Dämpfer für die Rechtsentwicklung
Abschiebeandrohung gegen Alassa M. rechtsunwirksam

Gratulation für Alassa für seinen erfolgreichen Kampf gegen die jüngste Abschiebeandrohung! | Foto: privat Ulrich Achenbach, Bochum
  • Gratulation für Alassa für seinen erfolgreichen Kampf gegen die jüngste Abschiebeandrohung!
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Verwaltungsgericht Sigmaringen kippt Abschiebeandrohung für kamerunischen Flüchtling

Ich berichte aus einer Pressemitteilung (Quelle rf-news.de vom 17.09.21). Im August 2021 erhielt der Flüchtling Alassa M. eine Aufforderung vom Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF, binnen einer Woche Deutschland zu verlassen, sonst würde er nach Kamerun abgeschoben! Alassa M. ist Flüchtlingsaktivist und Mitbegründer des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität, Auszubildender und beliebt unter seinen Kollegen und Freunden. Er wurde öffentlich bekannt durch seinen Einsatz für die Flüchtlinge im Erstaufnahmelager Ellwangen, wo er gegen den brutalen Polizeieinsatz klagte und obsiegte. Damit war er selbstverständlich dem BAMF (und auch dem Innenminister Seehofer) ein Dorn im Auge.

Eine Welle der Solidarität entwickelte sich. Über 100 Solidaritätserklärungen gingen bei Alassa und dem Freundeskreis Flüchtlingssolidarität ein. Mehrere Protest- und Solidaritätsaktionen auf der Straße fanden statt, auch das in Gelsenkirchen stattgefundene Rebellische Musikfestival protestierte und solidarisierte sich mit ihm (A. hat eine Ausbildungsstelle in Gelsenkirchen) Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität, von A. mitgegründet, gewann neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Frage der Flüchtlingsrechte und die Forderung nach dem Recht auf Flucht bekam zusätzliche gesellschaftliche Relevanz.

Die Anwaltskanzlei Meister & Partner in Gelsenkirchen legte gegen die Abschiebeandrohung des BAMF sofort eine Beschwerde beim zuständigen Verwaltungsgericht Sigmaringen (Eilantrag) ein und konnte am 17.08.21 mitteilen, dass die Abschiebeandrohung vom VG Sigmaringen gestoppt wurde.

"Am heutigen 17. September wurde uns der Beschluss der 10. Kammer des VG Sigmaringen (A 10 K 2382/21) zugestellt. Er ordnet auf Kosten des BAMF den Stopp der Abschiebungsandrohung[1] an, da das BAMF zu Unrecht den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Der Gerichtsbeschluss stellt eklatante Verfahrensverstöße des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fest", hieß es aus der Rechtsanwaltskanzlei. 

Mit diesem Urteil hat die Rechtsentwicklung in Deuschland einen deutlichen Dämpfer erlitten, besonders das nach rechts gerückte Innenministerium unter Minister Seehofer. Dies ist ein bedeutender Erfolg im Kampf um Flüchtlingsrechte und bedeutsam für die jetzige Politik der Abschottung von Flüchtlingen im Zusammenhang mit Afghanistan und Ergebnis der breit gefächerten und vielfältigen Solidarität mit dem wohl bekanntesten Repräsentanten der selbstorganisierten Flüchtlingsbewegung.  In der Begründung des Gerichtsbeschluss heißt es völlig zu Recht:

Es bestehen ... ernstliche Zweifel, ob dem Antragsteller keine Verfolgung und keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Und weiter: Zudem war im vorliegenden Fall eine persönliche Anhörung des Antragstellers geboten, die jedoch nicht durchgeführt wurde. ... Die besondere Bedeutung der Anhörung im Asylverfahren führt grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids, wenn die Anhörung nicht während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird. Die Anhörung dient als asylrechtliche Verfahrensgarantie der effektiven Durchsetzung des materiellen Rechts, indem sie dem Antragsteller die Gelegenheit verschafft, mit den zuständigen Behörden ... effektiv zu kommunizieren ... Eine zu Unrecht unterlassene Anhörung führt als Verfahrensfehler grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids.

Damit ist bewiesen, dass die Ablehnung des Asylantrages von A. offensichtlich politisch motiviert war und bei der Entscheidung des BAMF verfahrensfremde Gründe eine Rolle spielten.

Einer der Hauptgründe für die Abschiebeandrohung war sehr wahrscheinlich die Klage von A. Alassa gegen Verantwortliche von EU, Frontex und der Bundesregierung beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder gegen das Land Baden-Württemberg wegen der Polizeiattacke auf die Flüchtlinge in der LEA Ellwangen 2018.

Die Bekämpfung der Flüchtlinge in der EU (auch Deutschland ist eingeschlossen) anstatt der Fluchtursachen scheint immer mehr in den Vordergrund zu rücken. Das beweist schon die Einstufung von immer mehr Ländern als "sichere Herkunftsländer", obwohl dort Terror- und Unrechtregime herrschen.

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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