So groß wie ein Bierdeckel: Schützen des 1. Bogen-Sport-Clubs Recklinghausen suchen das „Gold“

Ian McLachlan (l.) und Jürgen Kleiner gehören zu den begeisterten Bogenschützen des 1. Bogen-Sport-Clubs Recklinghausen. Für die drei Treffer auf diesem gestellten Foto gäbe es 22 Punkte – ein passables Ergebnis.
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  • Ian McLachlan (l.) und Jürgen Kleiner gehören zu den begeisterten Bogenschützen des 1. Bogen-Sport-Clubs Recklinghausen. Für die drei Treffer auf diesem gestellten Foto gäbe es 22 Punkte – ein passables Ergebnis.
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Kind müsste man sein. Dann dürfte man seine Pfeile aus einer Entfernung von 15 Metern auf die Scheibe schießen. Aber für Erwachsene beträgt die Entfernung beim Bogenschießen bis zu 70 Meter – und die begehrte, weil punktträchtigste Mitte der bis zu 1,22 Meter großen Scheibe, das „Gold“, hat nur etwa die Größe eines Bierdeckels.

„Es kommt aber nicht nur auf Veranlagung an, man kann viel durch Training erreichen“, macht Jürgen Kleiner allen Mut, die sich fürs Bogenschießen interessieren. Er selbst hat das Hobby vor dreieinhalb Jahren im Urlaub für sich entdeckt und ist dann bald darauf zu Hause dem 1. Bogen-Sport-Club Recklinghausen beigetreten. Detlef Weigel, ebenfalls Mitglied, war über 40 Jahre alt, als er mit dem Bogenschießen anfing. „Ich habe etwa anderthalb Jahre gebraucht, bis es gut lief“, erzählt er.
1979 wurde der 1. Bogen-Sport-Club Recklinghausen von Udo Hielscher, der bis dahin in Marl als Bogenschütze aktiv war, gegründet. Um die für eine Vereinsgründung notwendige Anzahl an Personen zu haben, holte er mehrere Familienmitglieder – darunter seine Frau und seinen Sohn – dazu. „Am Anfang waren es zehn bis 15 Leute“, weiß Ian McLachlan. Heute umfasst der Club fast 100 passive Mitglieder und 40 bis 50, die regelmäßig zu den Trainings kommen.
Zu den frühen Mitgliedern des Clubs gehörten auch Carla Nolpa und ihr Mann Udo. Sie hatte 1972 als Bogenschützin bei den Olympischen Spielen in München teilgenommen, und beide setzten sich sehr für den noch neuen Verein ein.

"Auf 100 Sachen achten"

Jetzt, im Sommerhalbjahr, trainieren die Bogenschützen am Stadion Hohenhorst, wo sie seit 21 Jahren ihr Vereinsheim haben. „Man muss auf 100 Sachen gleichzeitig achten: Wie ich stehe, wie meine Schulter- und Beckenposition ist, wie meine Handhaltung ist, wie ich die drei Finger an die Sehne lege, wie ich den Pfeil am Kinn ankere ...“, beschreibt Kleiner die komplexen Voraussetzungen, die für einen guten Schuss notwendig sind.
Letztlich komme es beim Training darauf an, den Ablauf so einzustudieren, dass man nicht mehr nachdenken muss und ein Pfeil so zielgenau wie der andere fliegt. Manchmal kommt es dann sogar vor, dass man mit einem Pfeil den Pfeil trifft, der schon in der Scheibe steckt. Das ist ein sogenannter Robin-Hood-Schuss. „Das habe ich in 20 Jahren genau einmal geschafft“, berichtet Peter Lütgendorf. Dann ist der erste Pfeil zerstört, aber trotz des Verlusts bereite solch ein Schuss ein gutes Gefühl, so Lütgendorf.
Die Bögen, die aus Metall, Holz und Karbon bestehen, gibt es in verschiedenen Ausführungen und Gewichten. Ein bis zweieinhalb Kilo wiegen sie, billige kosten keine 100 Euro, olympische Bögen schlagen mit rund 2.000 Euro zu Buche. Auch das Zuggewicht – das Gewicht auf den drei Fingern – variiert bei jedem Bogen und wird zudem vom Alter des Schützen abhängig gemacht. „Bei Erwachsenen sind das 18 Kilo und mehr“, sagt Benno Hoffmann.

Konzentration statt Kraft

Konzentration und Koordination seien aber vor allem wichtig, um ein guter Schütze zu sein, erklärt Kleiner. „Es kommt nicht so sehr auf die Kraft an.“ Und wenn, dann spielt die Kraft in den Schultern und im Rücken eine größere Rolle als die in den Armen. Mit bis zu 200 Stundenkilometern kann der Pfeil dann von der Sehne schnellen.
Was Kleiner am Bogenschießen reizt, ist die Tatsache, dass es „ein sehr ursprünglicher Sport“ sei. Damit meint er nicht Männer, die früher auf Wildschweinjagd gingen, sondern er bezieht sich auf die Sumerer und Ägypter, die „vor 3.000 Jahren schon unglaubliche Bögen hatten“, und auf die Mongolen mit ihren Reiterbögen.
Der Sport ist eher männerdominiert. „Aber in den vergangenen Monaten sind viele Frauen und Mädchen dazugekommen“, sagt Weigel über die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Ursache dafür sei die Silbermedaille, die die deutsche Bogenschützin Lisa Unruh 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio gewonnen habe.

Jugendcup mit 77 Teilnehmern

Beim 1. Bogen-Sport-Club Recklinghausen werde seit 1993 Jugendarbeit betrieben, sagt Hoffmann. Dazu gehört auch der Jugendcup, der am vergangenen Sonntag zum 15. Mal ausgerichtet wurde. 77 Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 19 Jahren haben daran teilgenommen. Unter anderem aus Bochum, Siegen, Ahaus, Bergkamen und Gütersloh kamen sie zum Stadion Hohenhorst, um sich hier zu messen.
Wer den Bogensport kennenlernen möchte, ist beim Training am Stadion willkommen. Es findet bis Ende September mittwochs für Jugendliche ab 16 Uhr und für Erwachsene ab 17.30 Uhr sowie samstags für alle Altersgruppen ab 15 Uhr statt. Weitere Auskünfte erteilt Michael Rohé, erster Vorsitzender, unter der Telefonnummer 0176/20198005.

Ian McLachlan (l.) und Jürgen Kleiner gehören zu den begeisterten Bogenschützen des 1. Bogen-Sport-Clubs Recklinghausen. Für die drei Treffer auf diesem gestellten Foto gäbe es 22 Punkte – ein passables Ergebnis.
Auch die kleinsten Teilnehmer des Jugendcups sind voll konzentriert. | Foto: Detlef Weigel
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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