Bernd Störmer: Fast 64 Jahre jung und noch voller Tatendrang - ein Interview

Entspannt in die Zukunft ....
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Wenn alle Beamten dieser Gilde so nett und umgänglich wären, dann hätte die Behörde ein recht fettes Archiv mit Sympathiepunkten zu verwalten. Bernd Störmer, seines Zeichens Erster Polizeihauptkommissar, geht pünktlich zu seinem 64. Geburtstag in den Ruhestand. Oder Unruhestand?

Das ist zu vermuten, denn der äußerste fitte Senior hat viel vor in den kommenden Monaten und Jahren. Für Lokalkompass und den Weseler ging Störmer in sich und grübelte nach - über seinen Job und sein zukünftiges Privatleben.
"Da haben Sie mir aber eine nette Aufgabe gestellt!" - so reagierte der Hamminkelner nach der Sichtung unseres Fragenkatalogs.

Lesen Sie Bernd Störmers Antworten - hier und im Weseler.

Fünf Fragen - fünf (längere) Antworten

- Welche Gedanken beschäftigen Sie kurz vor dem Ruhestand?

Störmer: Ich freue mich natürlich auf den Ruhestand. Ab Januar hab ich damit mehr Zeit und Raum, mit meiner Frau zu verreisen. Deshalb haben wir uns einen gebrauchten Wohnwagen angeschafft, mit dem wir dann erst mal Deutschland erfahren. Hier gibt es so viele schöne Stellen und Orte, die wir uns immer schon mal ansehen wollten. Also genug Programm für die nächsten Jahre.

- Erklären Sie unseren Lesern bitte Ihren Beruf! Nicht fachtechnisch, sondern auf das abzielend, was er Ihnen bedeutet hat!

Störmer: Der Polizeiberuf, den ich mehr als 44 Jahre ausgeübt habe, ist wahnsinnig komplex und vielseitig. Rückblickend kann ich feststellen, dass es eine meiner besten Lebensentscheidungen war, als ich mich im Jahr 1970 für die Polizei entschieden habe. Der Beruf hat mir viel gegeben, egal in welchem Kernbereich ich tätig war. Jeden Tag neue Herausforderungen, Menschen in Problemlagen zu helfen, viele Möglichkeiten, etwas für die Allgemeinheit zu tun – egal ob bei der Bekämpfung der Kriminalität oder der Verhinderung von Verkehrsunfällen, sowie bei Einsatzangelegenheiten, zum Beispiel bei Demonstrationen oder Schützenfesten oder bei Karnevalszügen.
Natürlich gab es auch Situationen bzw. Sachverhalte, wo es mit Kommunikation allein nicht zu schaffen war. Man musste auch schon mal körperliche Gewalt ausüben, um Menschen in einem Bedrohungsszenario zu helfen und das Einsatzziel zu erreichen. Das gilt auch z. B. für Festnahmen nach Straftaten.

- Was haben Sie in Ihrer Laufbahn gut gemacht, was weniger gut?

Störmer: Diese Fragestellung ist von mir selbst so nicht zu beantworten – da müssen Sie andere fragen.
Ich habe jedenfalls immer versucht, alle durch den Dienst an mich gestellten Erwartungen zu erfüllen. Sei es bei der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung – Einsatz, Kriminalität, Verkehr oder das Wahrnehmen von Führungsverantwortung. Ich denke, das ist mir unter dem Strich insgesamt ganz gut gelungen.

- Wie erklären Sie das Besondere am Beruf des Polizisten?

Störmer: Es gibt eine Reihe von Besonderheiten im Polizeiberuf.
Von uns wird verlangt, dass wir sekundenschnell die richtigen Entscheidungen treffen.
Von uns erwartet jede Bürgerin und jeder Bürger, dass wir bei allen Lebenssachverhalten einschreiten bzw. helfen.
Es wird erwartet, dass Polizeibeamtinnen und -beamten keine Fehler machen. Es gibt keinen Sachverhalt, der mit einem anderen identisch ist und genau macht das den Reiz des Berufes aus. Es gibt keine Langeweile und man muss immer wieder neu – und das mehrmals am Tag – Entscheidungen treffen für die Menschen, mit denen man gerade zu tun hat. Dass so etwas nicht immer im Sinne aller Beteiligten ist, erklärt sich von selbst. Aber man kann in seinem Bereich viel für die Menschen tun, egal welche für die Betroffenen besonderen Lebenssachverhalte gerade zu regeln sind.

- Wie füllen Sie als typischer Tausendsassa sinnvoll Ihre künftigen Beschäftigungslöcher?

Störmer: Auch wenn ich bald nicht mehr zum Dienst gehen muss, hab ich noch genug Beschäftigung, die aber dann freizeitorientierter ausgerichtet ist.
Ich werde weiter als Dozent für Verkehrslehre an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Duisburg tätig sein und möchte zukünftig als Sachverständiger für ein Geschwindigkeitsmesssystem, dass von der Polizei und den Kommunen eingesetzt wird, arbeiten.
Darüber hinaus bin ich ja in Hamminkeln kommunalpolitisch bis 2020 im Rat und als einer der stellvertretenden Bürgermeister in der Verantwortung. In der übrigen Zeit bin ich meiner Familie (Ehefrau, 3 eigene Kinder, 8 Enkelkinder) verpflichtet. Ich glaube nicht, dass ich Langeweile haben werde.

Und hier das "Schlag-auf-Schlag-Interview" mit Bernd Störmer ....

- Freizeit

"Enkelkinder, Motorradfahren, Reisen, Sport."

- Polizei

"Der Beruf war für mich ein Glücksfall. Ich bleibe der Polizei noch ein bisschen erhalten, denn ich werde in der Behörde im Bereich der Pensionärsbetreuung mitarbeiten."

- Laienschauspiel

"Die Hamminkelner Heimatbühne hat es mir angetan. Ich freue mich auf das nächste Stück, dass wir im März 2015 aufführen werden. Die Proben sind sehr vielversprechend!"

- Politisches Handeln

"Mein Mandat möchte ich, solange es mir möglich ist, bis zum Ende der jetzigen Ratsperiode wahrnehmen. Das ist immer noch sehr interessant und spannend."

- Ehrlichkeit

"Ehrlichkeit ist ein hohes Gut, dem ich mich verpflichtet fühle. Lügen oder Vertuschen kann ich absolut nicht leiden!"

- Stellvertreteraufgaben

"Diese – wie ich finde verantwortungsvolle - Funktion bereitet mir sehr viel Freude. Die Zusammenarbeit mit unserem Bürgermeister ist absolut vertrauensvoll. Da er ja 2015 nicht mehr antritt, kann ich mir nur wünschen, dass dies auch mit dem neuen Bürgermeister so wird."

- Freunde

"Freunde sind gut und wichtig!"

- Facebook

"Kommunikationsplattform im sozialen Netzwerk, ein gutes Medium, schnell Informationen weiterzugeben und zu erhalten. Man muss da einfach ein bisschen mitmachen, aber es besteht auch die Gefahr, seine Privatsphäre fast vollständig aufzugeben."

- Nazis und Salafisten

"Null Toleranz. Radikalismus egal ob rechts, links oder mit dem Deckmantel der Religion ist vollkommen inakzeptabel und hat auch keine Berechtigung. Da müssen wir im Rahmen des Möglichen entgegenwirken. Wegschauen als Problemlösung ist kein probates Mittel. Zivilcourage ist hier gefordert."

- Kolleg(inn)en

"In 44 Jahren hat man eine sehr große Zahl von Kollegen und Kolleginnen kennengelernt und auch mit ihnen zusammen gearbeitet. Im Polizeiberuf ist es unabdingbar, sogenannte „Gefahrengemeinschaften“ mit den Kolleginnen und Kollegen zu bilden, um auch am Ende des Tages wieder heil nach Hause zu kommen. Wie oft gibt es Angriffe auf Polizeibeamtinnen und –beamten, die böse ausgehen können, wenn man in diesen Situationen alleine bestehen müsste."

- Rathaus

"Das Rathaus in Hamminkeln betrete ich mindestens alle zwei Wochen. Dort werden Fraktionssitzungen und Ausschuss- sowie Ratssitzungen durchgeführt. Aber auch das Bürgermeisterbüro muss ich wegen meiner Aufgabe als stellv. BM öfter mal aufsuchen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich bisher zu tun gehabt habe, sind sehr motiviert und hilfsbereit, wenn man Fragen oder sonstige Anliegen hat."

- Kommunikation

"Kommunikation ist für mich etwas sehr Wichtiges. Sich z. B. mit Anderen auszutauschen und miteinander reden zu können, ist in allen Lebenslagen eine unbedingte Voraussetzung, um an der Gemeinschaft teilhaben zu können. Kommunikation bedeutet Lebensqualität, Kommunikation ist die Basis des Zusammenlebens - ohne Kommunikation funktioniert keine Gesellschaft."

- Blitzmarathon

"Blitzmarathon ist ein wirksames Mittel zur Reduzierung von schweren Verkehrsunfällen. An den Tagen, an denen in ganz NRW, in der ganzen Bundesrepublik und demnächst auch europaweit, mit großem personellen Aufwand Kontrollen durchgeführt werden, sinkt die Anzahl der Verstöße, aber vor allem auch der schweren Verkehrsunfälle. Dank der intensiven Medienbegleitung müsste eigentlich jeder über die Örtlichkeiten der Kontrollen informiert sein und entsprechend langsam fahren. Diese Begleiterscheinung müsste aus meiner Sicht auch an jedem anderen Tag der Fall sein. Dann könnten wir erreichen, dass wir keine Toten mehr durch Verkehrsunfälle haben."

- Dorfleben

"Das Dorfleben wird immer liebens- und lebenswerter. Der bunte Blumenstrauß des Angebotes der Vereine gepaart mit ehrenamtlichem Engagement sind die Grundlagen dieser Entwicklung. Ob Sport, Kultur, Flüchtlingshilfe, Nachbarschaftshilfe, Projektinitiativen – alles trägt zu einem angenehmen Dorfleben bei. Wenn dann noch die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, lebt man gerne in diesem Dorf – so wie ich gerne in Hamminkeln lebe."

- Hausarbeit und Kochen

"Hin und wieder habe ich auch in der Vergangenheit schon vereinzelt Aufgaben im Haushalt übernommen und auch gekocht. Es gibt in unserer Familie eine große Liebe z. B. für Reibekuchen oder Endiviensalat untereinander. Wenn das auf dem Speiseplan steht, bin ich dran, von der Vorbereitung über die Zubereitung bis zum Aufräumen. Das macht mir viel Spaß. Die „hungrigen Mäuler“ danken es mir. Ansonsten überlasse ich meiner Frau das Kochen, weil die das unheimlich gut kann."

- Aufreger

"Aufreger gibt es hier und da, aber wenn man in meinem Alter ist, sollte das eigentlich nicht oft der Fall sein. Enttäuschungen gibt es natürlich manchmal, insbesondere dann, wenn das Gewünschte oder Erwartete nicht eintritt. Aber ich denke, das ist ganz normal im Leben."

- Vorurteile

"Grundsätzlich nein!"

- Musik

"Ich höre gerne und viel Musik. Es gibt so gut wie keine Einschränkungen, wobei meine Vorliebe bei der POP-Musik liegt. WDR 2 bringt aus meiner Sicht immer eine Mischung aus Oldies und neuen Stücken. Das gefällt mir sehr. Vereinzelt besuche ich auch mit meiner Frau zusammen Konzerte, zuletzt Udo Lindenberg."

- Generationenkonflikt

"Gibt es so etwas überhaupt? Richtig ist, dass es unterschiedliche Interessenlagen gibt und was dazu führt, dass man um seine Interessen streiten muss. Das führt aber nicht grundsätzlich zu einem Generationenkonflikt. Ich denke schon, dass es im Großen und Ganzen zwischen den Generationen funktioniert."

- Wunschdenken

"Ich würde mir wünschen, dass man mehr Miteinander hinbekommt. In vielen Lebensbereichen muss man heute für seine Position kämpfen, weil dieses Miteinander nicht existiert. So haben es z.B. junge Leute schwer, ihre Lebensplanung zu gestalten. Die Vielzahl der Jobs auf Zeit z.B. sind Gift für eine zuverlässige mittel- oder sogar längerfristige Zukunftsplanung. Unbefristete Beschäftigung schafft einfach mehr Sicherheit – hier müsste die „große Politik“ unbedingt tätig werden. Ein weiterer Wunsch wäre Abbau von Vorurteilen – insbesondere was Flüchtlinge und sonstige Benachteiligte anbelangt und damit mehr Menschlichkeit.

Steckbrief

Bernd Störmer,
geb. 14.12.1950 in Moers
verheiratet seit 04.08.1971 mit Ehefrau Bärbel, geb. Bartelt
3 Kinder - zwei Söhne eine Tochter
Keine Haustiere
Volksschule, Realschulabschluss, Abschluss Höhere Handelsschule
01.10.1970 Eintritt in die Polizei, Ausbildung, 1. Fachprüfung, 2. Fachprüfung
03.07.1977 Ernennung zum Kommissar
Juli 1977 Polizeistation Wesel – Wachdienstführer und Dienstgruppenleiter
1983 Fachlehrer an der Höheren Landespolizeischule in Münster
1884 Sachbearbeiter im Stab in Moers
1988 Leiter Einsatz und Verwendung bei der Polizeistation Wesel
1994 Leiter Hauptwache Polizeiinspektion Wesel
1997 Leiter Führungsstelle Polizeiinspektion Wesel
Seit 1998 Leiter Verkehrsdienst Kreispolizeibehörde Wesel

Das "Allerletzte"

Zusatzfrage: Was sagen Sie zum Weseler allgemein?
Störmer: Der Weseler ist eine Ergänzung zur Tageszeitung und hat oft gute und interessante Beiträge. Es könnten noch ein paar mehr in jeder Ausgabe sein! Dass Der Weseler kostenlos nach Hause kommt, ist eine nette
Begleiterscheinung.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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