Harter Kern Xanten MC

Von rechts: Präsident des MC "Harter Kern Xanten", Boe (Selbständiger Installations- und Heizungsbaumeister) und sein Vize, Ludger (LKW Fahrer)
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Eine „Kutte“ verändert den Charakter nicht

Kameradschaft und Respekt liegen uns am Herzen

Ich bin zu Gast im Clubhaus des Motorradclubs „Harter Kern Xanten“, um die Jungs näher kennenzulernen, die nicht überall erwünscht und hin und wieder Ziel polizeilicher Maßnahmen sind, oft auch von „normalen“ Bürgern abgelehnt werden. Was ist dran an der oft negativen Charakterisierung der Gemeinschaft? Sind es die Tätowierungen einiger Mitglieder, deren Ausmaß teilweise über das Verständnis einiger Menschen von Normalität hinaus geht, sind es die „Kutten“, welche einigen „normalen“ Menschen Angst machen, wenn sie in Rudeln auftreten oder ist es die Tatsache, dass der „Harte Kern“ auf dem Weg ist, sich den „Bandidos“ anzuschließen?
Ich begegne fünf Männern, Boe, Lutz, Nick, Markus und Stefan die von Beginn an eigentlich keinen gefährlichen Eindruck auf mich machen. Alle kommen soeben von der Arbeit. Fernfahrer und Vizepräsident Lutz hat sogar noch seinen Arbeitsplatz vor dem Grundstück stehen, einen dicken Hundertzwanzigtonner. Boe, der Präsident ist selbständiger Installateur- und Heizungsbaumeister, Nick, der Schriftführer Rettungsassistent, Stefan, der Schatzmeister ebenfalls Fernfahrer und Markus, ebenfalls selbständiger Installateur- und Heizungsbaumeister, ist für die Getränke im Clubhaus zuständig. Sie sind froh, Feierabend zu haben und stehen mir nun noch Rede und Antwort, bevor sie nach Hause zu ihren Familien fahren; denn alle leben in einer Partnerschaft und die meisten von ihnen haben auch noch Kinder zu Hause, die sich auf Papa freuen.
2012 lernten sie sich bei einer Veranstaltung kennen, die jedes Jahr behinderten Menschen etwas Besonderes bietet, eine organisierte Ausfahrt mit an die zweihundert Motorrädern, Trikes und Gespannen und anschließendem Grillfest. „Wir hatten, wie alle Teilnehmer, Spaß daran“, so Boe, „den Menschen mit Handicap eine Freude zu bereiten“. Da sich alle gut verstanden, trafen sie sich des öfteren und beschlossen schließlich, einen Motorradclub zu gründen. „Viele von uns waren Zeitsoldaten“, erklärt der Präsident, „und haben dort Kameradschaft und Zusammenhalt kennengelernt“. Auf diese Faktoren kam es ihnen auch bei der Gründung an. Sie machten gemeinsame Ausfahrten, mieteten eine kleine Halle im Gewerbegebiet als Clubheim und trafen sich regelmäßig dort, um zu feiern, zu grillen oder einfach nur zu quatschen. „Wir sind eigentlich ein Kameradschaftsverein“ bestätigt Lutz Boes Ausführungen. Neben Kameradschaft und Zusammenhalt ist ihnen Respekt wichtig, nicht nur untereinander, sondern auch Außenstehenden gegenüber. „In der heutigen Zeit“, sind sich Boe und Lutz einig, „hat Respekt leider längst nicht mehr den Stellenwert in der Gesellschaft, der ihm normalerweise zukommen sollte“. Viele können sich das nicht vorstellen. „Ich erinnere mich“, resümiert einer der Fünf grinsend, „Ich war in Wesel in der Post und wartete in der Schlange, als ich eine ältere Dame mit Rolator vor der Tür stehen sah. Als ich zur Tür ging, um sie der Dame aufzuhalten, schauten mich die anderen aus der Schlange nur verständnislos an“. „Man wird schnell in eine Schublade gesteckt“, pflichtet Boe bei, „sobald man eine Kutte trägt. Wenn man dann noch mehr als übers Normalmaß hinaus tätowiert ist, hat man seinen Ruf weg“. „Niemand von uns ist je straffällig geworden“, versteht der Präsident die negative Haltung vieler Menschen nicht “und man kann keinen Streit mit uns bekommen“. Wie er versichert, könnten sich das die meisten wegen ihrer Jobs auch gar nicht leisten, zumal viele selbständig sind und einen Ruf zu verlieren haben.
Bei ihren offenen Abenden sind Außenstehende immer herzlich willkommen, um sich selber ein Bild zu machen. Viele waren schon dabei, die ihre Meinungen über „Kuttenträger“ revidieren mussten und nun zu den regelmäßigen Gästen zählen.
Warum sie sich den Bandidos anschließen werden, will ich wissen, während ich von meiner Cola trinke, richtig….Cola; denn es gibt nicht nur alkoholische Getränke beim HKX, schließlich muss man ja noch fahren. So begnügen sich auch die Fünf mit alkoholfreien Getränken. Natürlich trinkt man auch gerne mal was Richtiges; aber alles zu seiner Zeit. Auch Drogen sind verpönt. Boe: „Ich rauche ja nicht mal normale Zigaretten“.
Die Antwort auf meine Frage ist ganz einfach: „Die Bandidos sind das, was wir im Kleinen sind, im Großen - eine Kameradschaft, die sich über Europa und die Welt erstreckt. Dabei ist es egal, welchen Beruf oder wie viel Geld der Einzelne hat. Man ist eine große Familie.
Ich jedenfalls konnte mich davon überzeugen, dass nicht Kleider Leute machen, sondern der Charakter und über den kann ich bei den Jungs vom „Harten Kern“ nichts Negatives sagen. Das wird sich meines Erachtens auch mit einer anderen Kutte nicht ändern.

Randolf Vastmans

Autor:

Randolf Vastmans aus Xanten

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