Mülheimer Haushalt scheitert erwartungsgemäß

Sieben Stunden harrten die Lokalpolitiker im Ratssaal aus. Einen neuen Haushalt verabschiedeten sie nicht. | Foto: RuhrText
  • Sieben Stunden harrten die Lokalpolitiker im Ratssaal aus. Einen neuen Haushalt verabschiedeten sie nicht.
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Man musste kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass der Rat der Stadt Mülheim am gestrigen Donnerstag keinen Haushalt für das Jahr 2018 verabschieden würde. Nach siebenstündiger Sitzung stimmten sogar die vorherigen Befürworter gegen den Etat. Zudem fehlt auch weiterhin Geld für das laufende Jahr.

Spätestens seit der geplatzten Verhandlung über die Kita-Beiträge am Mittwoch waren die Fronten verhärtet, die Hoffnung auf eine Einigung in Sachen Etat aussichtslos. Also ging am Donnerstag, als die tags zuvor um 21 Uhr beendete Sitzung fortgesetzt wurde, das Schwarze-Peter-Spiel los. „Dieses Spiel akzeptiere ich nicht, das ist Herausstehlen aus der Verantwortung“, meinte SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff. Sein CDU-Amtskollege Wolfgang Michels konterte: „Wir stehen vor den Trümmern, die Rot-Grün vor einem Jahr hinterlassen hat.“ Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert schlug sich auf Spliethoffs Seite. Er sagte: „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn einige in diesem Hause bewusst nach dem Sparkommissar rufen.“ So ging es während der Debatte hin und her.

Denn ohne einen genehmigten Haushalt droht der Rat seine Entscheidungshoheit zu verlieren. Auch hierzu gab es freilich unterschiedlichste Auffassungen. „Wir haben vier Wochen Zeit Luft zu holen“, meinte CDU-Mann Markus Püll. „Und in der Zeit gibt es sicher auch Beratungen mit dem Sparkommissar. Andere Städte wie Hagen sind damit gut gefahren.“ Ob vor allem Ersteres stimmt, konnte Stadt-Kämmerer Frank Mendack nicht beantworten. „Er ersetzt Beschlüsse des Rates, um den Stärkungspakt durchzusetzen“, so Mendack. Ob der Beamte der Bezirksregierung sich an vorherigen Abstimmungen orientiere, sich die Meinung Mendacks einhole oder sich mit den Politikern auseinandersetze, sei unklar.

Fakt ist, am Ende stimmten lediglich die Grünen dem Etat-Vorschlag zu. Selbst die SPD-Fraktion und Ratsherr Hasan Tuncer (Bündnis für Bildung) lehnten den eingebrachten Haushalt ab. Um 23.15 Uhr beendete Oberbürgermeister Ulrich Scholten den öffentlichen Teil einer Mammutsitzung.

Am Nachmittag (Sitzungsbeginn war 16 Uhr) hatten die Ratsmitglieder alleine zwei Stunden benötigt, um die restlichen Vorschläge der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) abzuarbeiten. Der überwiegende Teil davon wurde abgelehnt. „Es ist ein Musterbeispiel dafür, wenn statt der Politik stadtferne Bürokraten und Buchhalter zu entscheiden haben“, meinte Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert. Für FDP-Chef Peter Beitz war diese Situation aber hausgemacht. Das Vorgehen im vergangenen Jahr habe dazu geführt, „dass die Diskussion über die GPA-Liste jegliche Zeit nahm, an wichtigere, strategische Maßnahmen zu denken.“

BAMH-Fraktion verlässt vorübergehend den Saal

Schon während dieser Debatte kam es zu hitzigen Auseinandersetzungen. Zunächst wurde der Gestaltungsbeirat nur durch einen Stimmen-Gleichstand beibehalten. Dieser Patt kam nur zustande, weil Georg Hötger aus der BAMH-Fraktion zu diesem Zeitpunkt den Raum verlassen hatte, was der Verwaltung zunächst nicht aufgefallen war. Sie korrigierte das Ergebnis schließlich von 27:26 auf 26:26 Stimmen.

Weniger glimpflich endete ein weiterer Fehler der Zählkommission, die aufgrund nicht eindeutiger Handzeichen beim Verzicht auf den Zuschuss für die Klimainitiative ein falsches Ergebnis ausgegeben hatte. Da es auch bei der vorherigen Situation keine neue Abstimmung gegeben hatte, drohte der BAMH, bei einem erneuten Votum den Saal zu verlassen und zog dieses Vorhaben schließlich auch durch. Auch die CDU nahm an der Abstimmung nicht teil, die so mit einer klaren Ablehnung durch Grüne, SPD, Linke und die beiden Ratsherren Tuncer und Bicici zu Ende ging.

Theater-Diskussion belegt festgefahrene Situation

Wie festgefahren die Positionen der Mülheimer Ratsparteien aktuell sind, zeigte sich vor allem bei der Debatte um das Theater an der Ruhe. Zwei von drei Millionen Euro möchte der BAMH an Zuschüssen streichen. „Der Kulturbereich darf keine heilige Kuh sein, wir erwarten uns einen echten Beitrag zu Haushaltskonsolidierung“, so Georg Hötger. Am Ende einer emotionalen und bisweilen unsachlichen Diskussion schlug die CDU eine Verlegung in den Fachausschuss und eine Beratung mit den Theater-Verantwortlichen vor. Die SPD hingegen bestand auf sofortige Abstimmung, woraufhin die BAMH-Fraktion trotzig eine geheime Abstimmung forderte. Dieses Vorhaben scheiterte allerdings und auch der Antrag fand mit Ausnahme des Bürgerlichen Aufbruchs nur eine Enthaltung und keine weitere Zustimmung.

Eines ist sicher: Langweilig wird es in der Mülheimer Lokalpolitik aktuell nicht.

Autor:

Marcel Dronia aus Mülheim an der Ruhr

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