OB nimmt Montag seinen Dienst auf - Dezernent verteidigt das Vorgehen des Kämmerers

Dezernent Ulrich Ernst. | Foto: Schernstein
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Von Regina Tempel und Daniel Henschke

Im Gerangel um vermeintlich unrechtmäßige Spesenabrechnungen bei Oberbürgermeister Ulrich Scholten kommt es zu einer Atempause. Die Mülheimer SPD hat - zumindest vorläufig- ihre Reihen geschlossen und sich auf einen Waffenstillstand geeinigt.

Am Dienstagabend konnte Oberbürgermeister Ulrich Scholten dem Unterbezirksvorstand seine Sicht der Dinge referieren. Scholten ist in Mülheim Parteivorsitzender. Er stellte sich danach auch den Ortsvereinen, die jeweils einen Vertreter entsandten. Anwesend als beratende Mitglieder waren zum Beispiel auch die Fraktionsspitze mit Dieter Spliethoff und Claus Schindler oder die Landtagsabgeordnete Hannelore Kraft.

"Es war mein Wunsch, der Partei meine Position und Sicht der Dinge darzulegen", erklärte Oberbürgermeister Ulrich Scholten. Zunächst dem Unterbezirksvorstand, anschließend auch den dazu kommenden Ortsvereinsvorsitzenden. Dieser Teil der Sitzung wurde von den Stellvertretern Cem Aydemir und Silvia Richter moderiert. Intensiv wurde mehrere Stunden diskutiert, bevor man sich auf eine gemeinsame Erklärung einigte.
Intensiv wurde am Dienstagabend auf der Sitzung der SPD-Spitze mit den Ortsvereinsvorsitzenden diskutiert. Ergebnis war eine Erklärung, die der stellvertretende Parteivorsitzende Cem Aydemir verlas.

„In der heutigen Sitzung des Vorstandes mit den Beraterinnen und Beratern sowie den Ortsvereinsvorsitzenden der SPD Mülheim an der Ruhr gab es keine gegenseitigen Schuldzuweisungen. Nach Anschauung aller Positionen unterstellt niemand jemand anderem unlautere Beweggründe oder intrigantes Verhalten. Es gilt jetzt: Fakten zu prüfen und zu bewerten, sowie Gerüchte, Beschuldigungen und Emotionen außen vor zu lassen. Die Klärung der in Rede stehenden Veruntreuungsvorwürfe werden wir abwarten. Deshalb gilt auch für Ulrich Scholten, wie für jeden Beschuldigten in unserem Rechtssystem, die Unschuldsvermutung. Insoweit gilt ihm hier die Solidarität unserer Partei.“ Seitdem herrscht bei den Sozialdemokraten ein Kommunikationsstopp.

Die Causa Scholten soll also von der persönlichen und emotionalen Ebene gelöst werden. Dies ist auch das Anliegen von Ulrich Ernst. Der Dezernent verteidigt das Vorgehen seines Amtskollegen Frank Mendack. Der Kämmerer hatte die externen Wirtschaftsprüfer der Märkischen Revision damit beauftragt, die in Frage stehenden Abrechnungsbelege zu sichten, damit sie auf ihre Rechtmäßigkeit hin bewertet werden können.

Ein normaler Vorgang, findet Dezernent Ulrich Ernst: „Herr Mendack musste so handeln. Andernfalls wäre ihm später noch Vertuschung oder gar Beihilfe unterstellt worden.“ Es gehe um Tatsachen, sonst um nichts: „Der Sachverhalt ist bereits erschöpfend dargestellt worden. Wir haben prüffähige Unterlagen an die Märkische Revision überstellt. Nun warten wir eben diese Prüfung ab.“ Frank Mendack kann sich nicht äußern, er weilt in Urlaub.

Noch keine Unterlagen erhalten

Oberbürgermeister Ulrich Scholten hatte bereits in seiner persönlichen Stellungnahme moniert, dass ihm zu dem Vorgang noch keine prüffähigen Unterlagen seitens der Stadt zur Verfügung gestellt wurden. Auch am Donnerstag bekräftigt er: "Ich habe noch nichts erhalten. Das verwundert uns sehr. Mein Anwalt hat inzwischen die Stadt angeschrieben. Auch die Staatsanwaltschaft Duisburg hat offenbar noch keine prüffähigen Unterlagen erhalten." Bis Donnerstag hätten weder Märkische Revision noch die Staatsanwaltschaft mit ihm Kontakt aufgenommen.

Dazu stellt Dezernent Ernst klar: „Dass die Unterlagen noch nicht dem Oberbürgermeister beziehungsweise seinem Rechtsvertreter vorgelegt wurden, beruht auf einem Missverständnis. Herr Mendack war davon ausgegangen, dass dem OB die Daten in seinem Hause in Kopie vorliegen. Nun wurden sie schriftlich angefordert und die Kanzlei wird jetzt die gleichen Unterlagen bekommen, die auch die Märkische Revision erhalten hat.“

Die Duisburger Staatsanwaltschaft will prüfen, ob es über einen Anfangsverdacht hinaus Beweise für ein strafbares Verhalten gibt. Bei einer ersten telefonischen Anfrage habe Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort um eine schriftliche Eingabe gebeten, so Ernst: „Sobald die schriftliche Anforderung eingetroffen ist, bekommt die Staatsanwaltschaft den identischen Datenpool wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Oberbürgermeister über seinen Rechtsanwalt. Dann liegen allen die gleichen Unterlagen vor.“ Auch die Bezirksregierung Düsseldorf beobachtet die Entwicklung ganz genau. Als Kommunalaufsicht wäre sie im Falle eines Disziplinarverfahrens zuständig.

"Amt immer als Pflicht verstanden"

Dezernent Ulrich Ernst verteidigt sein Vorgehen. Auch wenn es schwerfalle, nicht emotional zu werden, wolle er doch sachlich bleiben. So habe er es sein ganzes Arbeitsleben lang gehalten und immer sehr ernst genommen: „Ich habe seit inzwischen mehr als 30 Jahren mit großem Einsatz für die Stadt gearbeitet. Ich habe gerade mein jetziges Amt immer als Pflicht, Verpflichtung und als Anspruch an mich verstanden, mich korrekt, anständig und dem Amt angemessen zu verhalten.“

Bevor die Prüfungsergebnisse vorliegen, müssen alle Beteiligten weiterhin eng zusammenarbeiten. Oberbürgermeister Ulrich Scholten war bis zum Ende dieser Woche immer noch dienstunfähig geschrieben, zeigte aber diese Tage immer wieder Präsenz, um offensiv gegen die Anschuldigungen vorgehen zu können. Ab Montag wird er seine Arbeit wieder aufnehmen, allerdings angesichts seiner persönlichen Situation noch nicht sofort mit Vollgas - denn noch immer ist er gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe.

Wie die Stimmung in der Verwaltung, unter seinen Mitarbeitern ist, das weiß er noch nicht. "Ich werde am Montag erst einmal mit allen Referatsleitern sprechen", erklärte er am Donnerstag. Welche Konsequenzen der Umgang mit dem OB, neben den fachlichen Vorwürfen, haben könnte, dazu wollte Scholten nichts sagen. "Die vermeintlichen Vorwürfe müssen erst aufgeklärt werden. Was es dann zu diskutieren gibt, dem will ich nicht vorgreifen." Dass es in der SPD gärt, das kann auch die Stillschweige-Vereinbarung nicht übertünchen. Nicht nur die Jusos forderten auf der Sitzung Konsequenzen für Mendack, Ernst, Spliethoff und Schindler. Dezernent Ulrich Ernst verteidigte das Vorgehen des Kämmerers. 

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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