TTIP - Heimliches Regierungshandeln gehört heute zum Standard

Der Publizist Dr. Werner Rügemer aus Köln war Dienstagabend Gast im Haus am Dom in Wesel. Er referierte vor mehr als 30 Zuhörern zum Thema „Arbeitsrechte verteidigen: Freihandelsabkommen zwischen USA und EU stoppen!“ Eingeladen hatte ihn das neu gegründete Bündnis „TTIP Unfairhandelbar Wesel“, dass sich aktiv gegen das, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, geplante Freihandelsabkommen engagiert.

Werner Rügemer hatte vor einigen Wochen einen Aufruf zum Widerstand aus Arbeitnehmer-Perspektive formuliert, um Gewerkschaften auf die besonderen Gefahren des Transatlantischen Handels- und Investitions-Abkommen (TTIP) hinzuweisen.

Zu Beginn seines Vortrages ging er auf die geschichtlichen Hintergründe und auf das seit 20 Jahren bestehende Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (NAFTA) ein. Auch bei diesem Abkommen hatte man anfangs Wohlfahrtsgewinne versprochen. Nach 20 Jahren sind die Ergebnisse jedoch ernüchternd: Während der Handel und der Kapitalverkehr um ein vielfaches anstieg, nahmen prekäre Beschäftigung und Massenarbeitslosigkeit massiv zu.

Das TTIP soll die Marktregeln im zukünftigen transatlantischen Wirtschaftsraum harmonisieren und Hindernisse beseitigen. Aber wie sieht es mit den Arbeitnehmerrechten aus? In den USA herrschen gegenüber den EU-Staaten deutlich schwächere Sozialstandards. Die USA haben 6 der 8 ILO-Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert. Darunter fallen die Koalitionsfreiheit, also auch das Recht der Beschäftigten, sich frei zu organisieren und die Gleichbezahlung von Mann und Frau. Rügemer meint daher „Wenn es um Arbeitnehmerrechte geht, sind die USA ein denkbar schlechter, ja ein gefährlicher Verhandlungspartner.“ In einem gemeinsamen Markt würden die Unterschiede zu weiterem Druck auf Arbeitsrechte und gesicherte Arbeitsverhältnisse und zu einem Lohnunterbietungswettbewerb unter den entwickelten Industrieländern führen. Deshalb forderte er den Stopp der Verhandlungen zur transatlantischen Freihandelszone!

Ebenfalls kritisierte Rügemer die Geheimhaltung der Verhandlungen. Nicht einmal die Abgeordneten des Europaparlamentes sind informiert. In der Bundesrepublik entwickelt sich seit der Finanzkrise eine Kultur der Geheimpolitik. So wurden die Rettungspakete für die Banken ebenfalls niemals öffentlich verhandelt. Sein Resümee: „Heimliches Regierungshandeln gehört heute zum Standard“

Den Investoren aus dem jeweiligen Ausland soll es innerhalb des TTIP erlaubt sein, geheim tagende, mit privaten Anwälten besetzte Schiedsgerichte anzurufen, wenn sie ihre Gewinne durch neue Gesetze gefährdet sehen. Sollte es zu einem Prozess kommen, sind die Nationalstaaten den großen kapitalkräftigen Konzernen ausgeliefert. Mögliche Entschädigungszahlungen übernehmen dann natürlich die Steuerzahler.

Zum Schluss seines Vortrages ging Rügemer auf die geopolitische Motivation des Freihandelsabkommens ein. Das TTIP ist nur eines von vielen solcher Abkommen, die gegenwärtig nervös verhandelt werden. Es geht um Zusammenarbeit und Konkurrenz zwischen der EU, den USA, dem pazifischen Raum und gleichzeitig gegen die Hauptgegner China und Russland.

Für das Bündnis „TTIP Unfairhandelbar Wesel“ war es eine gelungene erste Veranstaltung. Weitere Aktionen sind noch vor den Europawahlen geplant. Das nächste Treffen findet am Mittwoch, den 16. April 2014 um 19.30 Uhr im Weseler Arbeitslosenzentrum statt.

Autor:

Klaus Kubernus-Perscheid aus Wesel

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