Gegen Partei- oder Politikverdrossenheit

Erschütterungen im Ruhrgebiet. Ehemaliges langjähriges Essener SPD-Mitglied tritt für die AfD gegen den jetzigen Landesjustizminister im Wahlkampf an. „Uns hört, um uns kümmert sich keiner“. Programme, laute Worte reichen nicht. Parteimitglieder von CDU/SPD wandern zur AfD ab. Sind Parteien zukunftsfähig, können sie das notwendige Vertrauen zurückgewinnen.

Parteien sind politische Vereine, im Grundgesetz zur Wahrnehmung der politischen Willensbildung benannt, mit einem Programm. Dieses Programm formuliert die Ziele, oft nicht den Weg zum Ziel. Hauptziel ist es, durch eine breite Zustimmung für vier oder fünf Jahre eine Freikarte zum politischen Handeln im Auftrag in den Vertretungsgremien zu erhalten. Programme zeigen nicht auf wie und ob eine Rechenschaft gegeben oder eingefordert werden kann. Bei Unzufriedenheit bleibt nur eine Umorientierung bei der nächsten Wahl. Die Stimmen liegen vier oder fünf Jahre begraben in der Urne. Die möglichen Kandidaten im Wahlkreis (Direktkandidaten) werden durch die Parteien parteiintern nominiert und vorgestellt. Gewählt ist der Kandidat mit den meisten Stimmen. Die Partei des Direktkandidaten wird mit den Kandidaten der Parteiliste prozentual bedacht, darin zeigt sich das Parteienprivileg. Ob und wie das Wahlprogramm dann umgesetzt wird, kann vom Wähler nicht mehr direkt beeinflusst werden. Volksinitiativen gegen einzelne Gesetzesvorhaben sind mit Hürden gespickt.

Wer kennt den/seinen Abgeordneten oder Gremienvertreter. Wer kennt die laufenden Initiativen, Diskussionen oder gar das Abstimmungsverhalten. Wie werden die Interessen aus dem Wahlkreis aufgenommen und eingebracht. Nach Artikel 28 des Grundgesetzes geht der Wille vom Volke aus. Die Parteien allein nehmen den Auftrag wahr. Können die Parteien mit ihren Strukturen den Willen wahrnehmen. Parteien werden durch die ausgewählten Parteimitglieder und ausgewählten Personen auf allen Ebenen vertreten. Wenige Meinungsführer bestimmen und sind die wirklich handelnden Personen. Die Mehrheit der Gewählten nimmt die Aufgaben selten eigenverantwortlich im Sinne der Bürger wahr, handelt überwiegend im vermeintlichen und vorgegebenen Parteiinteresse. Erkennbar an den Äußerungen, ich werde der Partei durch mein Handeln nicht schaden, ich handele in Absprache (Vorgabe) der Fraktion. Man lebt sein politisches Leben wie ein Heldenepos, weil das Heldentum die unpersönlichste Form des Handelns ist. Dieses Handeln zeigt sich auch Parteiintern in Gremien. Gremienvoten werden dem vermeintlichen Fraktionswohl untergeordnet. Die Meinung der Parteimitglieder wird dem Machterhalt weniger geopfert. Es findet weder eine Rückkoppelung nach einer Entscheidung noch eine vorherige Mitwirkung, geschweige eine Kontrolle statt.

Die AG60plus der SPD Oberhausen "testet" durch zwei eingebrachte Anträge, Bildung einer Seniorenvertretung und Pflegesituation in städtischen Einrichtungen und deren Umsetzung die Erneuerungsfähigkeit und –bereitschaft der Gremienvertreter.

Einen weitergehenden Schritt hat der SPD-Ortsverein Oberhausen-Mitte durch seine Satzungsänderung mit der Bildung einer ständigen Mitgliederversammlung in der Form der Netzwerkversammlung eingeleitet. Alle Bürger können die Meinungsbildung im Ortsverein mitgestalten.

Die bisher fehlende aber notwendige Rechenschaftspflicht der Gremienvertreter ist mit der Satzungsänderung nicht näher geregelt, könnte sich durch die neue Kultur im SPD-Ortsverein ergeben.

Es bedarf neben einer notwendigen Diskussionskultur, eine neue Form der Verantwortung der politischen Vertretung der Verantwortlichen in den Gremien. Sei es, dass die Besetzung von Fachgremien die nachgewiesene notwendige Befähigung gegeben ist, die Beschlüsse veröffentlicht werden.

Ein Austritt aus der Partei wegen bestimmter Handlungen auf Bundes- oder Landesebene sind nachzuvollziehen. Sind sie nur Überfällige Reaktionen und gesuchte Anlässe um die Mitgliedsbeiträge einzusparen. Fehlte die Attraktivität im SPD-Ortsverein/des CDU Kreisverbandes oder der SPD Arbeitsgemeinschaft/ CDU-Arbeitskreise, fehlten nachvollziehbare Argumente?

Alle Parteien müssen sich mit der AfD und den Freien Wählergruppen auseinandersetzen. Werden weiterhin Sprechblasen, Phrasen und keine Antworten geliefert, werden sich politisch aktive Mitmenschen in anderen Formen artikulieren.

Autor:

Siegfried Räbiger aus Oberhausen

Webseite von Siegfried Räbiger
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