Streit um den verkaufsoffenen Sonntag / Drei Fragen an Wilhelm Bommann (Handelsverband)

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Für den Präsidenten des Handelsverbandes NRW, Michael Radau, ist die Sache klar: "ver.di greift den Handel an!", so konstatierte der Verbands-Chef kürzlich im Interview mit unserer Chefredaktion. Anlass für das Gespräch war der Streit um den Status quo der verkaufsoffenen Sonntage, der zwischen der Gewerkschaft und den Handelsvertretern ausgebrochen ist.

Hintergrund: ver.di klagt vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und will, dass verkaufsoffene Sonntage abgeschafft werden. Zum Schutz der Angestellten, so das Kardinalargument. Mancherorts versuchte die Gewerkschaft, per Eilantrag bereits genehmigte Veranstaltungen kippen zu lassen. Jüngstes Beispiel ist Duisburg, wobei die Düsseldorfer Richter die Klage jedoch ablehnten.

Tatsache ist: Die ver.di-Stoßrichtung passt dem Gewerbe überhaupt nicht! Das Gegenargument der Funktionäre: Verkaufsoffene Sonntage stärken den Handel in den Kommunen und sind von vielen Angestellten absolut gewollt.

Was steht der Handelsverband Niederrhein zu dieser Debatte?
Wir befragten den HV-Hauptgeschäftsführer Wilhelm Bommann zum Thema.

Redaktion: Wie ist Ihre Position zu den Sonntagsöffnungen?

Bommann: Basis für die Sonntagsöffnungen ist das Ladenöffnungsgesetz NRW und dieses erlaubt, auf der Grundlage eines Anlasses, bis zu vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr. Es sei erwähnt, dass es diese Sonderregelung seit vielen Jahrzehnten gibt.
Als Verband werden wir, wie andere Organisationen (z.B. Kirchen und Gewerkschaften) auch, zu den jeweiligen Anträgen auf verkaufsoffene Sonntage angehört. Unsere Stellungnahme bezieht die aktuelle Rechtslage ein und dies bedeutet, dass jeweils ein Stadt- oder Stadtteilfest dem Antrag zugrunde liegt. Ebenso wissen wir aus der Vergangenheit wie stark diese besucht werden und können somit sehr gut abschätzen, dass ein hohes Publikumsinteresse vorliegt. Nicht unerwähnt möchten wir lassen, dass die Anträge ausnahmslos die Hauptgottesdienstzeiten beachten, was heißt, dass die Verkaufszeiten am Sonntag hauptsächlich ab 13.00 Uhr beginnen, manchmal ab 12.00 Uhr.
Fazit: Die Verkaufssonntage sind zulässig und die jeweiligen Anlässe (z.B. Stadtfest) werden vom Einzelhandel auch als eine Art Leistungsschau genutzt.

Redaktion: Braucht der Handel mehr verkaufsoffene Sonntage?

Bommann: Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage ist, wie gerade erwähnt, auf max. 4 begrenzt. Wenn man das Gesamtinteresse des Einzelhandels berücksichtigt, und dies müssen wir, dann ist eine Begrenzung auf vier Verkaufssonntage pro Jahr konsensfähig. Es bleibt den lokalen Akteuren überlassen, ob sie den gesetzlichen Rahmen ausschöpfen.

Redaktion: Bestünden auch andere Möglichkeiten, den Einzelhandel zu stärken?

Bommann: Verkaufsoffene Sonntage sind eine Möglichkeit, sich als Einzelhandel zu präsentieren. Wenn man das Interesse des Verbrauchers sieht, dann nimmt er sehr gerne dieses Servicezusatzangebot in Anspruch.
Meine Fragen in diesem Zusammenhang: Warum beteiligen sich örtliche Vereine oder kirchennahe Gruppen an den Stadtfesten? Wer besucht eigentlich die Stadtteilfeste und warum? Welcher Leser hat noch nie ein Stadtfest mit einem verkaufsoffenen Sonntag besucht? Warum sind unsere Autobahnen Richtung Holland am Sonntagmittag so voll? Warum haben Online Shops am Sonntagnachmittag den höchsten Bestelleingang? Welche Bevölkerungsgruppen arbeiten auch am Sonntag und dann fast jeden?

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Wilhelm Bommann hat weitere Anmerkungen zum aktuellen Streit.

Er fügt an: "An hohen kirchlichen Feiertagen dürfen die Geschäfte nicht geöffnet werden (Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Allerheiligen, Totensonntag, 1. und 2. Weihnachtstag). Auch der 1. Mai genießt einen Sonderstatus, an dem nicht geöffnet wird. In familiengeführten Handelsunternehmen stehen die Inhaber selbst im Laden. Die eingesetzten Mitarbeiter kommen gerne und der Einsatz beruht in der Regel auf Freiwilligkeit. Der Einsatz am Sonntag wird besonders vergütet. Die Betriebsräte in mitbestimmten Handelsunternehmen bestimmen mit und sind in die Entscheidung, ob geöffnet werden darf, somit eingebunden.

Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber ist gefordert, über den Sinn oder Unsinn der Anlassbezogenheit von verkaufsoffenen Sonntagen nachzudenken und er sollte baldmöglichst dafür Sorge tragen, einen Konsens herzustellen. Dieser ist unbedingt erforderlich, damit wieder Rechtssicherheit herrscht."

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Bei Facebook fragten wir die User der Gruppe "Lokalkompass Wesel und Umgebung" nach ihrer Meinung. Lesen Sie hier die Antworten.

Katrin Domke: "Ich brauche die nicht wirklich. Jeder hat sechs Tage die Woche Zeit um shoppen zu gehen, da brauch ich nicht sonntags in zwei stunden los zu gehen. Außerdem sind die Geschäfte dann eh nur rappelvoll alle Parkplätze sind belegt und jeder scheint schlechte Laune zu haben im Gedränge. Weiter finde ich, dass die Verkäufer/innen unter der Woche schon lange genug arbeiten und sicherlich auch gerne einen gemütlichen Tag mit der Familie oder der Couch verbringen möchten."

Christian Schnitzler: "Ich arbeite selbst im Einzelhandel und habe das "Glück", auch an verkaufsoffenen Sonntagen nicht arbeiten zu müssen. Trotzdem finde ich verkaufsoffene Sonntage persönlich für mich wichtig. Von Montag bis Samstag müssen überwiegend alle arbeiten und so kann man den verkaufsoffenen Sonntag dazu nutzen, sich einen schönen Nachmittag mit der Familie zu machen, da sonntags die meisten Menschen Zeit haben und nicht arbeiten müssen. Außerdem haben dann die Geschäfte nur 5 Stunden geöffnet, was für alle Verkäufer und Verkäuferinnen annehmbar scheint, da man bei guter Einsatzplanung dafür sorgen kann, dass die Mitarbeiter die sonntags arbeiten unter der Woche einen anderen freien Tag bekommen."

Elke Becker: "Brauch ich nicht, habe immer schon alles zu normalen Zeiten bekommen, auch als die Läden um 18.30 und Samstag um 13 Uhr zu hatten - auch ganztags berufstätig."

Stephan Hens: "Verkaufsoffene Sonntage sind für mich ein Grund zu Hause zu bleiben oder woanders hinzufahren. Ich brauch das nicht."

Peggy Wolf: "Man hat 6 Tage in der Woche Zeit einkaufen zu gehen - da muss man es nicht noch am Sonntag."

Ulrich Richartz: "Der Sonntag ist gemeinsame freie Zeit für die Familie. Verkausoffene Sonntage brauche ich nicht. Einen Tag Ruhe in der Woche an dem möglichst viele gemeinsam frei haben. Außerdem wird ja auch nicht mehr Geld ausgegeben. Denn sein Geld kann man nur einmal ausgeben. Und die Geschäfte haben heute schon lange genug auf."

Susanne Blunk: "Brauche ich nicht - zumal diese verkaufsoffenen Sonntage aufgrund der Menschenmengen eher dazu dienen, mir schlechte Laune zu bereiten! Mit "gemütlich shoppen" oder "Zeit für die Familie" hat das eher weniger zu tun! Stadtfeste sind toll, die Geschäfte können dabei meinetwegen geschlossen bleiben!"

Daniel Buteweg: "Man sollte es schon dem Einzelhandel überlassen wie er seine Öffnungszeiten auslegt. Beim verkaufsoffenen Sonntag kommt es nicht zwangsläufig zu Mehrarbeit, weil oftmals Aushilfen ,die Lücke füllen'. Der ohnehin schon durch die Konkurrenz aus dem Netz gebeutelte Händler kann so an Attraktivität gewinnen."

Wolfgang Spychalski (erklärt für die Weseler SPD): Wir halten vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr für durchaus tragbar! Man muss ja immer einen Kompromiss finden, der auch die Sonntagsruhe und die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt!" In so fern könne man gut mit der bestehenden gesetzlichen Regelung leben.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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