Internationaler Frauentag: Schieflage bei der Gleichstellung

Sabine Reucher ist seit Anfang des Jahres die neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Velbert und damit zuständig für die Frauenförderung. | Foto: PR
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Aktuelles Thema: Beruf und Pflege vereinbaren

Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Entstanden ist er im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen. Haben wir doch beides längst in Deutschland – oder etwa doch nicht?

Velbert. "Gleichberechtigung – mit Betonung auf Recht – haben wir erreicht, aber keine Gleichstellung von Frauen und Männern, da gibt es in vielen Bereichen noch eine Schieflage", sagt Sabine Reucher, seit Anfang des Jahres neue Gleichstellungbeauftragte der Stadt Velbert.
Mit dem Recht kennt sie sich aus, hat sie doch zuvor 27 Jahre in der Rechtsabteilung der Stadt gearbeitet. Zum 1. Januar ist sie zur Gleichstellungsstelle gewechselt. "Daran hat mich unter anderem gereizt, dass ich fachlich nicht weisungsgebunden bin. Das bedeutet, dass ich mir die Schwerpunkte selbst suchen kann", erklärt Reucher.

Frauen gezielt fördern

Das macht es ihr möglich, bedarfsgerecht zu arbeiten, und gezielt Frauen zu fördern und bestehende Ungerechtigkeiten abzubauen. Bei monatlichen Treffen tauscht sich Sabine Reucher auch mit den anderen Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Mettmann aus.
"Der Bedarf ändert sich stetig", sagt Sabine Reucher. "Die Kinderbetreuung haben wir ganz gut abgedeckt, dafür taucht jetzt zunehmend das Problem auf, zum Beispiel Beruf und die Pflege von Angehörigen unter einen Hut zu bekommen." Denn in den meisten Fällen sind es Frauen, die sich der Pflegesituation stellen, die Männer gehen weiter ihrem Beruf nach. Zwar hat der Gesetzgeber es einfacher gemacht, sich dafür vom Arbeitgeber freistellen zu lassen. "Dadurch kann sich aber auch ganz schnell eine Rentenlücke für die Frauen auftun", warnt die Gleichstellungsbeauftragte.
Die Zeiten, als ein Mann seiner Ehefrau verbieten durfte, arbeiten zu gehen, sind längst Geschichte. Doch beim Thema Berufstätigkeit tauchen auch heute noch viele Probleme auf: Immer noch werden vielfach Frauen bei gleicher Qualifikation schlechter entlohnt als Männer. Zudem nehmen für die Betreuung der Kinder meist die Frauen die Erziehungszeit in Anspruch oder sie sind es, die in Teilzeit arbeiten. So wird es dann noch schwerer, befördert zu werden oder gar in eine Führungsposition zu kommen.

Frauen in Führungsebenen eklatant unterrepräsentiert

Zum einen wird die Qualität der Arbeit von Teilzeitkräften oft generell schlechter beurteilt als die der Vollzeitkräfte, wie neue Studien zeigen, zum anderen sind Frauen immer noch in oberen Führungsebenen eklatant unterrepräsentiert. "Es gibt da so eine Art gläserne Decke", erklärt Sabine Reucher. "Frauen werden in höhere Positionen befördert, aber irgendwann geht es für sie im Gegensatz zu den Männern nicht mehr weiter."
Deshalb befürwortet Reucher die Frauenquote. "Aber nur als Anschub, um Frauen dabei zu unterstützen, Führungspositionen besetzen zu können", betont die Gleichstellungsbeauftragte.
In vielen Bereichen müssen wir auch unsere Wahrnehmung verändern. "Es ist erstaunlich wie unterschiedlich die Reaktion auf ein Foto der Familie auf dem Schreibtisch ist", sagt Sabine Reucher. "Bei einem Mann wird es eher positiv bewertet, bei einer Frau eher negativ." Ein Mann signalisiert mit einem Familienfoto im Büro eher Verantwortungsbewusstsein und Fürsorglichkeit, während einer Frau eher unterstellt wird, dass für sie die Familie immer vorgeht, und das unter Umständen Auswirkungen auf ihre Arbeitsleistung haben könnte. Es gibt also noch viel zu tun!
Weitere Themen in Sachen Gleichstellung sind zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Integrationsstelle, um Frauen mit Migrationshintergrund aus der Isolation zu holen, Wiedereinstieg in den Beruf, generell das Aufweichen von Geschlechterrollen, aber natürlich auch häusliche Gewalt oder sexuelle Belästigung. Hier bietet Reucher Beratungsgespräche an und gibt Informationen zu den entsprechenden Hilfsangeboten. "Zur Not gehe ich auch mit zur Polizei, wenn das für die Frauen alleine zu schwierig ist", sagt Sabine Reucher.

 Sabine Reucher, ist die Gleichstellungbeauftragte der Stadt Velbert, zu finden im Rathaus, Zimmer 171.
 Am 8. März ist Internationaler Frauentag und am 18. März "Equal Pay Day", der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen.
 Zum Weltfrauentag gibt es im März und April Veranstaltungen, wie den Frauenkabarett-Abend am 17. März mit Simone Fleck im Forum Niederberg. 

Autor:

Annette Schröder aus Bochum

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