Unsere Kindheit damals

Meine Schwester und ich.Ich bin die Motorradfahrerin). Mein Onkel kam zu Besuch, und wir durften zur Freude auf dem Maschinchen posieren.
3Bilder
  • Meine Schwester und ich.Ich bin die Motorradfahrerin). Mein Onkel kam zu Besuch, und wir durften zur Freude auf dem Maschinchen posieren.
  • hochgeladen von Elisabeth Jagusch

Heute haben Eltern oft nur ein Kind, das sie kaum aus den Augen lassen.

Wenn du Ende der 40er bis Ende 60er Jahren geboren bist, ist es kaum zu glauben, dass du überlebt hast.

Auf unseren Fahrten mit Rollschuhen, Rollern oder Rädern trugen wir nie einen Helm oder Knieschützer.
Wie viele Kilometer legte ich mit Rollschuhen und Roller zurück, keiner wusste, wo ich war. Wenn die Rollschuhe lahmer wurden, kaufte ich mir neue Kugellager und tauschte das Lager selber aus.

Und im Hochsommer tranken wir meistens Leitungswasser mit einem Tütchen Brausepulver drin, oft auch mit einer eingeweichten Lakritzstange.

Und frische Milch holten wir in einer Kanne direkt vom Milchbauernladen und trugen sie lose nach Hause; manchmal auch die rote Vorzugsmilch und Joghurt in Flaschen/Gläschen mit Pfandabgabe.

Auf Geburtstagsfeiern und im Auto wurde noch so richtig gepafft, und wir bekamen keine Hustenanfälle oder mussten deswegen zum Arzt.

Wir verließen morgens das Haus zum Spielen und blieben den ganzen Tag draußen. Wir mussten erst daheim sein, wenn die Straßenlaternen angingen.
Niemand wusste genau, wo wir waren, wir hatten damals kein Handy dabei.

Und Sonntagnachmittag saßen wir vor dem Fernseher, um Lassie, Fury, Rin Tin Tin, Am Fuß der blauen Berge etc. zu schauen. Danach war das Kinderprogramm beendet.
Kinderherz, was wolltest du mehr? Es gab anfangs nur ein und später zwei Fernsehprogramme, alles in Schwarz-Weiß. Am späten Abend war Sendeschluss mit einem Testbild.

Wir spielten einzelne Figuren aus den Serien draußen nach und hatten dabei großen Spaß.

Jeden Sonntagmittag gab es den Hörspiel-Klassiker mit "Kalle Blomquist". Was war das immer spannend!

Und bei der wöchentlichen Schnitzeljagd konnten uns die Verfolger über Stunden nicht finden.

Beim knappen Taschengeld verdienten wir uns ein paar Groschen beim Einkauf für Nachbarn, Wegbringen von Kirchenblättchen oder an der Kirche, wenn Brautleute Kleingeld warfen.
Damit liefen wir gleich zur nächsten Bude oder in den Eisladen.

Wir hatten keine Playstation, Nintendo 64, Videospiele, Filme auf Video/CDs, eigene Fernseher, MP3-Player, Computer, lnternet, Smartphones etc.
Wir hatten Freunde.

Wir gingen nach draußen und trafen sie. Oder wir marschierten direkt zu ihnen nach Hause.
Keiner brachte uns zu unseren Freunden oder Sportvereinen, und niemand holte uns wieder ab. Wir gingen alleine.

Wir malten uns Hüpfkreise aufs Pflaster und spielten monatelang „Himmel und Erde“, wofür wir nur Kreide und ein Steinchen/Döschen brauchten.

Und im Winter „bauten“ wir uns lange wunderbare Schlinderbahnen, womit wir uns den ganzen Tag ausgelassen beschäftigten.

Dreckig und oft auch mit zerrissen Klamotten kamen wir wieder nach Hause, was natürlich Ärger brachte. Einmal hatte ich deswegen solche Angst, dass ich mich in unserem Reisekoffer auf dem Kleiderschrank versteckte. Was haben meine Eltern mich gesucht, ohne mich zu finden.

Was verschlangen wir Fix & Foxi-Hefte, Mickey Mouse, Akim oder Tarzan. Wir liehen sie gegenseitig aus.

Auch zur Volks-/Grundschule gingen wir alleine hin und wieder zurück, wobei manche von uns mit knapp 10 Jahren zu einer höher bildenden Schule ca. fünf Kilometer zu Fuß gingen oder mit dem öffentlichen Bus fuhren.
Schulbusse gab es nicht, und das alles ohne elterliche Begleitung.
Und noch mit proppenvollem Tornister oder Aktentasche.

Der Schulweg war oft anstrengend, zeitaufwändig und bei miesem Wetter sehr ungemütlich. Zugleich aber war er aber auch ein Freiraum, den wir innerhalb eines gewissen Rahmens selbst gestalten konnten.

Und heute werden einige Erwachsene sogar von ihren Eltern zur Uni begleitet.

In dieser, unserer Welt entfalteten sich sehr schnell soziale Prozesse, wie Freundschafts- und Cliquenbildung oder auch Problemsituationen mit heftigem Streit. Wir schlugen uns auch schon mal, bekamen Nasenbluten, schrammten uns die Haut auf, uns fehlte ein Haarbüschel oder ein Zahn, doch niemand wurde deswegen verklagt.
Keiner fragte nach "Aufsichtspflichtverletzung".

In der Schule hatten wir keine diskussionslastigen Elternabende oder gar irgendeinen Förderunterricht, wir kamen stets so klar.

Diese Generation hat ihre Probleme draußen alleine gelöst, obwohl viele Risiken dabei waren.

Beispielsweise hätte mich beinahe ein Auto beim Rollschuhfahren erfasst.
Einmal bin ich mit Speed in eine Toreinfahrt gefahren, wo gerade ein Laster rückwärts herausfuhr.

Wir hatten unsere Freiheit, auch Misserfolg und stets Verantwortung, wobei ich immer auf meine ältere Schwester aufpassen musste.

Eine Tages tauchte ein fremder Mann im Hof auf und versuchte, meine Schwester mit einer hübschen Puppe zu ködern, sie sollte zur Straße zum grauen Transporter kommen, wo er ihr die Puppe geben wollte.
Ich war damals 8 Jahre, sie 10 und verhinderte mit großem Protest, dass sie mitging und lief auch sofort ins Haus, um unsere Mutter zu holen.

Als sie heraus kam, sahen wir noch, wie der Mann flugs verschwand und mit dem Transporter das Weite suchte.

Ja, mit diesen und vielen anderen Problemen wussten wir sehr gut umzugehen.

Und erinnerst du dich auch gerne an deine Kindheit?

Autor:

Elisabeth Jagusch aus Schermbeck

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

31 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.