Sarrazinsches Gedankengut im Weseler Stadtrat?

Bedenkliche Äußerungen im Weseler Stadtrat | Foto: toonpool.de/erl
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(ein Kommentar von Andreas Rohde)

Die meisten Wähler dürften glauben, man könne bei den verschiedenen Parteien im Weseler Rat auch feste politische Richtungen festmachen. Wer die letzte Ratssitzung verfolgte, rieb sich aber die Augen und traute seinen Ohren wohl kaum. Über Dinge, die gesagt wurden. Und über Schweigen aus einer Richtung, von der man lauten Protest hätte erwarten dürfen.

Aufhänger war das viel diskutierte Thema Gindericher Grundschule. Dazu hatten die PIRATEN via Bürgerantrag eine Idee eingebracht. Und zwar die, dass man prüfen solle, ob man nicht mit dem Zuzug weniger aus EU-Ländern stammenden Familien etwas an der demoskopischen Schülerknappheit ändern könne. Natürlich hatten die Antragsteller Gegenwind erwartet. Denn Lösungsansätze, die gleich mehrere Problembereiche übergreifend anzugehen versuchen, ist man nicht gewohnt. Und sobald es um Zuzug von Ausländern geht, braucht man ja auf Sprüche auf Stammtischniveau nie lange zu warten.

Natürlich war damit zu rechnen, dass irgendwer diese Prüfungsanfrage sofort überdramatisieren und aufgeblasen würde. Und so wurde aus der schlichten Prüfungsanfrage laut Herrn Hovest von der SPD eine Art Ausländerschwemme, die die PIRATEN dem kleinen Ginderich antun wolle. Und die Einladung weniger Familien (vielleicht 2-4) wurde zu einem menschen-verachtenden hin- und her Gekarre.
Das ist natürlich Unsinn. Aber man könnte das noch als dumpfe politische Polterei verstehen, die den Eindruck vermittelte, dass die SPD den Antrag entweder nicht gelesen oder nicht verstanden hat. Richtiger dürfte sein, dass man gar nicht verstehen wollte. So weit, so gewohnt.
Übrigens ging es nie darum, diese Familien aus fernen Ländern her zu holen. Die sind nämlich längst da. Nur kerkern wir sie heute noch lieber in Hochhausghettos wie in Duisburg ein, statt das mit der Integration endlich mal ernst zu nehmen.
So richtig fassungslos machte dann am Ende aber folgender Satz aus dem Munde des lokalen SPD-Chefs: „Wir wollen die hier nicht!“

Wie bitte?
Hat sogar die SPD es mittlerweile nötig, auf Stimmenfang am rechten Rand zu gehen? Wie steht eine SPD zum Schengen-Abkommen? Zur EU-weiten Freizügigkeit? Zu Asylfragen? Zu Integration?

Und wo war der Aufschrei der Linken im Weseler Stadtrat? Werden auch dort mittlerweile solche Äußerungen klaglos akzeptiert?

Ja, die nächsten Wahlen stehen an. Wir alle bekommen nun wieder diese netten Postkarten aller Parteien, in denen uns verkündet wird, wie wichtig doch unsere Meinung für die Absender ist. In Kürze werden in der Fußgängerzone auch wieder Rosen und grinsende Hochglanzgesichter verteilt. Aber Geschichten wie diese hier dürften noch mehr Wähler ratlos zurücklassen, denn wenn sogar die SOZIAL-Demokratische Partei Deutschlands jetzt schon so daher kommt, wer braucht dann noch Alternativen und Pro-Bewegungen? Ist etwa Sarrazinsches Gedankengut in der SPD viel weiter verbreitet, als man offen zugeben mag?

Ich bin gerade sehr ernüchtert. Und noch ein gutes Stück mehr in meiner Ratskandidatur motiviert. Denn ich möchte nicht, dass so etwas in unserem Stadtrat weiterhin unwidersprochen bleibt.

Autor:

Andreas Rohde aus Wesel

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