Billigware Hund

Die kleine Malteserhündin wurde aus schlechter Haltung befreit.
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„Es war ein furchtbares Bild“, erinnert sich Brigitte Strojnowski und drückt die kleine Malteserhündin fest an sich. Tierschutz in Arnsberg ist nichts für schwache Nerven.

Grob vernachlässigt, fast kahl, Wolfskralle in die Haut gewachsen, Nahrungsaufnahme wegen verfaulter Zähne nicht mehr möglich. Die Krallen waren so lang, dass die Hündin nicht mehr laufen konnte. So oder so ähnlich sah der Bericht aus, den Brigitte Strojnowski zu den Akten des Tierschutz HSK legte. Und die Akten stapeln sich: „Ich bin seit 14 Jahren ehrenamtliche Tierschützerin“, sagt die Hüstenerin, die selbst vier Hunde bei sich aufgenommen hat, „aber so viele Hunde, die von ihrem Besitzer in den letzten zwei Jahren verstoßen worden sind, gab es noch nie!“
Vor dem Gesetz ist der Hund eine Sache. Damit ist skrupellosen „Vermehrern“ Tür und Tor geöffnet, denn sie wissen: Hunde sind in unserer Zeit nicht selten ein Partner- und/ oder Kinderersatz, ein Statussymbol und eine Möglichkeit, um Macht auszuüben.
Gerade in den letzten Jahren hat der Handel mit der Ware Hund ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen. Rassehundewelpen werden aus Osteuropa eingeschleust, viel zu früh von der Mutter getrennt und häufig lebensbedrohlich krank.

HartzIV-Leistungen mit Hundezucht aufgebessert

Ein aktuelles Beispiel, das die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zog, ist das Zoogeschäft Zajac in Duisburg. Auch hier werden seit kurzem Rassehundewelpen angeboten. Die Hundewelpen sitzen in der wichtigsten Phase ihres Lebens in Glaskästen, Verhaltensauffälligkeiten sind hier vorprogrammiert. Doch Tierschützer haben keine rechtliche Handhabe, theoretisch könnte jedes Zoogeschäft Hunde verkaufen.
Hunde ohne Sinn und Verstand zu vermehren ist auch im Sauerland ein Thema. In Neheim-Hüsten sind Fälle bekannt, in denen HartzIV-Empfänger sich die Sozialleistungen regelmäßig mit dem Verkauf von Welpen aufbessern. „Teils wird selbst drauf los gezüchtet, teils werden die Hunde aus dem Urlaub mitgebracht“, weiß Brigitte Strojnowski, „wir hatten sogar mal einen Fall, da wurden Staffordshire-Terrier Welpen in einer Garage gehalten. Das Band, mit dem sie angebunden waren, war an der Decke befestigt und so stramm, dass sie kaum Luft bekamen. Die Hunde waren sterbenskrank, überall war Blut.“
Der Grund für den Kauf eines Welpen vom Hundevermehrer ist häufig eine Mischung aus Mitleid und Geiz. Ein Rassehund aus einer seriösen Zucht kostet im Durchschnitt 1.300 Euro, beim Hundevermehrer sind die Tiere für weniger als die Hälfte zu haben.
Doch auch hier muss man unterscheiden: Genauso wenig wie nicht jeder Hund aus einer Hobbyzucht verhaltensauffällig und krank ist, sind Hunde aus einer seriösen Zucht nicht immer gesund und unproblematisch. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Nicht umsonst bietet der Verband für deutsches Hundewesen (VDH) Genetik-Kurse für zukünftige Hundezüchter an.

Überall war Blut

Die Anschaffungskosten sind eine Sache, Unterhalt und Zeitaufwand eine andere. „Hunde werden abgegeben, weil schon alleine das Geld für Impfungen und Wurmkuren fehlt. Das Hauptproblem ist, dass sich die Leute ihrer Verantwortung nicht bewusst sind. Sie schaffen sich einen Hund an, machen sich aber keine Gedanken darum, dass sie viel Zeit und Geld in das Tier investieren müssen“, so Strojnowski weiter. Die Tierschützerin musste jüngst einen Hund zurücknehmen,“weil er kein Männchen machen konnte.“ Besonders schlimm: Der Großteil der Hunde wird abgegeben, weil sie alt sind und Medikamente brauchen. Die Vermittlungschancen für ein altes Tier tendieren gleich Null. Die Tierheime in Iserlohn und Soest sind dermaßen überfüllt, dass Hunde ab fünf Jahren gar nicht erst aufgenommen werden. Unweigerlich stellt sich demzufolge die Frage: Was passiert mit einem Hund, dessen Halter ihn unbedingt los werden will? Erst im vergangenen Jahr berichtete der Wochen-Anzeiger über einen Border-Collie, der von einem Tierarzt eingeschläfert worden ist, weil seine Besitzerin keine Lust und keine Zeit mehr hatte, sich um das neunjährige Tier zu kümmern. Der Fall landete vor Gericht.
Um so etwas zukünftig zu vermeiden, sucht Brigitte Strojnowski händeringend Pflegestellen für ihre Schützlinge. Die Kosten für Futter und Tierarzt übernimmt der Tierschutz. Interessenten können sich melden unter Tel. 02932/ 36190.

Autor:

Manuela Lieflaender aus Menden (Sauerland)

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