Zwei junge Regisseurinnen zeigen mit „Das Kind“ eine Adaption von Marguerite Duras' Roman „Der Liebhaber“ in der Bakery im Kunstkiez Bärendorf
Mit feministischem Blick

Katharina Frölich und Elena Ubrig nehmen das weibliche Erwachsenwerden in den Blick. | Foto: zwanzigfuenfzehn
  • Katharina Frölich und Elena Ubrig nehmen das weibliche Erwachsenwerden in den Blick.
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„Wir haben diesmal nicht Silvester gefeiert“, erzählen die Regisseurinnen Katharina Frölich und Elena Ubrig – und sind darüber offenkundig nicht unglücklich. Schließlich hat ihre gemeinsame Arbeit „Das Kind“, eine Adaption des Romans „Der Liebhaber“ von Marguerite Duras, am 7. Januar Premiere – die Vorbereitungen haben in den letzten Wochen viel Zeit und Energie gebunden. Für Theaterfans gibt es allerdings einen Wermutstropfen: Nicht nur die Premiere, sondern auch die drei Folgevorstellungen sind bereits ausverkauft.

Mitte November 2019 haben die Proben begonnen. „Die Idee ist uns bereits im September gekommen“, erinnern sich die beiden Nachwuchsregisseurinnen, „und wir haben uns zunächst intensiv mit dem Roman beschäftigt. Da keine Stückfassung existiert, haben wir selbst eine Version für die Bühne erarbeitet.“
Die beiden Regisseurinnen sind schon seit Längerem Mitglied des Kollektivs „zwanzigfuenfzehn“ (zfz), das eine Regiewerkstatt betreibt, die es dem Nachwuchs erlaubt, eigene Inszenierungen unter professioneller Anleitung zu realisieren und ein weitverzweigtes Netzwerk zu nutzen. Zum Kernteam gehört die renommierte Regisseurin und Theaterpädagogin Clara Nielebock. „Wir waren beide schon vorher Mitglied bei zwanzigfuenfzehn und haben an den Produktionen in verschiedenen Funktionen mitgearbeitet. Wir sind an das Kernteam mit unserem Wunsch, Duras' Roman auf die Bühne zu bringen, herangetreten und haben viel Unterstützung erhalten“, freuen sich Katharina Frölich und Elena Ubrig.

Emanzipatorische Schrift einer Frau

Dass die beiden Regisseurinnen gerade diesen Stoff gewählt haben, hat einen besonderen Grund: „Der Roman wird sehr unterschiedlich gelesen. Während wir ihn als feministischen Text verstehen, hat Jean-Jacques Annaud in seiner Verfilmung fast einen Softporno daraus gemacht. Für uns ist 'Der Liebhaber' die emanzipatorische Schrift einer Frau und erzählt die Geschichte dezidiert aus ihrer Perspektive. Es geht um das weibliche Erwachsenwerden.“ - Da scheint es nur konsequent, dass Frölich und Ubrig ihre Adaption nicht „Der Liebhaber“, sondern „Das Kind“ nennen.
Duras erzählt in „Der Liebhaber“ ihre eigene Geschichte. Ubrig und Frölich haben diese Rolle mit Marlene Unterfenger besetzt. „Sie spielt sowohl die junge als auch die ältere Marguerite Duras. Die Rolle des Liebhabers haben wir dagegen bewusst nicht besetzt, da er in unserer Lesart nicht zu viel Raum einnehmen soll“, erläutern die Regisseurinnen ihr Inszenierungskonzept.

Leben in der französischen Kolonie Indochina

„Der Liebhaber“ spielt in der französischen Kolonie Indochina, dem heutigen Vietnam. „Der Kolonialismus“, wecken Katharina Frölich und Elena Ubrig die Neugier der Zuschauer, „spiegelt sich auch in unserem Bühnenbild.“ Auf diese Weise soll auch die rassistische Grundstruktur der dargestellten Gesellschaft transparent gemacht werden.
Wie bei zfz üblich, spielt auch der Raum, in dem die Theateraufführung stattfindet, eine große Rolle. So wurden Genets „Die Zofen“ im ehemaligen Toilettenhäuschen am Stadtpark, das heute von der Kortumgesellschaft genutzt wird, auf die Bühne gebracht. „Das Kind“, gefördert vom Kulturbüro der Stadt Bochum, kommt nun in der Bakery im Kunstkiez Bärendorf, der ehemaligen Zwiebackbäckerei an der Hattinger Straße, auf die Bretter, die die Welt bedeuten. „Der Raum ist sehr spannend. Bislang ist er hauptsächlich für Konzerte und Lesungen genutzt worden“, sehen die beiden Regisseurinnen der Premiere erwartungsvoll entgegen, denn: „Wir sehen in der Kooperation mit dem Kunstkiez auch die Chance, die freie Kulturszene in Bochum weiter zu vernetzen.“

Termine und Infos
- „Das Kind“ ist am 7., 10., 11. und 12. Januar in der Bakery im Kunstkiez Bärendorf, Hattinger Straße 218, zu sehen. Alle Vorstellungen sind bereits ausverkauft.
- Informationen zum Netzwerk „zwanzigfuenfzehn“ gibt es auf: www.zwanzigfuenfzehn.net.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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