Ruhrfestspiele: Gastgeber betrunken, Gäste todmüde - Peymann liest Bernhards "Holzfällen"

15. Mai 2017
20:00 Uhr
Ruhrfestspielhaus, 45657 Recklinghausen
Claus Peymann 2005 bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Am 15.05.2017 liest er aus Thomas Bernhards "Holzfällen". Archivfoto: Halstenbach
  • Claus Peymann 2005 bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Am 15.05.2017 liest er aus Thomas Bernhards "Holzfällen". Archivfoto: Halstenbach
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Einer der Großen des deutschen Theaters beehrt (erneut) die Ruhrfestspiele Recklinghausen. Claus Peymann ist am Montag, 15. Mai, in "Holzfällen. Eine Erregung" live zu erleben.

Es ist eine szenische Lesung des Werks von Thomas Bernhard in der Textfassung von Angelika Hager. Heißt: 80 Minuten Peymann-Power ohne Pause. Das wird schräg und voller Wucht, wetten.
Kostprobe: In "Holzfällen" sagt ein Schauspieler, ihm sei völlig gleich, wer da komme, „zehn oder elf Burgtheaterdirektoren“ habe er überlebt, „alle sind sie verschwunden, kein Mensch erinnere sich heute überhaupt noch an die Namen dieser Leute.“

Helle Empörung

Dass gerade Claus Peymann dieses Stück vorträgt, ist in mehrfacher Hinsicht reizvoll. Intendant am Bochumer Schauspielhaus (1979-1986), Wiener Burgtheater (1986-1999) und des Berliner Ensemble (seit 1999) - das waren und sind nur einige seiner Stationen. Nun liest er bei den Ruhrfestspielen aus dem mitreißenden Werk des genialen Österreichers. Thomas Bernhards Werk löste damals helle Empörung aus und besitzt als pointierte Kritik am Kulturbetrieb mit seinem Größenwahn und den vielen Eitelkeiten kein Verfallsdatum.

Abschied vom Berliner Ensemble

"Holzfällen" erzählt von einem Schriftsteller, der an einem „künstlerischen Abendessen“ teilnimmt. Er sitzt in einem Sessel, spricht kein Wort und betrachtet mit Abscheu Jungschriftsteller, alte Kollegen, Spießbürger, die was gelten. Zum Ende (die Gastgeber sind sturzbetrunken und die meisten Gäste todmüde) hat der Ehrengast seinen Auftritt und ledert alle ab.
Für Daniel Kehlmann ("Die Vermesssung der Welt") liegt die suggestive Kraft gerade dieses Werkes in Bernhards Gespür für den Rhythmus der Sprache.
Claus Peymanns Vortrag lauscht man gebannt, vor allem, weil er aus dem Werk des Dichters und alten Weggefährten liest, der bekanntlich auch ihn nicht verschonte. Es war eine fruchtbare, legendäre Zusammenarbeit.
"Holzfällen. Eine Erregung" ist für Theaterfans Vergnügen und Pflicht zugleich. Am Ende dieser Spielzeit verlässt Claus Peymann, der im Juli 80 Jahre alt wird, das Berliner Ensemble.

Kleines Theater, Ruhrfestspielhaus.
Einmalige Vorstellung am Montag, 15. Mai, 20 Uhr.
Karten-Infos: 02361/ 921 80.

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Recklinghausen

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