Glyphosat-Skandal: Statt Reinheitsgebot gibt's Pestizid im Bier...

Mit Glyphosat belastet: Alle getesteten Sorten enthalten das Pestizid: Krombacher, Oettinger, Bitburger, Veltins, Beck's, Paulaner, Warsteiner, Hasseröder, Radeberger, Erdinger, Augustiner, Franziskaner, König Pilsener und Jever. Foto: Samuel Schlagintweit / Umweltinstitut München
  • Mit Glyphosat belastet: Alle getesteten Sorten enthalten das Pestizid: Krombacher, Oettinger, Bitburger, Veltins, Beck's, Paulaner, Warsteiner, Hasseröder, Radeberger, Erdinger, Augustiner, Franziskaner, König Pilsener und Jever. Foto: Samuel Schlagintweit / Umweltinstitut München
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von Peter Dettmer

Die Meldung, die das Umweltinstitut München heute, 25. Februar 2016, veröffentlichte, trifft die Brauereien ins Mark: Vermutlich sind alle deutschen Biersorten mit Glyphosat belastet. Ein Labor hatte die 14 beliebtesten Marken auf Spuren des Unkrautvernichtungsmittels untersucht und ausnahmslos in allen getesteten Produkten die Rückstände des Pestizides gefunden. Lokalkompass.de hat sich Stellungnahmen zum Skandal eingeholt.

„Alle getesteten Biere enthielten das Pestizid. Damit droht das deutsche Reinheitsgebot ausgerechnet in seinem 500. Jubiläumsjahr zur Farce zu werden“, erklärte Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut.

Wert 300-fach über dem Grenzwert für Trinkwasser

„Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren", entrüstet sich die Biologin - wohl zu Recht: Glyphosat ist das mit Abstand am häufigsten verwendete Pestizid in Deutschland – rund 5.400 Tonnen werden bundesweit davon jährlich eingesetzt. Laut Weltgesundheitsorganisation ist das Gift erbgutschädigend und mit hoher Wahrscheinlichkeit krebserregend. Die gemessenen Werte lagen im Extremfall fast 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser.

"Das Reinheitsgebot droht zur Farce zu werden"

Die Deutschen konsumieren im Durchschnitt 107 Liter Bier pro Jahr und nehmen damit unbewusst auch Glyphosat zu sich. Das sei nicht vereinbar mit dem Image von Reinheit und Natürlichkeit, für das die deutschen Brauereien stünden. „Wir appellieren an die Brauereien, ihre Produkte und Zutaten jetzt genau zu überprüfen. Sie müssen klären, wie Glyphosat in das Bier gelangen konnte und in Zukunft sicherstellen, dass ihre Produkte frei von Rückständen sind“, fordert Sophia Guttenberger. Das Umweltinstitut startete heute eine Online-Aktion, mit der sich Verbraucher direkt an die Hersteller der getesteten Biere wenden können. Gefordert sei aber auch die Politik: Die Bundesregierung müsse auf europäischer Ebene gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat stimmen. Über diese wird voraussichtlich schon im März entschieden.

König Brauerei Duisburg: "...etwa 200-fach unter dem Grenzwert"

Das Team von König Pilsener reagierte auf unsere Anfrage mit einer Stellungnahme. „Seit Jahren überprüfen wir unsere Rohstoffe und unsere fertigen Produkte in einem Schadstoff-Monitoring auf Pflanzenschutzmittel-Rückstände, auch auf Glyphosat", erklärt Unternehmenssprecher Marc Baron. "Dabei liegen wir immer sehr deutlich unter den gesetzlichen Vorgaben für Gerste, eine zentrale Zutat für Bier. Gesetzlich erlaubt sind Rückstände von 20 Milligramm Glyphosat pro Kilogramm Gerste. Ausgehend von diesem Wert, unter Berücksichtigung der Verarbeitung zu Malz und Bier, liegen die vom Umweltinstitut München gemessenen Werte für König Pilsener etwa 200-fach unter dem zu errechnenden Grenzwert. Dennoch werden wir erneut die Auswahl unserer Rohstoffe und Lieferanten prüfen. Demnächst entscheidet die EU-Kommission über die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat in der Landwirtschaft um weitere 15 Jahre. Wir hoffen, dass die Politiker eine Entscheidung im Sinne der Verbraucher in Europa treffen werden.“

Deutscher Brauer Bund: "Absurde und haltlose Vorwürfe"

Der Deutsche Brauer Bund (DBB) weist den Vorwurf des Umweltinstitutes, Brauereien würden ihre Rohstoffe nicht ausreichend kontrollieren, als absurd und haltlos zurück. Spuren von Glyphosat seien „inzwischen fast überall“nachweisbar. Glyphosat sei seit Jahrzehnten als Wirkstoff in einer Reihe von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten, aus deren Anwendung sich Rückstände in Ernteprodukten und Lebensmitteln ergeben können. Unzählige Studien hätten diese Spuren für gesundheitlich unbedenklich erklärt.

Stauder Brauerei Essen: "Kontrolle durch Monitoring-System"

Die Produkte aus der Essener Privatbrauerei Stauder sind in der Untersuchung nicht getestet worden. Trotzdem reagierte auch hier ein Unternehmenssprecher: "Unsere Lieferanten werden durch das Monitoring-System des Deutschen Brauer-Bunds regelmäßig kontrolliert. Dort liegen die gemessenen Werte stets deutlich unter den Höchstgrenzen. Außerdem ist Glyphosat zum Anbau von Brau-Gerste in Deutschland gar nicht zugelassen."

Bochum - Privatbrauerei Moritz Fiege: "Eigene Qualitätsanalysen"

Die Bochumer Brauerei Moritz Fiege betont, dass in ihrem Haus seit vielen Jahren eigene Qualitätsanalysen durchgeführt werden. Ein Unternehmenssprecher weiter: "So nehmen wir regelmäßig am Malzmonitoring des Deutschen Brauerbundes teil, um diese wichtige Zutat unserer hochwertigen Biere auf Rückstände und Schadstoffe untersuchen zu lassen und deren Unbedenklichkeit sicher zu stellen. Auch die Wasserqualität prüfen wir regelmäßig. Unser Brauwasser stammt aus eigenen Brunnen. Es durchläuft ein aufwändiges Aufbereitungsverfahren. Alle Analyse-Ergebnisse sind dokumentiert."

Download-Link: Glyphosat-Rückstände im deutschen Bier
Link zur Stellungnahme: Deutscher Brauer Bund
Glyphosat: Link zur Lokalkompass-Themenseite

Was ist die Meinung unserer Leser zum Skandal?
Wir freuen uns wie immer auf Eure Kommentare!

Autor:

Lokalkompass .de aus Essen-Süd

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