Gegen das Vergessen

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Als im Jahr 1912 die Rheinische Provinzial Heil- und Pflegeanstalt feierlich eröffnet wurde, ahnte niemand, dass nur 28 Jahre später Patienten, die der Fürsorge der Klinik überantwortet worden waren, grausam ermordet werden sollten.

100 Jahre Rheinische Kliniken - das Jubiläum wird in diesem Jahr gefeiert. 100 Jahre Rheinische Kliniken - in die-se Zeitspanne fällt auch die Nazi-Herrschaft. Am Montag wurde an die Patienten erinnert, die mitleidlos ermordet wurden.
Daran erinnerte zunächst Dr. Marie Brill, leitende Ärztin der Rheinischen Kliniken. Zuvor war musikalisch an die vielen Opfer erinnert worden, formten Töne das Grauen, das Schaudern, die Angst und das Entsetzen, das die Patienten erleben mussten. Kantor Friedhelm Olfen ließ das Weinen und Seufzen der Opfer bis in die letzte Ecke der Klinikkirche kriechen.

Grafeneck heißt die Anstalt in Baden-Württemberg, 60 Kilometer von Stuttgart entfernt, die als erste von den Nazis konfisziert und zur reibungslos funktionierenden Tötungsmaschinerie wurde. Thomas Stöckle, Leiter der Gedenkstätte Grafeneck, machte die ganze Tragweite unmenschlichen Handelns in nüchternen Worten deutlich. Enteignung von Grafeneck, die Auswahl der zum Töten Beschäftigten, Ärzte, Kriminalpolizei, Innenministerium - die Bürokratie hatte alles fest im Griff. Die Bevölkerung wurde auf das Undenkbare eingeschworen: „Hier trägst Du mit - Ein Erbkranker kostet bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres 50 000 RM“ war auf einem der unsäglichen Plakate zu lesen. „Der ganze Vorgang war hochgradig administrativ“, so Stöckle. Am 18. Januar 1940 wurde die erste Ermordungsaktion in Grafeneck durchgeführt. Es sollten viele weitere folgen. Insgesamt wurden 10 654 psychiatrische Patienten ermordet.

Die Schauspieler Crischa Ohler und Sjef van der Linden erinnerten mit einer szenischen Lesung an Anne Lenkering, eine junge Patienten aus Bedburg-Hau, die in Grafeneck ermordet wurde. „Wegschauend, nicht wissenwollend, minderwertig, wertlos, nutzlos“ - Worte als Mahnung und Erinnerung. Die Erinnerung an eine Zeit, in der die Menschlichkeit kein Zuhause mehr hatte.

Autor:

Annette Henseler aus Kleve

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