Unna-Massen - Gedenkstunde zum Volkstrauertag auf dem Obermassener Friedhof

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Sonntag, 16. November 2014 I 11:00 Uhr

Der Volkstrauertag am 16. November steht bundesweit im Zeichen des Gedenkens an die Opfer von Kriegen und von Gewaltherrschaft und ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den „Stillen Tagen“. Seit 1952 findet er immer zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag statt.

Die Freiwilllige Feuerwehr der Löschgruppe Massen mit Löschgruppenführer Bernd Tepe und einer starken Jugendabordnung, der Schützenverein Massen 1830 e.V. mit dem 1. Vorsitzenden Dietmar Wünnemann, der Massener Bürgerhausverein mit dem Vorsitzenden Helmut Tewes, Vertreter aus Kirchen, der Politk und viele Massener Bürger hatten auch bei regnerischem Wetter den Weg zum Obermassener Friedhof und zur Feierstunde in der Friedhofskapelle gefunden. Die musikalische Gestaltung der Feierstunde hatten die Musikfreunde Hellweg mit ihrem Vorsitzenden Achim Hübener übernommen.

Rede zum Volkstrauertag von Ortsvorsteher Dr. Peter Kracht
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

„Das große Karthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, es war noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.“ Diese Worte von Bertolt Brecht über die furchtbaren Auswirkungen des Krieges haben nichts von Ihrer Aktualität verloren. Wir gedenken heute am Volkstrauertag der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, der gefallenen Soldaten, der zivilen Kriegsopfer, der Opfer von Massakern und Terroranschlägen wie auch der Toten der Diktaturen.

Als der Volkstrauertag in der Bundesrepublik Deutschland 1950 erstmals begangen wurde, standen die Menschen noch ganz unter dem Eindruck der beiden Weltkriege mit knapp 70 Millionen Toten. Der Schmerz und die Trauer waren damals unmittelbar spürbar, der Volkstrauertag ein „Trauertag“ im wahren Sinne des Wortes. Heute, ein Jahrhundert nach dem Ausbruch des Ersten und 69 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, hat sich der Volkstrauertag gewandelt. Wir begehen nun einen Tag, an dem wir innehalten und gedenken.

Das ist gerade in unserer heutigen Zeit umso wichtiger, da uns die Generation der unmittelbaren Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs langsam verlässt. Deren bedrückende Schicksale dürfen wir nie vergessen, sie sollen uns daran erinnern, Tag für Tag für den Frieden einzutreten. „Nie wieder“ lautet die Botschaft, die sie uns hinterlassen.

Von dem italienischen Dichter und Gelehrten Francesco Petrarca stammen folgende Sätze:
„Fünf große Feinde des Friedens wohnen in uns: nämlich Habgier, Ehrgeiz, Neid, Wut und Stolz. Wenn diese Feinde vertrieben werden könnten, würden wir zweifellos ewigen Frieden genießen.“ Diese Sätze stammen nicht etwa aus unserer heutigen Zeit, sondern bereits aus dem 14. Jahrhundert! An ihrem Wahrheitsgehalt hat sich bis ins 21. Jahrhundert hinein nichts verändert.

Wir leben seit 65 Jahren in einer stabilen Demokratie und in Frieden und Freiheit.
Wir leben in einem Europa, das friedliche Nachbarschaft und immer mehr Gemeinsamkeit anstrebt. Dies war gerade im vergangenen Jahrhundert keineswegs immer so. Wir sind von vielen Krisenherden umgeben, wir hören täglich von neuen Gewaltausbrüchen irgendwo auf der Welt. Weil die Welt immer mehr zusammenwächst, bekommen wir es auch immer mehr mit. Neue Medien brachten uns Bilder und Nachrichten ins Wohnzimmer, heute sorgen Handys dafür, dass wir überall Meldungen und Informationen abrufen können. Weil die Welt immer mehr zusammenwächst, betreffen uns geographisch weit entfernte Krisen und Konflikte auch in Deutschland und Europa immer mehr.

Und die Welt scheint wahrlich am Rande des Abgrunds zu stehen:
In Syrien und dem Irak machen sich selbst ernannte islamische Gotteskrieger auf einen Kreuzzug und ermorden Tausende Andersgläubige kaltblütig und ohne Gnade. Ein barbarischer Akt religiöser Verblendung, eine unmenschliche Spur des Terrors und des ideologisch verbrämten Irrsinns. In der Ukraine, also noch in Europa, geht das Kriegsgespenst um, und ein neuer Kalter Krieg ist längst im Gange! Von den vielen militärischen wie politischen Brandherden auf der Erde zeugt die wieder eröffnete Landesstelle bei uns in Massen: Flüchtlinge aus aller Herren Länder finden hier wieder Aufnahme. Die Flüchtlingszahlen sind dramatisch gestiegen, in so manchem Staat sind Frieden und Freiheit nur eine Hoffnung, dort sind blutige Auseinandersetzungen und Unterdrückung trauriger Alltag.

Die Botschaft des heutigen Tages kann deshalb nur lauten:
Den Teufelskreis der Gewalt weltweit zu durchbrechen, denn, auch das zeigt die Geschichte, der Frieden hat ebenso viele Siege aufzuweisen wie der Krieg, aber weit weniger Denkmäler!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, nicht wenige von denen, die heute nicht hier sind, sind vielleicht der Meinung, eine Veranstaltung zum Volkstrauertag wie unsere hier auf dem Friedhof in Obermassen passe nicht mehr in unsere Zeit. Sie sei rückwärts gewandt und könne unterbleiben, weil die Erinnerung an die Toten verblasse und unser Leben nicht mehr betreffe. Wer so denkt, irrt sich! Leider denkt vor allem ein großer Teil der jüngeren Generation so. Einer Generation, die in Frieden, Freiheit und Wohlstand aufgewachsen ist und die schrecklichen Erlebnisse eines Krieges und deren Folgen nur noch aus dem Geschichtsunterricht und Medienberichten kennt. Für viele unserer Mitmenschen mit der Gnade der späten Geburt sind die Weltkriege und das NS-Regime ferne Zeiten, von denen Eltern und Großeltern betroffen waren. Ferne, unselige Zeiten, in denen es schon tödlich sein konnte, nur die Wahrheit zu sagen!
Doch:
Nur wer begreift und verinnerlicht, was Krieg und Gewalt bedeuten, wird die Welt mit anderen Augen sehen. Die Erinnerung an jene Zeiten ist deshalb umso wichtiger, sie ist keineswegs rückwärts gewandt, verstaubt oder gar reaktionär: Nur wer begreift, was Krieg und Gewalt bedeuten, wird erkennen, dass sein Leben in unserem Land, das in Frieden mit seinen Nachbarn lebt und das die Menschenrechte wahrt, dass dieses Leben ein Geschenk ist. Ein Geschenk, das freilich auch eine Verpflichtung enthält. Ein Leben in Frieden und in Freiheit ist nicht selbstverständlich und muss immer wieder von Neuem erarbeitet werden, gestern, heute und morgen. Dass sich der stete Einsatz dafür lohnt, zeigt nichts besser als das Jahr 1989: „Wir sind das Volk“, skandierten Hunderttausende auf den Straßen Leipzig und sorgten mit ihrem Kampf für die Freiheit für den raschen Untergang der DDR.

Die bekannte Autorin Astrid Lindgren zog einst ein traurig-düsteres Resumée:
„Über den Frieden sprechen heißt über etwas sprechen, das es nicht gibt.“ Hoffen wir, dass Astrid Lindgren von den Handelnden dieser Welt eines nicht allzu fernen Tages widerlegt wird! Hoffen wir, dass Frieden und Freiheit die wichtigsten Schlagwörter werden, unter denen sich weltweit Menschen zusammenfinden - und Krieg und Gewalt auf dem Müllhaufen der Geschichte landen.
„Glück Auf“

Fotos © Jürgen Thoms
16.11.14 20:12:38

Autor:

Jürgen Thoms aus Unna

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