Inklusion in Hagen

Am 11. März 2013 hielt die Koordinatorin für Inklusion im Schulamt für die Stadt Hagen - die Sonderpädagogin Henrike BECKENBACH - im Zentrum für schulpraktische Lehrerbildung Hagen einen Vortrag zur Inklusion in Hagen. Dieser, durch eine Powerpoint-Präsentation unterstützte Vortrag, führte die - vielleicht unkundige - ZuhörerInnenschaft sehr schön in das Thema Inklusion ein. Bei der Frage: "Was meint 'Inklusion?'" erläuterte die Referentin die Entwicklung hin zur Inklusion, die sich von der Exklusion - und das meint den vollkommenen schulischen Ausschluss Behinderter -, über die Separation - und hier werden die vormals Ausgeschlossenen in Sondereinrichtungen oder Sonderschulen "artgerecht" gehalten, denn dafür gibt es ja die sonderpädagogische Fachrichtungen (Körperbehinderten-, Geistigbehinderten-, Lernbehinderten-, Sehbehinderten-, Blinden-, Sprachbehinderten-, Schwerhörigen-, Gehörlosen-, Erziehungsschwierigen-, Sprachbehinderten- und Krankenpädagogik; und gemäß Annedore PRENGEL (2010, 9) ist "Separation in der Kindheit [...] gesellschaftlich folgenreich, weil die wichtige Chance nicht wahrgenommen wird, die kulturell verankerte Abwehr als fremd und bedrohlich aufzulösen - beispielsweise gegenüber Menschen des anderen Geschlechts, gegenüber Menschen mit Behinderungen oder mit anderem soziokulturellen Hintergrund") - und die Integration - im Prozess der Integration müssen sich die verbesonderten Menschen den Gegebenheiten des allgemeinen Systems bzw. der Allgemeinen Schule anpassen und wenn sie das nicht schaffen, dann sind sie Integrationsverlierer - vollzieht. Inklusion bedeutet nun eine Änderung des Systems. So muss sich beispielsweise die Allgemeine Schule in so verändern, damit behinderte SchülerInnen sie barrierefrei besuchen können. Inklusion zielt somit auf Barrierefreiheit - und das in alle Richtungen! Für die Inklusive Pädagogik sind nach Annedore PRENGEL (2010, 2) ganz spezielle Hinsichten der Gleichheit grundlegend:
- "Inklusive Pädagogik sieht Kinder als Gleiche an hinsichtlich ihrer Grundbedürfnisse nach ausreichender Nahrung, nach feinfühliger Bindung an eine verlässliche erwachsene Bezugsperson, nach gleichberechtigten Beziehungen in den Gleichaltrigen-Gruppen, nach freier Bewegung und reicher geistiger Anregung.
- Inklusive Pädagogik sieht Kinder als Gleiche an hinsichtlich ihres Rechts auf Bildung sowie weiterer grundlegender Rechte.
Diese Gleichheitshinsichten, Bedürfnisse und Rechte, die alle Kinder gemeinsam haben, sind vor allem in [...] (der UN-Behindertenrechtskonvention - CR) verbrieft [...]. Auf der Basis einer solchen Gleichheit eröffnet Inklusive Pädagogik eine Perspektive, in der die Verschiedenheit der Kinder in den Vordergrund kommt."
Einen Punkt habe ich in der Aufzählung BECKENBACHs jedoch sehr vermisst. Vermisst habe ich die Extinktion, die Auslöschung Behinderter. In ihrer Rede hat BECKENBACH diesen zwar kurz eingebracht, ist aber nicht näher darauf eingegangen, wohl weil nicht sein kann was nicht sein darf. Aber darf die Extinktion, mal ganz abgesehen von Schwangerschaftsunterbrechungen, Tötung Behinderter durch Liegenlassen (vgl. Einbecker Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht (DGMR) zu den Grenzen ärztlicher Behandlungspflicht bei schwerstgeschädigten Neugeborenen (1986/1992); URL: http://www.uk-koeln.de/dgmr/empfehlungen/empf1.shtml [Download: 13.03.2013]) o. ä., wirklich nicht sein? Ich denke da jetzt für den schulischen Bereich an die Sekundarstufe II: Was leistet hier die Inklusion? Will eine gymnasiale Oberstufe der Allgemeinen Schule überhaupt Behinderten das Abitur ermöglichen? Das Abitur verleiht den Behinderten ja dann auch Macht, die sie dann im Sinne der Inklusion und gegen die vorhandenen Barrieren einsetzen können! Ist diese Macht dann nicht u. U. eine Gefahr für die Sonderpädagogik, die gegenwärtig ja das Thema Inklusion bearbeitet und sich dann doch lieber irgendwann um ihre Behinderten kümmern will. Zur Erinnerung: Henrike BECKENBACH, die Vortragende, ist Sonderpädagogin und Koordinatorin für Inklusion! Wo ist die Allgemeine Pädagogik, die sich der Inklusion widmet? Will die Allgemeine Pädagogik Inklusion oder dann doch lieber die Extinktion, nur eben auf subtilere Art und Weise, d. h. Inklusion wird bis zum Abschluss der Sekundarstufe I durchgeführt und dann folgt die Integration Behinderter in für sie hergerichtete Sondersysteme der beruflichen Bildung und am Ende in Sonderarbeitsmärkte für Behinderte?! Man könnte diese Form der beruflichen Integration Behinderter in einen Sonderarbeitsmarkt meiner Meinung nach auch soziale Extinktion nennen. Endet so die Inklusion in Hagen?

Literatur:
PRENGEL, Annedore: Wie viel Unterschiedlichkeit passt in eine Kita? Vortrag auf dem Fachforum: Von einer Ausländerpädagogik zur inklusiven Frühpädagogik ? Neue Anforderungen an frühpädagogische Fachkräfte. München, 29.06.2010.

Autor:

Dr. Carsten Rensinghoff aus Witten

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