Wer will noch ´nen Cent?

Ein- und Zwei-Cent-Münzen machen die Hand schnell voll. Gebraucht werden sie jedoch kaum. Fotos: Florian Peters
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  • Ein- und Zwei-Cent-Münzen machen die Hand schnell voll. Gebraucht werden sie jedoch kaum. Fotos: Florian Peters
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"Es war früher ein oft gehörter Spruch: Wer den Pfennig nicht ehrt ist des Talers nicht wert“. Der Pfennig heißt seit 2002 Cent, die kleinsten Münzen der Währung sind von Ehre weit entfernt. Im Gegenteil: dem Kleingeld droht das „Aus“. Die Tage für Ein- und Zwei-Cent-Münzen scheinen gezählt.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, hält die Ein- und Zwei-Cent-Münzen für entbehrlich. „Ich glaube, dass diese kleinen Münzen verzichtbar sind”, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zuvor solle man aber testen, ob die Bürger dazu bereit seien. „Vielleicht freuen sich die Leute ja, wenn sie weniger im Portemonnaie kramen müssen.”
Auch die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, sprach sich für einen Verzicht auf die beiden kleinsten Cent-Münzen aus. Der Handel habe das Problem selbst verursacht, sagte sie der Mediengruppe: „Er hat es bei der Preisgestaltung in der Hand, auf diese ´krummen´ Summen zu verzichten.”
In Kleve am Niederrhein haben sie im Februar diesen Schritt getan. Viele dortige Einzelhändler haben Münzen aus ihren Kassen verbannt. Stattdessen wird die Endsumme auf dem Kassenbon auf Fünf-Cent-Beträge auf- oder abgerundet werden. Grund sei, dass die Abwicklung der Zahlvorgänge mit Kleingeld zu teuer geworden sei, ließ der dortige Händlerzusammenschluss erklären.

Wie geht man in Witten mit dem Thema um?

Wie geht man in Witten mit diesem Thema um? Fragen an den ersten Vorsitzenden der Standortgemeinschaft Witten Mitte, Karl-Dieter Hoeper.
Gibt es hier ähnliche Überlegungen wie in Kleve?
Nein, dieses Thema steht bei uns aktuell nicht auf der Tagesordnung. Es ist auch nicht abzusehen, wann wir uns damit beschäftigen, weil uns ganz andere Dinge auf den Nägeln brennen. Wir müssen beispielsweise zusehen, dass wir zum Thema „Weihnachtsbeleuchtung“ ein neues Konzept für dieses Jahr erarbeiten, da sind Änderungen von Nöten. Dann haben wir die Gespräche mit der Stadt zum Zustand der Zufahrtsstraßen auf der Agenda. Diese sind an vielen Stellen bekanntlich in einem desolaten Zustand. Da steht der Cent bei uns hinten an.
Wie stehen Sie persönlich zur Frage der Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
Die könnten tatsächlich abgeschafft werden! Den psychologischen Effekt des Preises von 1,99 Euro zu zwei Euro gibt es zwar, er hat allerdings nicht mehr so die Bedeutung wie früher. Und vom tatsächlichen Sparen her: Wieviele Produkte müsste man wohl kaufen, um mit Beträgen von einem oder zwei Cent die Summe von etwa zehn Euro vollzumachen?

Die meistgeprägten Münzen im Euro-Raum

Fakt ist, dass die die Ein- und Zwei-Cent-Stücke mit weitem Abstand die häufigsten im Euro-Raum sind. Insgesamt sind nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) mehr als 31 Milliarden Ein-Cent-Münzen und gut 24 Milliarden Zwei-Cent-Münzen im Umlauf. Das entspricht fast der Hälfte aller überhaupt im Euro-Raum in Verkehr gebrachten Geldstücke. Dennoch entfällt auf sie nur drei Prozent des gesamten Münzwertes: Insgesamt knapp 800 Millionen Euro.
Gleichzeitig sind die Kleinstmünzen zum Bezahlen allerdings nur bedingt geeignet. Parkschein- oder andere Automaten nehmen sie meist nicht an. Die Zeiten, in denen es an der Trinkhalle Süßigkeiten für solche Summen zu kaufen gab, sind praktisch vorbei. Ein Großteil des Kleinstgeldes landet deshalb rasch im Abseits, wird zuhause inrgendwo gehortet. Hat sich dort eine größere Menge angesammelt, ist es manchmal gar nicht so einfach, sie wieder loszuwerden. Denn nach der Verordnung über die Einführung des Euro sind Geschäfte und Gaststätten nicht verpflichtet, bei einer einzelnen Zahlung mehr als 50 Münzen anzunehmen. Will man sie zur Bank bringen, müssen sie zuvor eingerollt werden. Die Bundesbank tauscht in ihren Filialen für Privatpersonen Münzen in beliebiger Stückzahl kostenfrei in Banknoten um.

"Kleine Münzen sind der größte Blödsinn"

Der Lokalkompass Witten hat sich in der Innenstadt bei den Bürgern umgehört: Wie stehen die Wittener zum möglichen Entfall der Ein- und Zwei-Cent-Münzen? Die eindeutige Mehrheit der Befragten spricht sich für die Abschaffung aus. Bodo Ohm ist Standinhaber auf dem Wittener Wochenmarkt und meint: "Bei 2,43 Euro nehm ich 2,40. Die kleinen Münzen sind der größte Blödsinn. Ich muss die alle zur Kasse bringen und dann bekomme ich das Geld nur auf der Karte, nicht bar. Dabei brauche ich das Geld doch beim Einkaufen."
Auch Kioskbesitzer Cem Caparogullari schließt sich an: "Das braucht kein Schwein, nur beim Pfand und da könnte man auch aufrunden. Ich hab´die Dinger kistenweise." Dem Großteil der Wittener scheint die möglicherweise bevorstehende Abschaffung also recht zu kommen.

"Ein Euro statt 99 Cent ist doof"

Wiktor Ustarbowski gibt allerdings zu bedenken: "Wenn alles teurer werden würde und statt 99 Cent dann einen Euro kostet ist das auch doof."
Ozan Soydan ist hin- und hergerissen: "Im Grunde finde ich die Abschaffung gut, aber nur wenn man dadurch einem guten Zweck helfen kann. Transparenz ist mir sehr wichtig und wenn sich der Staat daran bereichern würde, fände ich das schlecht. Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass jeder das so machen können soll, wie er will."

"20 Cent? Völlig überflüssig!"

Thomas Hühn meint zu dem Thema: "Abrunden ist problematisch. Ein-Cent-Münzen brauchen wir in Deutschland schon noch - zum Wechseln. Aber Zwei- und 20-Cent sind vollkommen überflüssig, dafür hat man ja Ein- und Zehn-Cent."
Das Thema bleibt demnach umstritten, die Tendenz der Wittener geht jedoch in Richtung Abschaffung. Ob Witten in Zukunft auch auf das Kleinstgeld verzichtet, ist unklar. Einige Befürworter gibt es jedenfalls und auf der anderen Seite steht fest, dass viele von den kleinen Münzen genervt sind.

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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