Jetzt mal Hochdeutsch 12 c

„Der Tuppes is bekloppt“

Also, der Meister der Rute hatte Steffi seine Erkenntnisse unterbreitet,
und sie hatte – ehrlich – mit EURO bezahlt. Das erfuhren „seine Omma“ und ich auf der Schwelle meines Hauses, wo wir nunmehr zu dritt saßen. „So müde, dass ich mit dem schlafe, kann ich garnicht werden,“ eröffnete sie die Berichterstattung, „Boooah, ähhh, ist der bekloppt!“
Er hatte also grundsätzlich von Kupferarmierung abgeraten, weil dadurch die Strahlen nicht verhindert oder absorbiert werden, sondern nur neu verteilt. Auch Kork, Holz, Kunststofffolien sind nicht oder nur begrenzt hilfreich. Nach neuesten Erkenntnissen sollten Boden und Wände durchgängig mit Spiegeln verkleidet werden, die Schauseite nach unten. Dann erübrigt sich ein Umrücken der Möbel – denn die Quecksilberbeschichtung der Spiegel hält a l l e Magnetfelder und –strahlen ab. Allerdings sind die Räume unter und neben dem Schlafzimmer dann fast unbewohnbar, wg. Herzschrittmacher, Mikrowelle, Festnetz, Hörgerät, Trockenrasierer und Epilator – alles wird durch Magnetfelder zerstört.
Alternativ, wenn nicht gar zusätzlich dazu empfiehlt er eine Sonne aus Edelholz, das Produkt einer Bergbauernfamilie aus dem Mondviertel (wahrscheinlich dem letzten) in Austria. Da die Sonne größenmäßig dem Umfang des Problems angepasst, andererseits aus einem gewachsenen Stück herausgearbeitet wird, braucht der Hersteller vorab genaue Angaben über Maße, Grad der Belastung und Solvenz des Auftraggebers. Geht die Sonne erst einmal auf, bemerkt man ihre Gegenwart kaum, außer an vierstelligen Veränderungen auf dem Girokonto. Obwohl die Sache noch in der Entwicklungsphase ist, gibt es schon Lieferzeiten – und Referenzschreiben im Internet.
Darüber hinaus kennt man einfache Strahlenabsorber und Feldgeneratoren mit erstaunlicher Wirkungsweise und ebensolchen Preisen, schon im unteren vierstelligen Bereich pro Zimmer.
Zuletzt hatte Steffi Steine ins Rollen eee Gespräch gebracht, z.B. ein Produkt aus pulverisiertem Rosenquarz, das ihr aus dem Sauerland empfohlen worden sei, dieses auch zur inneren Anwendung mit unterschiedlichen Geschmacksnoten. Der Tuppes hatte sich vor Lachen am Boden gewälzt – der Blödmann – und von Betrug und esoterischem Kram gelabert.
Fakt ist doch, dass der Rosenquarz, den sie vorgestern in mein Boudoir geschmuggelt hatte, heute deutlich Rostflecken aufweist. „Das kommt ja nicht von nix, oder?“
Steffi seine Omma, die sich mit Hildegard von Bingen auskennt, beendete unser Gespräch mit einer Empfehlung: „Teilt euch die 80 Euro für den Tuppes – und du kaufst der Steffi zum Fuffzigsten noch einen dicken Saphir – zur mehrfachen täglichen Anwendung, innen und außen.“

Autor:

Paul Scharrenbroich aus Monheim am Rhein

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

18 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.