Mit Johannes Rau, den Bläck Fööss und den Höhnern auf der Bühne - und auf einen Kaffee beim lieben Gott

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Er war als Stammtischbruder und als Krankenpfleger unterwegs. Als Metzger, Opernfreund, Billig-Urlauber und Prinz. Nun aber ist Aschermittwoch. Dieter Trappe geht als „Didi, der Jeck vom Rhing“ endgültig von der Bühne.

In über 20 Rollen schlüpfte der Träger des Monheimer Brauchtumspreises in den letzten 50 Jahren. Die Baumberger verliehen ihm ihr Goldenes Lindenblatt, die Akademie der Narretei in Düsseldorf ernannte ihn zu ihrem Ehrensenatoren. Zwölf Jahre lang war er der Literat der großen Monheimer Karnevalsgesellschaft. Das Programm zum 100-jährigen 2002, das erste Mal im Festzelt, war das letzte, was er für die Gromoka zusammenstellte. Seit über einem Jahrzehnt engagiert er sich gemeinsam mit Nicole Dünchheim ehrenamtlich für die „Lebenshilfe“ und schmeißt dort die alljährliche Sitzung. Seit 33 Jahren organisiert er eine Sitzung für Suchtkranke in Düsseldorf. Er schmiss 20 Jahre lang den Harmonieball und führte über zehn Jahre durch den früher traditionellen Karnevalsauftakt mit dem Monheimer Fanfarenkorps, immer eine Woche nach dem 11.11. Und am 28. Januar wird er als Präsident von Kis Monnem wieder die eigene Sitzung in der Festhalle Bormacher leiten.
„Das alles fällt inzwischen doch ein bisschen schwerer“, erklärt Trappe. „Aber vor allem den Stress mit teilweise bis zu drei Auftritten an einem Abend, so wie jetzt am 5. Februar nochmal, wo ich erst in der Langenfelder Hubertushalle, beim Seniorenkarneval bin, dann zur Prunksitzung der Düsseldorfer KG ‚Elf vom Niederrhein‘ und schließlich zum Karneval beim Monheimer Kleingartenverein ‚Auf der Heide‘ eilen werde – das möchte ich mir einfach nicht mehr antun. Das geht einfach nicht mehr.“

Es geht vor allem auch nicht mehr, weil Trappe gerade erst wieder seinen 15. Geburtstag feiern konnte, wie er es selbst beschreibt. Denn dass der eigentlich ja schon 63-Jährige überhaupt erst jetzt seinen Abschied nehmen muss, ist schon ein kleines Wunder – nein eigentlich schon fast ein großes.
Es ist der 14. Januar 1997, der die Lebensuhr des Dieter Trappe praktisch noch einmal auf null dreht. Da ist er als LKW-Fahrer für die Monheimer Hefefabrik mit seinem 40-Tonner auf der A3 in Höhe Siegburg unterwegs, als bei einem Lastzug unmittelbar vor ihm plötzlich der Motor explodiert. Trappe rast nahezu ungebremst in die schwarze Wolke vor ihm und sieht danach das weiße Licht. „Ich hab‘ mit dem lieben Gott schon Kaffee getrunken“, erzählt er mit ungewohnt leiser Stimme. Zwei Jahre brauchen die Ärzte danach, um den Mann, der am Düsseldorfer Turu-Platz aufwuchs und 1975 nach Monheim zog, wieder zusammenzuflicken. Vier Wochen Koma, zweimal holen ihn die Ärzte von der Himmelspforte gerade noch zurück. Quetschungen, Finger abgerissen, offene Trümmerbrüche in beiden Beinen. „Das ich die noch beide habe, ist fast schon ein medizinisches Wunder“, weiß Didi, der Chirurgie-Professor Bertil Bouillon, damals noch Oberarzt in der Klinik von Köln Mehrheim, im Krankenbett sitzend seine neuesten Sketche vorbespielte. Rund 25 Operationen – da hat man Zeit zum Schreiben. Und die Zeit heilte fast alle Wunden.

„Jetzt melden sich aber doch einige Wehwehchen. Ich kann nicht mehr so lange stehen. Der Arm macht Schwierigkeiten“, berichtet das alt gewordenen Monheimer Wunderkind.

Seine Meinung zum heutigen Karneval? Trappe ist vorsichtig, überlegt. „Es ist nicht mehr so schön wie früher“, befindet der Mann, der vor allem die kleinen Bühnen immer so geliebt hat, dann aber doch offen. „Es ist doch alles sehr kommerziell geworden. Früher, da haben wir die Höhner und die Bläck Fööss noch bei uns in der Bormacher-Halle gehabt. Das ist alles vorbei. Völlig unbezahlbar. Da müssten wir ja 100 Euro für die Karten nehmen.“
Auch deshalb hat er sich immer mehr den Künstlern aus der zweiten Reihe und dem Nachwuchs zugewandt. „Die sind oft besser als die Großen“, weiß Trappe aus eigenem Erleben.

Seinen größten Auftritt hatte er dann aber doch an der Seite eines echten Riesen und vor gigantischer Kulisse. Johannes Rau war NRW-Ministerpräsident als Didi Trappe gerade vor fast 3000 Menschen bei der IG-Metall-Sitzung in der alten Düsseldorfer Stadthalle mit der Elf vom Dörp und dem Düsseldorfer Narrencollgium auf der Bühne stand. Da betrat der Landesvater, wohl eher aus Versehen, den Saal und wurde von den Karnevalisten bis auf die Bühne komplimentiert. „Da stand ich dann wie so ein Doof daneben“, erinnert sich Trappe. Und irgendwann wandte sich Johannes Rau zu ihm und sagte: „Na, Jung, jetzt hab ich Dir wohl die Show gestohlen, was?“ – „Dat kannst Du gar nicht“ erwiderte Didi im Outfit des Billig-Urlaubers keck. Und daraus entwickelte sich ein mehrere Minuten dauernder Spontandialog zwischen den beiden Rednern. „Die Leute haben am Boden gelegen“, erinnert sich Trappe in der Wochen-Anzeiger-Redaktion mit Glanz in den Augen an diese Sternstunde zurück. „Der Johannes Rau, das war ja einfach auch ein schlagfertiger Redner. Und am Ende hat er dann in Richtung Saal gesagt: So, und jetzt hört ihr dem Jung wieder zu. Der fliegt jetzt weiter um die Welt.“

Von Koblenz bis Dortmund hat Didi Trappe die karnevalistischen Bühnen abgeflogen. Als 12-jähriger brachte ihn ein Schulsketch als Frau Babbisch und Frau Struwwlisch auf die karnevalistische Umlaufbahn. Dann wurde aus dem anfangs noch von der Monheimer Brauerei gesponserten Didi aus Monheim schließlich Didi, der Jeck vom Rhing. Und der zieht nun im Monnemer Fastelovend seine letzten Schleifen und setzt am 13. Februar in der Altstadt endgültig zur Landung an.

Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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