Tafel Unna - Mit vier Abholern fing es an

Weihnachtspäckchen verschenken die Ausgaben der Tafel Unna an mehrere hundert Abholer.
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Von St. Reimet

Ein Kochrezept gab es am Anfang dazu, als die ersten Abholer der Tafel ihre Lebensmittel in Empfang nahmen. Vier waren es am Tag der ersten Ausgabe im Juni 2004. Rund 5.000 Personen sind es heute, die einen Berechtigungsausweis für die Tafel Unna besitzen. Ein Rückblick zeigt: Der Bedarf ist da, die Kundschaft hat sich verändert, konstant ist die Bereitschaft der Ehrenamtlichen, den Bedürftigen tätig zu helfen.

Die Gründe, warum sich jede Woche hunderte Menschen bei den Ausgabestellen der Tafel im Kreis Unna in die Warteschlangen einreihen, wo sie für wenige Euro fällige Lebensmittel erhalten, sind nahezu unverändert.„Geringe Renten, wachsende Altersarmut und verarmte Kinder und Jugendliche“, bringt es Erik Rapillus aus dem Organisationsteam der Tafel Unna, auf den Punkt. Durch Migranten und Flüchtlinge sei der Bedarf vor einigen Jahren enorm gestiegen. Daher gilt für alle neun Ausgabestellen derzeit ein Aufnahmestopp. „Jetzt im Sommer zunächst, weil das Angebot schmaler wird“, so Tafel-Vorsitzende Ulrike Trümper. Lebensmittelhändler kommissionieren weniger Ware, daher bleibt weniger zur Verteilung.

Gemeinsam mit Martina Fuchs hatte Ulrike Trümper das Projekt vor 13 Jahren ins Leben gerufen und den Verein gegründet. Ziel ist bis heute die Versorgung bedürftiger Personen mit Lebensmitteln, die sonst der entsorgt würden. Denn auch gegen Verschwendung von Lebensmitteln will die Tafel ein Signal setzen. Rund 1.000 Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr an die Menschen verteilt.

Von vier auf 5.000

Für Beschaffung, Sortierung, Verteilung und Ausgabe sind heute etwa 120 Ehrenamtliche im Einsatz, plus 30 Kräfte durch Vermittlung des JobCenter. Über 50 Läden werden mit den Transportern (aus Sponsorenmitteln) täglich angefahren, darunter mit zwei Kühlwagen. Genau hier drückt derzeit der Schuh, denn eines der Kühlfahrzeuge ist defekt. „Aber die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden“, erklärt Ulrike Trümper. Milch- und Molkereiprodukte sind die sensibelsten Waren. Das Angebot durch Lebensmittelläden ist mittlerweile stabil. Über den Bundesverband der Tafeln gibt es Rahmenverträge mit den größten Discountern, wonach die Filialleiter zur Beteiligung aufgerufen sind. Auch die EGV Unna ist dabei.

Aus einst vier Ausweisen auf eine Anzahl von 5000 Berechtigungsausweisen gekommen zu sein, macht Gründerin Ulrike Trümper stolz. Eines der Leitbilder am Anfang war „Kein Brot ist zu hart – Hart ist es, kein Brot zu haben“. Es könnte noch heute gelten. „Auch wenn es viele gibt, die ihre Ausweise nicht regelmäßig nutzen.“ Punktuell ist die Nachfrage groß, drei Mal pro Woche öffnet die Ausgabe Königsborn ihre Tür. Hinzu kommen Extrausgabezeiten für Behinderte. „Manche haben immer noch Scham oder auch Ängste zu uns zu kommen.“ Die Tafel unterliegt ständigem Wandel, weiß Ulrike Trümper. „Wir müssen mit den Kunden wachsen.“ Dem hohen Anteil an Migranten sei man noch nicht gewachsen. Die Ansprüche an Lebensmittel seien andere, es muss aussortiert werden, wenn Gelantine vom Tier mitverarbeitet ist. Sprach- und Verständnisprobleme erschweren die Tätigkeit.

Bescheidenheit

„Trotzdem läuft es ruhig ab.“ Im öffentlichen Leben hält es die Tafel Unna bescheiden. Geschenkpäckchen-Aktionen zu Weihnachten führen alle Ausgaben durch. Am Hauptstandort Dorotheenstraße gibt ein Flohmarkt regelmäßig den Kunden Gelegenheit zum Verkauf. Ein Café bringt Leben auf das große Gelände.
Eine erfolgreiche Aktion war vor Ostern ein Projekt mit dem Hansa-Berufskolleg. Im Religionunterricht befassten sich die Schüler mit Armut im Wohlstand, sammelten daraufhin für die Tafel Spenden und Hygieneartikel.

Die Tafeln: „ 60.000 helfende Menschen. Eine Stimme gegen Armut und Lebensmittelverschwendung“  

Im Bundesverband Deutsche Tafel sind 900 Tafeln organisiert. Mit dem Tag der Tafeln am 16. September macht das Bündnis „Reichtum umverteilen“ auf die Armutssituation in Deutschland aufmerksam. Bis dahin sind lokale Aktionen geplant, die am 7. September beginnen.
Am 8. September stellt sich die Tafel Unna auf dem Wochenmarkt (Alter Marktplatz) mit einem Infostand vor. Suppe aus der Gulaschkanone wird von 9 bis 14.30 Uhr gegen eine Spende verteilt.
Die Zentrale in der Dorotheenstraße 32 öffnet am 9. September von 10 bis 16 Uhr ihre Türen und lädt zum Trödelmarkt ein. Neben Informationen gibt es Kaffee, Kuchen und Grillwürstchen. Anmeldungen für den Trödelverkauf nimmt die Tafel unter Tel. 02303/777639 entgegen.

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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