Hospiz in Mülheim: Haus ohne Kompromisse

Freuen sich über den Baubeginn: (v.l.) Ulrich Schreyer, Geschäftsführer der Hospiz gGmbH, Hospizleiterin Judith Kohlstruck und Nils B. Krog, ebenfalls Geschäftsführer der Hospiz gGmbH. | Foto: Jiri Kollmann
  • Freuen sich über den Baubeginn: (v.l.) Ulrich Schreyer, Geschäftsführer der Hospiz gGmbH, Hospizleiterin Judith Kohlstruck und Nils B. Krog, ebenfalls Geschäftsführer der Hospiz gGmbH.
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Obwohl die Nachfrage in Mülheim groß ist, ist das Angebot klein. Ginge es nach der Stiftung freie Wohlfahrtspflege des Landes NRW, würde sich an diesem Ungleichgewicht auch in Zukunft nichts ändern. Sie hat die finanzielle Unterstützung zur Errichtung eines Hospizes in der alten Villa an der Friedrichstraße 40 versagt. Somit fehlen für Um- und Ausbau rund 500.000 Euro. Kein Grund für die Geschäftsführer der Hospiz gGmbH, das Handtuch zu werfen. Nils B. Krog und Ulrich Schreyer halten an dem Vorhaben fest, am letzten Montag haben die Bauarbeiten an dem gut 100 Jahre alten, gut erhaltenen Objekt begonnen. Geplant ist ein Hospiz mit Demenzausrichtung, ein „Haus ohne Kompromisse“.
Zwischen 2,2 und 2,5 Millionen Euro sollen Kauf, Umbau und Einrichtung insgesamt kosten, die Finanzierung gründet auf dem Startkapital der Gesellschaft und den zahlreichen Privatspenden. Rund 300.000 Euro sind bisher eingegangen; ein stolze Summe, die dennoch nicht ausreichen wird - vor allem jetzt, wo die Geschäftsführer kaum noch auf Hilfe durch die Stiftung hoffen können. Den Kreditrahmen wolle man, so Schreyer, möglichst gering halten. „Die Folgekosten wären sonst einfach zu hoch.“
„Wir haben immer gesagt, dass wir das Hospiz errichten werden - unabhängig von der Entscheidung der Stiftung freie Wohlfahrtspflege des Landes NRW“, begründet Nils B. Krog, Geschäftsführer der Hospiz gGmbH, die Entscheidung für eine solche Einrichtung.
Entgegen der Ergebnisse der Bedarfsanalyse, die die Stiftung hatte durchführen lassen und die ergab, dass ein Hospiz in Mülheim nicht gebraucht, sondern es im Umkreis ausreichend Einrichtungen geben würde, haben die Mülheimer andere Erfahrungen gesammelt. „Zu behaupten, eine Distanz von 37,5 Kilometern bis zum nächsten Hospiz seien in der Praxis machbar, ist falsch“, meint Hospizleiterin Judith Kohlstruck. „Diese Aussage zeugt von einer Lebens- und Praxisferne.“ Solch langen Wege seien einfach schrecklich.
Drei bis vier Jahre lang stand die Villa an der Friedrichstraße 40 leer, davor wurde sie 20 bis 30 Jahre lang als Bürogebäude von der Firma Thyssen genutzt. In den nächsten Wochen sollen zunächst Abbrucharbeiten vorgenommen werden, bis zum Hochsommer soll außerdem der Neubau errichtet werden, der durch einen Lichthof mit dem Altbau verbunden wird. Parallel dazu wird am Dach gearbeitet sowie an den Fenstern und Türen. Auch die Technik wird auf den neuesten Stand gebracht.
Eröffnet wird das Hospiz voraussichtlich Ende März, Anfang April nächsten Jahres - und somit ein Jahr später, als ursprünglich geplant. Der Grund: Die Stiftung hatte die Bauerlaubnis zunächst nicht erteilt. Unter Druck setzen möchte man sich trotz der Verspätung dennoch nicht. „Bevor die ersten Gäste einziehen, soll alles zu 100 Prozent fertig sein“, macht Ulrich Schreyer, Geschäftsführer der Hospiz gGmbH klar.
Ist das Haus erst einmal eröffnet, können bis zu zehn Gäste in den Räumlichkeiten Platz finden, weiterhin stehen zwei Zimmer für die Angehörigen zur Verfügung. Zusätzlich finden auf den knapp 1.700 Quadratmetern Küchen, Wohn- und Esszimmer, Sanitäreinrichtungen und Büroräume Platz. Um das Wohl der Gäste kümmern sich bei Vollbelegung insgesamt 15 Hauptamtliche sowie 30 Ehrenamtliche, die in den nächsten Tagen einen Kurs zur Vorbereitung auf ihre Arbeit besuchen werden. Ebenso soll eine Seelsorge angeboten werden, Details sind aber noch unklar.
Eine Warteliste soll, trotz zahlreicher Anfragen in den letzten Wochen, erst einen Monat vor offizieller Eröffnung ausgelegt werden. Aufgenommen wird im Hospiz nur, wer die strengen Kriterien erfüllt und eine Genehmigung seines Hausarztes nachweisen kann.

Der Tag der offenen Tür im Mülheimer Hospiz, der sonst jeden ersten Freitag im Montag von 17 bis 19 Uhr stattfindet, muss aufgrund der Bauarbeiten bis auf Weiteres entfallen. Ihr Bedauern darüber äußerte Leiterin Judith Kohlstruck: „An diesen Abenden konnte vielen Besuchern die Angst vor einem Hospiz genommen werden. Wir konnten klarmachen: Wenn auch in der letzten Phase, hier wird gelebt!“

Autor:

Lisa Peltzer aus Oberhausen

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