Wohnungsgenossenschaften: "Wir fühlen uns an den Rand gedrängt"

Dominic Johannknecht von der Baugenossenschaft Niederberg: "Wir wollen die Wohnungspolitik in Velbert mitgestalten."
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Genossenschaften fordern von der Stadt Korrekturen in der Wohnungspolitik

Der "Velberter Verbund" der Wohnungsgenossenschaften beklagt eine Wettbewerbsverzerrung bei der Veräußerung städtischer Grundstücke, die verstärkt an die kommunale Wobau gingen, während die Genossenschaften seit etwa sechs Jahren immer weniger Zugang zu solchen Flächen hätten.

"Es ist ja nicht so, als ob wir auf Teufel komm raus bauen wollten", stellt Klaus Jaeger klar. "Doch der Wohnungsbau in Velbert findet ohne die Genossenschaften statt", so der Vorstandsvorsitzende des Spar- und Bauvereins weiter. Er und die Vorstände der Baugenossenschaft Niederberg (BGN) und der Vereinigten Baugenossenschaft in Neviges sähen sich nach vielen ergebnislosen Gesprächen mit dem Bürgermeister und auch den Ratsfraktionen gezwungen, diesen Standpunkt in die Öffentlichkeit zu tragen.
"Wir sind in diesen Gesprächen nicht auf taube Ohren gestoßen", sagt Manfred Hoffmann, Vorstandsvorsitzender der BGN. Die Reaktionen der Akteure bei der Stadt wären durchaus positiv bei den Vorstößen der Genossenschaften gewesen. Man habe immer wieder betont, dass man sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen könne – nur sei es bis heute nicht dazu gekommen.

Deutliche Korrekturen in der Wohnungspolitik der Stadt Velbert notwendig

In einer im Verbund aller drei Genossenschaften erstellten Presseerklärung heißt es: "Es gibt Gründe, die aus Sicht unseres Verbundes deutliche Korrekturen in der aktuellen Wohnungspolitik der Stadt Velbert notwendig machen. So besteht ein satzungsgemäßer Hauptzweck unserer Genossenschaften darin, die Wohnraumversorgung ihrer Mitglieder auch mittels Wohnungsneubau sicherzustellen. Durch den zunehmend erschwerten Zugriff auf öffentliche Grundstücks- und Entwicklungsflächen kann der Verbund diese Aufgabe seit längerem allerdings nur noch unzureichend erfüllen."
Die Stadt-Tochter Wobau habe dieses Problem nicht, an sie hätte die Stadt Velbert bereits 2015 städtische Grundstücke mit einer Größe von fast 40.000 Quadratmetern verkauft und 2016 wären noch einmal knapp 65.000 Quadratmeter von der Stadt an die Wobau veräußert worden. "Diese für die Stadtentwicklung wichtigen Grundstücke wurden weder unserem Verbund noch anderen Marktteilnehmern angeboten", heißt es in der gemeinsamen Erklärung weiter. Die Kritik der Genossenschaften richte sich nicht gegen die Wobau, sondern dagegen, dass im Wesentlichen nur das lukrative Bauträgergeschäft der Wobau ausgeweitet worden sei, also der Bau von für den Verkauf bestimmten Reiheneigenheimen und Eigentumswohnungen. "Eine Kommune sollte auch für seniorengerechtes Wohnen sorgen", sagt Stephan Schmidt, nebenamtliches Vorstandsmitglied des Spar- und Bauvereins. 
Dazu käme, dass die Grundstücke so weit unter Verkehrswert an die Wobau gegangen wären, dass man schon von "verschenken" sprechen müsse.

Stadt weist Vorwürfe zurück

Die Stadt weist die Vorwürfe der Wohnungsbaugenossenschaften zurück. "Die Grundstücke werden komplett bilanziert, sie werden nicht vergünstigt abgegeben", sagt Hans-Joachim Blißenbach, Pressesprecher der Stadt Velbert auf Nachfrage der Redaktion. "Es hat durchaus Gespräche gegeben, uns ist vonseiten der Genossenschaften Interesse bekundet worden, jedoch nur an Grundstücken in kleinerem Ausmaß", so Blißenbach weiter. Die Stadt sei daran interessiert, dass größere Bereiche realisiert würden, und das könnten die Wohnungsbaugenossenschaften nach eigenem Bekunden nicht leisten. Außerdem habe es sich teils um schwierig zu entwickelnde Grundstücke gehandelt.
Die Genossenschaften sehen sich jedoch durchaus in der Lage, größere Flächen zu entwickeln. "Wir können im Zusammenschluss auch größere Projekte in Angriff nehmen", betont Dominic Johannknecht, Prokurist der BGN. "Wir wollen die Wohnungspolitik in Velbert mitgestalten, und fühlen uns Velbert auch verpflichtet, indem wir für bezahlbaren Wohnraum sorgen."
Ein Beispiel für eine städtische Fläche, deren Entwicklung sowohl an den Genossenschaften als auch an anderen Marktteilnehmern vorbeigegangen sei, ist das Gelände des ehemaligen "Wasserturm-Sportplatzes" an der Kastanienallee: Hier hätten die Genossenschaften noch während der Bauleitplanung Interesse bei der Stadt bekundet, fanden hier jedoch keinerlei Berücksichtigung. Das attraktive Grundstück ging an die Wobau.

Städtische Grundstücke kommen gar nicht erst auf den Markt

"Angesichts dieser Erfahrungen müssen wir daher auch künftig davon ausgehen, dass weitere, für den Wohnungsbau vorgesehene städtische Grundstücke gar nicht erst auf den Markt kommen werden", fürchtet der "Verbund Velbert".
Dazu gehören in nächster Zeit das Areal im Bereich der Grundschule am Baum an der Fontanestraße, da die Schule in zwei Jahren geschlossen wird, und eventuell auch das Gelände der Stadtwerke Velbert, wenn es zu einer Standortverlagerung käme und das große Grundstück im Norden Velberts einer Bebauung zugeführt würde.
Dieses Ungleichgewicht müsse beendet werden, fordern die Genossenschaften. "Daher sprechen wir uns deutlich gegen die eingeschlagene Einbahnstraßenpolitik bei der Grundstücksveräußerungen aus und bitten, ja fordern sogar, eine konstruktive, frühzeitige Einbindung aller Marktteilnehmer für zukünftige Veräußerungsabsichten – und dies auf Augenhöhe und bei absoluter Chancengleichheit", heißt es abschließend vom Verbund.

Autor:

Annette Schröder aus Bochum

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