Wir schenken uns doch nichts, oder?! - ein ganz normales Weihnachtsfest

Endlich! Bald ist es soweit! Weihnachten steht vor der Tür, und somit wohl auch der übliche Weihnachtsstress. Jedes Jahr stehe ich zwischen den Fronten und stelle mir immer wieder dieselbe, einfach in jede Situation passende, Frage: Warum?!
Warum gibt es eigentlich Weihnachten? Damit fängt das ganze Dilemma ja schon an. Gut, Jesus wurde geboren und das soll gefeiert werden. Wir beschenken unsere Liebsten und feiern zusammen ein gemütliches, harmonisches Weihnachtsfest… Ähm… jaah… so sollte es doch eigentlich sein. Doch wirklich harmonisch ist es bei uns erst, wenn am Heiligabend alle wieder weg sind.

Das ganze Drama beginnt jedoch schon einige Tage vorher. Der Weihnachtsbaum. Ja, zu einem richtigen Weihnachtsfest gehört auch ein richtiger Weihnachtsbaum. Warum weiß ich auch nicht, aber ich hatte mich schon das ganze Jahr darauf gefreut mit meinen Eltern die ganzen Weihnachtsbaumhändler abzuklappern. Das Ganze läuft dann immer folgendermaßen ab: Wir gehen durch die Reihen von Bäumen, meine Mutter entdeckt einen, mein Papa nimmt ihn und stellt ihn hin. Meine Mutter begutachtet den Baum kritisch und meist, so nach guten 10 Minuten, wenn der Arm meines Vaters droht abzusterben, stellt sie fest, dass ihr der zu klein ist. „Bigger is better“ ist wohl das Motto meiner Mutter, denn wir haben eine Altbauwohnung, die Decken sind hoch und da kommt kein Baum unter 2 Meter in Frage. Nach circa 3 bis 4 Stunden hab ich den Kaffee auf und ich seh den Baum vor lauter Bäumen nicht mehr, mir ist alles nur noch egal, mein Papa hat auch keinen Bock mehr, seine Arme tun weh und das lässt sein Gesicht Bände sprechen. Und meine Mutter, jaaah meine Mutter, die ist genervt, weil wir genervt sind. Was für ein wundervoller Start ins Fest der Liebe… Doch am Ende finden wir wie jedes Jahr doch noch den perfekten Baum, so wie auch dieses Jahr, doch da lief die ganze Sache irgendwie anders ab…
Ich kam nach der Schule nach Hause, da stand ein riesiges Paket vor unserer Wohnungstür, das ging mit wirklich bis unters Kinn… Ich zog also meine Schuhe aus, quetschte mich an dem Paket vorbei in die Wohnung und zog das mindestens eine Tonne schwere Paket in unsere Wohnung. Völlig aus der Puste rief ich also meinen Papa an. Der erzählt mir völlig aus dem Häuschen, dass das wohl nur unser Weihnachtsbaum sein könnte… Ich glaub mir ist wirklich alles aus dem Gesicht gefallen, das konnte doch nicht sein, oder? Warum?! Da hatten meine Eltern doch tatsächlich im Internet einen KÜNSTLICHEN Weihnachtsbaum bestellt! Das grenzt ja förmlich schon an einer Vergewaltigung des traditionellen Weihnachtsfestes…
Nun denn… ich muss sagen, mittlerweile habe ich mich doch mit dem Bäumchen (2,40m, größer gab’s nicht) angefreundet. Ich meine, mir bleibt ja auch nichts anderes übrig… Dennoch muss ich sagen, dass es einfach nicht dasselbe ist! Die Wohnung riecht einfach wie das ganze Jahr über, kein bisschen Tannenbaumduft, keine Nadeln, nichts…

Aber noch haben wir ja nicht Heiligabend! Ich bin ja hier in diesem Haushalt die Tochter, also bekomme ich auch die Geschenke! Meine Eltern wollen sich bekanntlich und wie die Tradition das sagt nichts schenken. Das Ganze wird natürlich vorher abgesprochen, damit niemand hinterher doof da steht, weil der eine was gekauft hat und der andere nicht. Also gilt bei meinen Eltern: „Wir schenken uns nichts!“ Warum, verstehe ich auch nicht so ganz, aber sicher wäre dann nicht jedes Jahr dasselbe Schauspiel zu beobachten. Und dann hätte ich auch heute nichts zu berichten. Dieses Jahr lief das dann folgendermaßen ab: Ich saß in meinem Zimmer und hab gelesen, plötzlich ging die Türe auf und meine Mama kam mit einem Lächeln auf den Lippen herein und setze sich zu mir auf die Couch. Stille. Dann: „ Du… ehm… Sag mal, du weißt doch bestimmt, also… Jetzt sei mal bitte ganz ehrlich! Schenkt der Papa mir eigentlich was zu Weihnachten?“ Ich schaue aus meinem Buch auf und starre sie an: „Hattet ihr nicht eigentlich abgemacht, dass ihr euch nichts schenken wollt?“ „Ja, schon, aber das ist ja auch irgendwie blöde, also ich will ja nur wissen, ob er mir was schenkt, damit ich ihm auch was holen kann, weil sonst steh ich da mit leeren Händen und das will ich ja auch nicht!“ So gut, was sollte ich sagen? Ich wusste nicht ob mein Papa meiner Mama was zu Weihnachten kauft, ABER ich wusste, dass er in der nächsten Zeit sicher auch bei mir anfragen wird, ob meine Mama ihm was zu Weihnachten gekauft hat. Um also nicht blöde dazustehen, hab ich mal auf allwissend getan und meinte: „Es ist dein Ehemann, ihr kennt euch doch so gut, du müsstest doch eigentlich wissen, wie er denkt, also kannste dir das jawohl selber denken oder?“ Was ich zurückbekam war eine patzige aber glückliche Antwort: „Also ja, er schenkt mir was! Gut, dann weiß ich ja bescheid!“ Und strahlend verließ sie mein Zimmer. Zwei Tage später. Ich saß auf meiner Couch und schaute fern. Meine Zimmertür geht auf, mein Vater kommt rein, geht durch und stellt sich ans Fenster. Stille. Doch dann: „Duuu? Sag mal, weißt du, du weißt bestimmt, aber weißt du, ob die Mama mir was zu Weihnachten schenkt?“ Gut, dass ich schon seelisch auf diesen Moment vorbereitet war. „Ja, weiß ich!“, war meine Antwort. „Also jetzt ja oder nein?!“, kam ganz aufgeregt zurück. „Jetzt überleg doch mal bitte! Jedes Jahr ist es dasselbe, ihr verabredet, dass ihr euch nichts schenken wollt und was passiert dann Heiligabend?!“ Mein Vater strahlte mich an, bedankte sich dafür, dass ich ihm die Augen geöffnet hatte und zog sofort los um meiner Mama auch ein Geschenk zu besorgen. Also das soll mir mal bitte jemand erklären! Wo steckt da denn die Logik? Ich meine warum einigen sie sich erst darauf, dass sie sich nichts schenken um mich dann hinterher auszufragen, ob der andere nicht doch was gekauft hat?? Das ist wohl die Logik der Erwachsenen, nur lässt sie die Kinder verzweifeln… Und nun freue ich mich auf Heiligabend und auf die Überraschungen, die mir da wohl noch bevorstehen werden! :o)
Ansonsten wünsche ich allen Familien ein frohes, harmonisches und vor allem ein ganz normales Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Autor:

Jessica Bodenstein aus Schwelm

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