Roncalli: Theater des Volkes statt Starbucks - Kartenverlosung!

Foto: Roncalli
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„Wovon sollen wir leben, wenn selbst Wolfgang Pantförder keinen Eintritt bezahlen muss?“, scherzt Roncalli-Direktor Bernhard Paul mit dem Oberhaupt der Stadt, nachdem dieses erklärt, es sei immer in Funktion - zunächst mit der freien Feuerwehr und dann als Bürgermeister - zu den Recklinghäuser Vorstellungen des Zirkus eingeladen gewesen. Der Hintergrund der kleinen Neckerei ist aber ein ernster: Das Geschäft steckt in einer Krise, neben dem Cirkus Krone ist Roncalli einer der letzten verbliebenen großen „Zirkus-Mohikaner“; 35 Jahre, das ist beinahe ein biblisches Alter im Metier. Und die vielen kleinen Unternehmen machen sich oft mehr durch Tierquälereien einen Namen. „Es macht immer noch Spaß, aber einfach ist es nicht“, weiß der in Österreich aufgewachsene Paul. Zirkus, dieses Stück altes Kulturgut, habe schlicht keine Lobby. „Wir sind nicht einmal als Wählerschicht in Wahlkampfzeiten interessant, denn unsere Künstler und Mitarbeiter stammen aus allen Nationen“, so der Roncalli-Erfinder spöttisch. Existenzangst und Innovationsdruck machten sich breit. Ärger hätte man auch mit gewissen EU-Gesetzen und -Verordnungen, Paul spricht das Thema Glühbirnen an, auch müssten die alten Wagen aufgerüstet werden; die Sicherheitsbestimmungen nach dem Love-Parade-Unglück seien hoch, obwohl beim Zirkus seit 300 Jahren nichts passiert sei. Auch die Bahn mache es dem letzten Zirkus, der in Deutschland noch auf Schienen anreist, nicht einfach, indem zunehmend Verladerampen abgebaut würden. „Die Bahn zwingt einen förmlich auf die Straße“, klagt Paul, „obwohl viele historische Wagen dafür gar nicht beschaffen sind“. Dennoch, trotz aller Unannehmlichkeiten, die Preise habe man konstant gehalten, verspricht der Visionär, „wir sind schließlich das Theater des Volkes“.
Mit der Jubiläumsshow werden die Karten wieder neu gemischt; das Publikum erwartet ein gänzlich neues Programm. Die Ruhrfestspielstadt spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle, denn seit Jahrzehnten werden hier Erfolgsprogramme aus der Taufe gehoben. Hier wird geprobt, vor der Erstaufführung gebibbert, auch stehen viele Artisten erstmalig für Roncalli auf den Sägespänen, die die Welt bedeuten. Im Jubiläumsprogramm wird natürlich aber auch zurück geblickt. Im Fokus stehen da vor allem Fahrräder und Pferde, die eng mit den Anfängen des Circus Roncalli verknüpft sind, wie eine Kindheitsgeschichte des Machers verrät. Bernhard Paul nämlich entstammt keiner Zirkusfamilie, sondern wuchs auf in einem kleinen Industriedorf mit rund 6.000 Einwohnern. Hier arbeiteten die Menschen entweder in der Porzellanfabrik oder aber der Eisengießerei. Und all jene kamen nach Feierabend auf ihren Fahrrädern zu ihren Wohnstätten gefahren - von der einen Seite in schwarzen Dreck, von der anderen in weißen Staub gehüllt. „Ein faszinierendes Schauspiel“ erinnert sich der Künstler, welches er nun in seine Vorstellung einfließen lassen konnte. Spätestens mit dem Einfall des ersten Wanderzirkus´ - für ihn ein Erlebnis wie die Einführung des Farbfernsehens - war es um das als Sonderling verschrieene Kind endgültig geschehen. „Ich war kein Elvis Presley, meine Verbündete waren die Clowns mit ihren roten Haaren und den Sommersprossen“, so Paul heute. Schnell freundete er sich mit den Zirkuskindern an, versteckte sich nach deren Gastspiel sogar im Wagen - bis sein Vater ihn am Ortseingang wieder einsammelte. „Ich komme wieder“, versprach er damals fest. Und 20 Jahre später, nachdem er Hoch- und Tiefbau studiert und als Graphiker gearbeitet hatte, konnte er seinen Kindheitstraum verwirklichen. Eine Geschichte wie aus dem Buche. Oder eben für die Manege. „Und genau das macht Roncalli auch aus - hinter allen Nummern und Geschichten steckt authentischer Hintergrund“, betont der Direktor, Roncalli, so vergleicht er es, sei das Künstlercafé, „kein Starbucks wie der Cirque du Soleil“.
Das bunte Bouquet aus Pferdephantasien, poetischer Pantomime, außergewöhnlicher Körperbeherrschung, atemberaubender Luftartistik, kraftvoller Akrobatik, ausgezeichneter Clownerie und zauberhaften Roncalli-Träumen - ein Höhepunkt wird der „Pferdepapst“ Florian Richter sein - ist zu erleben vom 10. bis 27. März am Konrad-Adenauer-Platz in Recklinghausen immer von dienstags bis samstags, 20 Uhr, zusätzlich mittwochs, donnerstags und samstags um 15 Uhr sowie an den Sonntagen immer um 14 und 18 Uhr. Karten gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Achtung: Wie verlosen fünf dicke Familienpakete, die den Eintritt für jeweils vier Personen beinhalten; außerdem wird eine der Familien in der Vorstellungspause hinter die Kulissen der Show geführt, um einmal selbst echte Zirkusluft zu schnuppern: Rufen Sie unsere Hotline 01379/220230 (50 Cent aus dem Festnetz - M.I.T., Mobilfunkpreise können abweichen) bis Montag, 7. März, an und beantworten folgende Frage: „Seit wievielen Jahren existiert der Circus Roncalli?“. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, wir wünschen allen Teilnehmern dabei viel Glück!

Autor:

Sara Drees aus Dortmund

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