Kämmerer warnt vor Tatenlosigkeit - weitere Sparanstrengungen nötig

Im Rathaus wird wieder heftig gerechnet. | Foto: PR-Fotografie Köhring
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Mülheims Schulden wachsen weiter. Auch für das kommende Jahr müssen mehr Kredite aufgenommen werden als geplant. 77 Millionen Euro fehlen dem Kämmerer in der Haushaltskasse, um alle Ausgaben der Stadt zu decken. 603,7 Millionen Euro nimmt die Stadt ein, 680,3 Millionen Euro werden gebraucht.

Für Kämmerer Uwe Bonan, der gerne die Bildsprache verwendet, bedeutet das: Mülheim ist nicht mehr nur in stürmischen Gewässern wie im Vorjahr, sondern schon teils unter Wasser. Zum einen, so Bonan, müsse die Politik endlich in bestimmten Bereichen wie dem Nahverkehr eine Kurswende einleiten, um die Defizite zu senken; zum anderen mache sich bemerkbar, dass Mülheim beim Stärkungspakt außen vor gelassen wurde.

Mehr Transparenz über Folgekosten nötig

Die Etatberatungen in den Fraktionen sind nun eröffnet, bis Dezember muss sich die Politik einig sein, wo noch weiter gespart werden soll. Und wenn man bei bestimmten Dingen nicht sparen möchte, dann müssten Vorschläge für eine Refinanzierung gemacht werden. „Einfach sagen, wir wollen das so beschließen, Kämmerer, mach mal, das geht nicht mehr“, macht Uwe Bonan deutlich. Mehr Transparenz über die Folgekosten müsse Standard bei jedem Beschluss werden.

Nicht beim Stärkungspakt berücksichtigt

Warum aber geht es Mülheim immer noch so schlecht? Sicher auch, weil es bisher beim Stärkungspakt nicht berücksichtigt worden ist, obwohl die Stadt das sechsthöchste Defizit in NRW hat. Städte im Stärkungspakt erhalten Gelder vom Land, sofern bestimmte Auflagen eingehalten werden. So rutscht Mülheim immer weiter an die Spitze der Kommunen, die pro Einwohner am meisten Geld für Kassenkredite ausgeben (4.457 Euro, insgesamt werden es im nächsten Jahr 914 Millionen Euro sein).

MVG fährt weiter deutliche Defizite ein

Und dann sind da noch die bekannten Posten, die jährlich für kräftige Defizite sorgen. Vorneweg der öffentliche Nahverkehr. Rund 34 Millionen Euro zahlt die Stadt für Bus und Bahn in diesem Jahr drauf, 37 Millionen Euro könnten es ohne Kurswechsel im kommenden Jahr werden. Für den setzt sich der Kämmerer seit längerem ein, vor allem auf den Verzicht auf Straßenbahnen. Dazu zieht er Vergleiche mit Kommunen heran, die ein ähnlich dimensioniertes Verkehrsnetz haben, aber fast vollständig auf Busse setzen. So hat Oberhausen „nur“ ein Defizit von 21,1 Millionen Euro, Hagen 13,7 Millionen Euro oder Herne gar nur 9,1 Millionen Euro.

OGS kostet 5 Millionen Euro

Auch der - gewollt - hohe Standard bei der Ganztagsbetreuung schlägt zu Buche. Während Mülheim 2.352 Euro für jeden betreuten Schüler ausgibt - im Jahr sind das 5 Millionen Euro-, sind es in Essen nur 520 , in Duisburg gar 0. Wollte man diese Ausgabe decken, müssten entweder 80 Stellen gestrichen werden oder die Grundsteuer um 60 Punkte erhöht werden.
Der größte Ausgabenposten sind die Sozialleistungen, die stetig steigen, weil Bund und Länder Gesetze erlassen, deren Finanzierung aber zum großen Teil den Kommunen übertragen. Auch die rasant steigenden Flüchtlingsströme erhöhen die Ausgabe deutlich.

Sparanstrengungen weiter verschärfen

Die Einsparungen, die der Rat bereits 2011 mit dem Haushaltssicherungskonzept beschlossen hat, greifen langsam. Bis 2013 konnten insgesamt bereits 38,8 Millionen Euro eingespart werden, 44,6 Millionen Euro sollen Ende des Jahres erreicht werden. Um bis 2021 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, müssen die Sparanstrengungen aber weiter verschärft werden. Noch bis ins nächste Jahr hinkt man den angepeilten Zielen hinterher und gibt 4,86 Millionen Euro mehr aus als geplant.

Vorschlag: Grundsteuer B weiter anheben

Deshalb schlägt der Kämmerer vor, die Grundsteuer B, die ab nächstes Jahr bereits von 560 auf 590 Punkte steigt, weiter anzuheben um insgesamt 80 Punkte auf 640 Punkte. „Die Grundsteuer B ist sozial ausgewogen, da sie sowohl Mieter als auch Eigentümer trifft.“ Für eine Eigentumswohnung wären dann monatlich 4,31 Euro mehr fällig als heute. Eine andere Alternative wäre die Schließung einer Einrichtung wie das Theater an der Ruhr oder das Naturbad.

Weitere Einsparvorschläge der Verwaltung sind eine Reduzierung des Defizites der Tiefgaragen durch Taktänderung, Pachtwechsel oder Verkauf; eine Revitalisierung des Hafens und damit erhöhte Einnahmen; eine Gebühr für Straßenaufbrüche zum Beispiel durch Versorgungsunternehmen sowie eine Wettbürosteuer.

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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