeln, als sie innerlich überlegte: "Fünfundzwanzig Jahre kann ich nicht sagen. Ich nehme einfach die Quersumme." "Sieben Jahre ist er alt", schwindelte sie und vergaß völlig, dass sie nach vielem aussah, nur noch nicht nach einem siebenjährigen Sohn.
Der Verkäufer schüttelte unmerklich sein ergrautes Haupt, führte seiner Kundin fachmännisch mehrere Eisenbahn-Kollektionen vor, und nachdem sich Birgit endlich für eine schnittige D-Zug-Lock mit Raucheinsatz und fünf dazugehörige Wagen, eine Rangier-Diesellock sowie für einen Langholz- und Autotransportwagen entschieden hatte, dachte er im stillen: "Oh, diese Frühehen!"

Wie zu erwarten war, machte am Weihnachtsabend Klaus unter Kerzenschein und Tannenbaum beim Anblick seines Geschenkes riesengroße Kulleraugen und sah für einen Augenblick recht ratlos drein, während in seinem Antlitz erwachsene Würde und kindliches Leuchten verdächtig miteinander zu kämpfen begannen. Schließlich ermannte er sich und sagte so lässig wie möglich: " Hm . . . . Liebling, eigentlich ist das Ganze ja etwas verfrüht, unser Söhnchen ist doch noch nicht einmal unterwegs. Aber - nichtsdestoweniger können wir sie ihm ja ruhig jetzt schon anschaffen.Dann habe ich wenigstens vorher auch noch etwas davon. Weißt du,"fügte er beinah entschuldigend hinzu, während die Würde dem Leuchten ungehindert Platz macht, "meine Eltern mußten immer vielzu sehr sparen, da hat's nie zu einer Eisenbahn für mich gelangt."

Birgit lächelte ihn an und fühlte, wie ihr ein dicker Stein vom Herzen fiel.
Nach einer Weile meinte Klaus: "Du musst aber mitspielen!" Und sie stellten zusammmen Weichen und Signale, beluden die Langholzwagen mit Salzstangen und Nüssen und fuhren bis spät nach Mitternacht in die Schweiz und nach Tirol...

Schließlich sagte Klaus verschmitzt und Birgit musste ihm dabei lachend zustimmen: "Unser Sohn wird sich später bestimmt wundern, wie genau Mama und Papa mit seiner Eisenbahn Bescheid wissen."

Foto: Susanne Schmengler
Diese besinnliche Weihnachtsgeschichte schickte uns Bürgerreporterin Roswitha Dudek aus Kamp-Lintfort. | Foto: Roswitha Dudek
Autor:

Lokalkompass Moers aus Moers

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