Als die Herren "tankten" - Abschluss der Ruhr-Geschichten / Ilse Wupper schrieb

Das Bild zeigt Ilse Wupper mit einer Freundin im selbstgenähten "Stranddress". | Foto: privat
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Zum heutigen Abschluss der Ruhr-Geschichten nimmt uns Ilse Wupper mit in eine längst vergangene Zeit und beschreibt ihre vielfältigen Erinnerungen an den Fluss.

"Wir waren immer gern an der Ruhr! Besonders in den Ruhrwiesen nahe dem Wehr zum Schwimmen und Sonnenbaden. Unsere´Strandkleidung´ hatten wir uns damals selbst genäht, man konnte ja nichts kaufen. Jedoch eines Tages sahen wir im Wasser am Wehr ein totes Schaf. Seit dem Tage aber sind wir dort nicht mehr geschwommen.
Jahre später, schon nach der Währungsreform, sahen wir dort an der Ruhr eine Gruppe Männer, es war´Vatertag´. Diese Männer hatten gut getankt. Sie ließen sich bei Steger übersetzen. Einem der Herren schlug im Rhythmus der Ruderschläge das Jackett durch das Wasser, ob seine Frau sich wohl gefreut hat?

Als wir noch zur Schule gingen, warnte uns unser Rektor davor, im Winter auf dem Spiek Schlittschuh zu laufen, aber einige unserer Jungen hielten sich nicht daran. Soviel ich weiß, ist einer ertrunken.

Unglück im Freibad bei Kraushaar

Ich kann mich auch noch gut an das Freibad bei Kraushaar erinnern. Dort stand eine riesengroße Rutsche, die auch eifrig benutzt wurde. Ein Mädchen wollte auch gern ins Wasser rutschen und - ich weiß nicht wie - ist dann mit dem Gesicht aufgeschlagen. Als wir sie dann später wiedersahen, waren alle Zähne (oder was noch davon übrig war) vergoldet und leuchteten in der Sonne.

Vom Strandbad aus sind wir auch gern auf die andere Seite geschwommen und bis zum Viadukt gelaufen, um dann wieder zurückzuschwimmen. Viele Jahre später gab es dort auch ein Café, das gut angenommen wurde; aber das liegt auch schon ungefähr 60 Jahre zurück.

Als die Möhnetalsperre gesprengt wurde

Auch die Auswirkungen der Möhne-Katastrophe (Sprengung der Talsperre im Mai 1943, d. Red.) haben wir zum Teil miterlebt. Wir waren eine Gruppe von Mädchen aus Bommern, die nach Witten zur Schule gingen. Eines Morgens kam eine Schwester vom DRK und erzählte uns von der Möhne-Katastrophe und, dass wir Bommeraner wohl nicht mehr nach Hause gehen könnten, aber wir konnten beim DRK bleiben, eventuell auch übernachten. Aber wir wollten doch lieber nach Hause und machten uns auf den Weg. Als wir bei der Schüppen Fabrik Bredt (heute Café del Sol) ankamen, lief das Wasser schon über die Straße. So stiegen wir in der Gasstraße auf den Bahndamm und gingen über die Schienen Richtung Bommern. Als wir auf dem Viadukt waren, sahen wir die ganze Bescherung. Tote Tiere trieben im Wasser, das Dach eines Hühnerstalles mit Hühnern obenauf wurde vorbeigetrieben, das Wasser kochte und brodelte und ich dachte, hoffentlich hält der Viadukt.

Später wurde ich evakuiert und sah dann mal einen Jungen, der bei der Katastrophe unter einem Stacheldrahtzaun hergetrieben worden war. Er hatte eine lange Narbe auf dem Rücken, vom Hals bis zum Po. Dies sind ja nun keine schönen Erinnerungen, aber vielleicht interessiert Sie das ja auch."

Autor:

Thomas Meißner aus Witten

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