"Hiob" in den Kammerspielen aufgeführt

Mendel Singer (Michael Schütz, rechts) mit seinem Sohn Menuchim (Jana Schulz). | Foto: Hupfeld
  • Mendel Singer (Michael Schütz, rechts) mit seinem Sohn Menuchim (Jana Schulz).
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Dramatisierungen bekannter Romane haben zurzeit Hochkonjunktur. Der belgische Dramaturg Koen Tachelet hat eine Bühnenfassung von Joseph Roths Roman „Hiob“ erarbeitet, die nun in den Bochumer Kammerspielen aufgeführt wurde.
Schon der Titel verweist auf das unglückliche Schicksal der Hauptfigur Mendel Singer. Als einfacher jüdischer Lehrer lebt er mit seiner Familie im Russland des beginnenden 20. Jahrhunderts.
Unter seinen vier Kindern ist der an Epilepsie erkrankte Menuchim – fabelhaft dargestellt von Jana Schulz. Über den richtigen Umgang mit diesem Kind kommt es zu Konflikten zwischen Mendel (Michael Schütz) und seiner Frau Deborah (Irene Kugler).
Menuchims Geschwister empfinden das kranke Kind als Belastung und versuchen gar, es zu töten.
Um seine Tochter Mirjam, deren unersättliches erotisches Begehren Mendel quält, auf den rechten Weg zurückzubringen, entschließt er sich zur Auswanderung nach Amerika, auch wenn dies bedeutet, Menuchim zurücklassen zu müssen.
In Amerika verliert Mendel auf tragische Weise seine Familie. Er kann in dieser Situation nicht länger an seinem Glauben festhalten und fällt von Gott ab.
Am Ende steht eine ans Wunderbare grenzende Wende. Menuchim, der verloren geglaubte Sohn, sucht Mendel auf. Der Sohn ist von seiner Krankheit geheilt. Er, der schon als Kind äußerst sensibel für Klänge gewesen ist, hat im Bereich der Musik eine bemerkenswerte Karriere gemacht.
In den Kammerspielen gelingt es, auch dieses Ende ohne Rührseligkeit auf die Bühne zu bringen. Vor einem spartanischen Bühnenbild agiert das hervorragende Ensemble.
Regisseurin Lisa Nielebock setzt auf die Kraft der Dialoge und gibt dabei Einblicke in ein oft schmerzhaftes Beziehungsgeflecht.
Inhaltlich geht es um die Frage, wie der Mensch ertragen kann, was kaum zu ertragen ist, wobei Mendel Singer das Unglück durch seine starre Glaubensauffassung noch verschlimmert. Am Ende gelingt es ihm, sich trösten zu lassen.
Roth veröffentlichte seinen Roman 1930. Sieht man seine Geschichte des jüdischen Künstlers Menuchim, so denkt man natürlich an die vielen jüdischen Kunstschaffenden, die von den Nationalsozialisten in die Emigration gezwungen worden sind. Viele von ihnen sind heute fast vergessen. Auch an sie erinnert Menuchim.
„Hiob“ bietet einen großen Theaterabend, der auch emotional berührt.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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