Bloemersheim: Ein Schloss so wie im Märchen

Tochter Henriette und Mutter Jeannette von der Leyen.
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„Ich bau Dir ein Schloss, so wie im Märchen“, heißt es in einem alten Schlager. In Neukirchen-Vluyn gibt es tatsächlich ein solch märchenhaftes Schloss: das Wasserschloss Bloemersheim. Für das Wochen-Magazin öffnete die Herrin des Hauses, Jeannette Freifrau von der Leyen, ein klein wenig die Schlosstüren.

Traumhafter Kinderspielplatz

Eintritt ins Schloss Bloemersheim: Als erstes sieht der Besucher einen langen, langen Flur – und davon gibt es viele auf Bloemersheim, wie Henriette von der Leyen, die älteste Tochter des Hauses, erzählt: „Für uns war das früher ein traumhafter Kinderspielplatz“, lächelt sie und meint damit das gesamte Anwesen, zu dem noch der Obstbau- und Forstbetrieb gehören. Das Schloss – Stammsitz der Familie Freiherren von der Leyen seit 1802 – gehört zu den ältesten historischen Gebäuden im Stadtgebiet: 1406 wurde Bloemersheim erstmals erwähnt. Geschichte atmet dieses Haus in jedem Blickwinkel. Die Räume, in die uns die Baronin ein Auge werfen lässt, erinnern an „Sissi“-Filme, rauschende Ballnächte, Königinnen und Könige. Hohe Decken, wertvolle Gemälde, meterhohe Bibliothekswände und ein flackernder Kamin: Alle Zutaten für eine romantische Kulisse sind gegeben. Da ist man bei von der Leyens allerdings an der falschen Stelle. „Ich bin keine Baronin mit lackierten Fingernägeln“, stellt Jeannette von der Leyen fest und streckt die Arme aus: „Diese Hände arbeiten. Fensterputzen ist hier ein Staatsakt.“ Damit die Heizkosten für die etwa 20 Räume nicht ins Astronomische wachsen, gibt es für das Schloss eine vollautomatisierte „Hackschnitzel-Heizung“, die mit gehacktem Holz befeuert wird. Die Flure bleiben ungeheizt. Übermäßigen Luxus sucht man hier also vergebens. Darum möchte die Hausherrin auch keine Vorurteile bestätigen; „Von-und-zu-Geschichten“, wie sie sagt, sind ihr ein Gräuel: „Obwohl es da genug Anfragen gegeben hat.“ Und Bälle haben hier sowieso nie stattgefunden, denn dazu fehlt ein entsprechend großer Raum: „Bloemersheim ist ja im Ursprung kein Schloss, sondern eine Wasserburg.“ Wert legt die Freifrau auch darauf, dass ihre vier Töchter ohne Allüren aufgewachsen sind: „Unsere Kinder sind sehr normal.“ Henriette beispielsweise wurde nicht etwa vom Chauffeur in die Schule gebracht, sondern musste selbst mit dem Fahrrad fahren: „Und eine Entschuldigung fürs Zuspätkommen gab‘s nur einmal im Halbjahr“, sagt die Mutter streng.

Bald 80-jähriges Obstjubiläum

Der Großteil der Gebäude steht unter Denkmalschutz, Zeugen der historischen Entwicklung des Rheinlandes. Die Familie von der Leyen gründete im 18. Jahrhundert ihre erste Nähseidenfabrik und Seidenfärberei in Krefeld, wo sie auch zunächst lebte. Als erstes erwarb sie das Haus Kiekhorst, heute bekannt als Schloss Leyenburg. Auch nach dem Kauf von Schloss Bloemersheim blieben die von der Leyens zunächst in Krefeld wohnen. Erst die Gattin des letzten Seidenproduzenten der Familie, Mathilde, wollte gern auf dem Land wohnen und baute gegen Ende des 19. Jahrhunderts Bloemersheim kräftig aus. „Mein Mann war der erste, der den Hof selbst bewirtschaftet hat. Aber auch er war eigentlich Jurist und Polizeipräsident und verpachtete das Ganze lieber“, erzählt Jeannette von der Leyen. Den Obstanbau als „Betätigungsfeld“ entdeckte erst ein Mitarbeiter des Hauses, der zunächst begann, mit den Produkten des Obstguts auf Wochenmärkte zu fahren. „Und nun feiern wir schon fast 80-jähriges Obstjubiläum“, ist die Freifrau zu Recht stolz. Noch mehr freut sie aber, dass Tochter Henriette in die familiären Fußstapfen tritt. Denn die junge Frau mit dem gewinnenden Lachen hat Ende 2011 erfolgreich Ausbildung und Studium abgeschlossen, wirkt seit 2012 auf dem väterlichen Betrieb mit, den sie später übernehmen wird.

In Generationen denken

„In solchen Familien muss man in Generationen denken“, sagt Jeanette von der Leyen, und da ist sie dann doch ganz Baronin. „Mein Mann ist in diesem Jahr 70 geworden. Für die Eltern ist es ein großes Glück, wenn man sagen kann: Ich traue es meiner Tochter zu.“ Die 31-jährige Henriette setzte sich allerdings nicht ins gemachte Nest, sondern musste - und wollte - ganz traditionell die Landwirtschaft studieren. Auch wohnt sie nicht im Schloss, sondern bewohnt lieber eine kleine Betriebswohnung nebenan. Ihren Beruf liebt sie mit Leib und Seele: Wenn sie über Erdbeeren und Äpfel spricht, leuchten ihre Augen. „Kommen Sie mit in unsere Äpfelsortieranlage“, sagt sie. Kurz darauf stehen wir in der großen Halle, in der uns Mitarbeiterin Ingrid Wenz alles über die richtige Farbe und Größe eines Apfels erzählt: „Jeder Apfel, der hier rausgeht, geht durch unsere Hände.“ Absoluter Verkaufsschlager zurzeit ist die „Rubinette“. Fast noch beliebter sind die Weihnachtsbäume, die ab 5. Dezemberim Forst selbst geschlagen werden können. „Ein Event für die ganze Familie“, weiß Forstwirt Simon Jakobs. Insgesamt acht bis zehn Jahre hegen und pflegen er und seine Kollegen die beliebten Nordmanntannen, damit sie rechtzeitig zu Weihnachten bei allen Niederrheinern im Wohnzimmer stehen können.

alle Fotos: Heike Cervellera

Autor:

Susanne Schmengler aus Duisburg

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