Wallfahrt nach Thüringen 1928 des Moerser Männer-Gesangvereins 1851

Ein strammes 5-Tage-Programm absolvierten die 18 Männer schon mit der Abfahrt der Straßenbahn um 6.05 Uhr von Moers nach Krefeld und der Weiterfahrt mit dem Zug um 7.27 Uhr nach Eisenach. Dort um 15.15 Uhr angekommen wurden zunächst im Gasthaus "Zur Sonne" die Lebensgeister aufgefrischt und danach eine Stadtbesichtigung unternommen. Um 20 Uhr Abendessen im "sonnigen" Massenquartier mit gemütlichem Beisammensein und stillem Gedenken der Daheimgebliebenen (einschl. Ehefrauen) mit kräftigem Trauerschluck. - (Ach Mammi !). Um 24 Uhr Zapfenstreich und Massenbettruhe.
Sonntag, 5. August um 7.15 Uhr Großes Wecken mit anschließendem Katerfrühstück und Zwangloseer Verdauungsbewegung unter Einnahme von Natron.
9 Uhr Aufstieg zur Wartburg, Weitermarsch mit entblößtem Hals durchs Annatal nach Ruhla und unterwegs Andacht am Heiligenhäuschen unter Auferlegung größter Enthaltsamkeit. 20.15 Uhr Gesangsabend in Ruhla mit selbstbestimmendem Zapfenstreich.
Montag, 6. August um 7.15 Uhr Großes Wecken, Frühstück, danach Kirchgang ins Grüne und Weitermarsch in ungebrochener Kraft nach Friedrichsroda unter strengster Alkoholabstinenz, lediglich das Einnehmen von Bier als Stärkungsmittel ist gestattet. Nach Ankunft in Friedrichsroda Quartiermachen, Reinigung und Futtern, kurze Ruhe nach getaner Arbeit, anschließend Festzug durch die schön geschmückten Straßen zum Rathaus. Hier Überbringung der Heimatgrüße und Lied: " Ein Glück, daß wir nicht laufen!" Nach Begehung diverser Schandtaten, unbestimmtes Einrücken in die Quartiere.
Dienstag, 7. August um 7 Uhr Großes Wecken, Frühstück, Gymnastische Übungen und gegen 8 Uhr Einsammeln der Wallfahrer, nötigenfalls auch aus Polizeigewahrsam und mit Autos dann über Oberhof nach Schmalkalden. Dort Kranzniederlegung am Grab des Gründers und Förderers des M.G.V. Moers Karl Wilhelm. Weiterfahrt zu einem Nachbardorf und dann über Gotha nach Mühlhausen. Um 20 Uhr große Musikalische Darbietungen, die auch der Westdeutsche Rundfunk überträgt. Nach dem letzten genossenen Glase Bier wird der offizielle und nichtoffizielle Teil der Veranstaltung geschlossen und Quartier bezogen.
Mittwoch, den 8. August zu unbestimmter Zeit - Wecken - Frühstück, Putz- und Flickstunde, manche inhalieren mit Salzsäure oder gurgeln mit fein zerstoßenem Koks. Danach Frühschoppen, kurzes Beinevertreten und um 13 Uhr Mittagessen.
Um 14 Uhr Besichtigung von Mühlhausen und um 19 Uhr Abendessen mit anschließendem zwanglosen Zusammensein, wobei jeder sein Letztes aus sich heraus gibt. Erst wenn die Sonne ins Bierglas lacht, wird noch kurz an Schlaf gedacht.
Donnerstag, den 9. August um 7 Uhr kleines Wecken, saures Frühstück, improvisierter Frühschoppen bei Sinalco und Gerolsteiner, indem Mühlhausen zu unserer Abreise Halbmast beflaggt. Die Stimmung wird ruhig, ernst und gemessen, Abschied von allen uns liebgewordenen Thüringern. Danach Rückfahrt mit der Eisenbahn nach Krefeld und weiter mit der Straßenbahn nach Moers, wo uns in unserem Vereinslokal von den daheimgebliebenen Sangesbrüdern und Ehefrauen ein gebührender Willkommenstrunk gereicht wird.

Autor:

Fritz van Rechtern aus Neukirchen-Vluyn

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