Skeptiker eines Besseren belehrt: Sanierung in Alter Dreherei schreitet voran

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Mitten in der großen Halle steht eine alte Schultafel. Darauf ist fein säuberlich aufgelistet, was in den kommenden Tagen und Wochen noch zu tun ist: Hochregale müssen aufgebaut, Büro- und Lagerräume ausgebaut und Sanitäranlagen installiert werden. Eine Menge Arbeit! Dennoch: Die Mitglieder des Trägervereins Haus der Vereine in der Alten Dreherei können schon jetzt mehr als stolz auf sich sein, wenn sie auf die Arbeit zurückblicken, die in den vergangenen sieben Jahren erledigt wurde. Davon überzeugten sich auch Vertreter der SPD-Fraktion auf ihrem Rundgang durch das denkmalgeschützte Gebäude.

Wer das Gelände der Alten Dreherei zum ersten Mal betritt, kann sich kaum vorstellen, wie das im Jahr 1874 gebaute Eisenbahnausbesserungswerk Mülheim-Speldorf einmal ausgesehen hat - und wie es über die Jahrzehnte immer mehr verkam. Nachdem die Deutsche Bundesbahn an der Duisburger Straße zunächst eine Wartungswerkstatt beheimatete, wurde die Alte Dreherei nur sechs Jahre nach Bau zur Hauptwerkstatt ernannt. Im Jahr 1884 kamen eine Kesselschmiede und eine Schreinerei dazu. Gut 66 Jahre später maß die Gesamtfläche des Geländes 128.000 Quadratmeter. Danach allerdings ging es steil bergab: Zwar wurde das heutige Industriedenkmal in den 1980er-Jahren noch als Getreidelager genutzt, ein sinnvoller Nutzen fehlte jedoch. Im Jahr 2003 wurde gar ein Großteil abgerissen, einzig die dreischiffige Halle blieb erhalten.
Und während die damalige Eigentümerin, die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG), nicht zuletzt wegen der hohen Kosten noch überlegte, was sie mit dem denkmalgeschützen Ausbesserungswerk anfangen sollte, keimte in einer kleinen Gruppe - allen voran in Martin Menke - eine Idee auf: Warum nicht dieses überregional bedeutende Dokument deutscher Industriekultur erhalten, sanieren und hiesigen Vereinen zur Verfügung stellen? Gesagt, getan: Am 5. Dezember 2007 wurde der Trägerverein im Haus der Alten Dreherei gegründet, ein Jahr später schloss der Vorstand einen Erbbaurechtsvertrag über 90 Jahre mit der MVG ab.
Ärmel wurden hochgekrempelt und es wurde angepackt: Das Efeu wurde entfernt, kaputte Fensterscheiben wurden ausgetauscht, das Dach wurde dicht gemacht. „Der Grün- und Baumschnitt haben uns ein Jahr gekostet“, erinnert sich Vorstandsmitglied Kurt Leyk. „Man konnte das Gebäude fast gar nicht mehr sehen. In einer Dachrinne wuchs sogar eine Birke.“

„Schön, dass sie anpacken. Aber die Stadt darf das nichts kosten.“
zitiert Prof. Hans Ahlbrecht Dezernent Peter Vermeulen. Nachdem sowohl Politiker als auch Bürger anfangs skeptisch ob der Pläne des Trägervereins waren, sind Sympathie für das Vorhaben und Unterstützung immer weiter gewachsen. „Damit, dass wir wir es vielleicht nie schaffen, haben die Skeptiker gar nicht so unrecht. Aber: Wir haben schon Tolles erreicht“, sagt Ahlbrecht stolz.

Besonderes Augenmerk legen die fleißigen Helfer auf die einzigartige Holzträgerkonstruktion in der großen Halle und die roten Ziegelsteine, die eingesetzt oder ausgetauscht werden müssen. „Das Trägerholz war kurz vor dem Verfall, wir konnten es gerade noch retten“, erklärt Prof. Hans Ahlbrecht, ebenfalls Mitglied im Vorstand.
Seitdem der Trägerverein die Alte Dreherei übernommen hat, hat sich viel getan. Insgesamt 7.000 Stunden Arbeit haben die Freiwilligen in die Sanierung gesteckt. Bei einem Stundenlohn von rund 10 Euro macht das 68.750 Euro in Geldwerten. Tatsächlich investiert wurden bisher knapp 985.000 Euro, allein im vergangenen Jahr wurden 166.000 Euro für Bauleistungen ausgegeben. Auf Fördermittel von NRW-Stiftung und Denkmalschutzprogramm sowie Gelder vom Deutschen Denkmalschutz muss der Verein künftig allerdings verzichten. Einzig auf private Mittel und Unterstützung durch Firmen können die zurzeit 165 Mitglieder weiterhin hoffen. Denn: Auch die Fixkosten von zirka 8.000 Euro wollen gestemmt werden.

Alte Dreherei:
- Im vorderen Teil der Alten Dreherei (ca. 20 Meter lang und 27 Meter breit) findet sich eine Mehrzweckhalle mit Teeküche/Caféteria und Sanitäranlagen.
- Im hinteren Teil, in der großen Halle (ca. 70 Meter lang und 27 Meter breit), sollen künftig Dauerausstellungen, Trödelmärkte, Messen, Tagungen, Shootings, Hochzeiten und andere Veranstaltungen stattfinden. Bisher dürfen sich nur 200 Personen gleichzeitig in der Alten Dreherei aufhalten.
- Im oberen Teil, der durch das Einziehen eines Zwischenbodens entstanden ist, sollen die Büros des Trägervereins sowie die Modeleisenbahner untergebracht werden. Zudem soll dort eine Lehrwerkstatt eingerichtet werden. Noch ist der Bereich für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, soll aber über Treppe und Aufzug barrierefrei angebunden werden.

Autor:

Lisa Peltzer aus Oberhausen

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