Ein jüdisches Mädchen aus Bochum: Das Tagebuch der Susi Schmerler

Susi Schmerler im Jahr 1938.
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Hubert Schneider beleuchtet Lebensweg eines jüdischen Mädchens von Bochum bis nach Israel

Sie wollte, dass ihr Tagebuch und ihre Briefe nicht vernichtet werden, dass die Erinnerung an ihre Eltern und ihren kleinen Bruder niemals verloren geht: Susi Schmerler, als 15-Jährige am 28. Oktober 1938 bei der so genannten "Polenaktion" mit ihrer Familie aus Bochum nach Polen abgeschoben, gelang 1939 die Ausreise nach Palästina. Ihre Eltern und ihr siebenjähriger Bruder kamen in Polen um.
Der Bochumer Historiker Hubert Schneider, Vorsitzender des Vereins "Erinnern für die Zukunft", hat nun das Tagebuch, das Schmerler zwischen 1939 und 1941 schrieb, erstmals in einer kommentierten Form herausgegeben - ergänzt durch Briefe und zahlreiche autobiographische Texte. Herausgekommen ist ein Buch, in dessen Zentrum das Schicksal der Bochumer Familie Schmerler steht und das in einem größeren Kontext versucht, die Geschehnisse rund um die "Polenaktion", die sich morgen zum 80. Mal jährt, in Bochum zu rekonstruieren. Dazu zieht Schneider auch Zeitzeugenberichte, etwa von Ottilie Schoenewald, heran.

Bochumer Juden im Nationalsozialismus

Mit dieser Publikation legt er den letzten Teil einer biografisch angelegten Trilogie zur Verfolgung der Bochumer Juden in der Zeit des Nationalsozialismus' vor.
"Das Tagebuch hat teilweise fast literarische Qualitäten", unterstreicht Hubert Schneider, dass das erhalten gebliebene Schriftstück mehr als nur eine historische Quelle ist. "Es gewährt Einblicke in das Innenleben eines noch halben Kindes, das sich alleine in einer fremden Umwelt zurechtfinden muss, gequält von den Sorgen um die Eltern und den kleinen Bruder", erläutert er. Umso bemerkenswerter, dass sie dabei dennoch ganz genau das Weltgeschehen beobachtet und reflektiert.
Susi Schmerler, die durch ihre Ausreise nach Palästina dem Holocaust entging, blieb nach dem Krieg dort und lebte den Rest ihres Lebens in Israel. Dort nannte sie sich Schulamith. Schneider lernte sie kennen, als sie gemeinsam mit ihrem zweiten Mann 1995 für eine Woche zu Gast in Bochum war. Sie folgte mit 49 anderen Überlebenden der alten Bochumer jüdischen Gemeinde einer Einladung der Stadt Bochum, die auf Initiative des Vereins „Erinnern für die Zukunft“ zustande gekommen war. In der Folge entspannte sich ein reger Briefwechsel - nach ihrem Tod 2002 auch mit ihrem Mann. Bei einer Reise nach Israel 2005 übergab ihr Ehemann Jochanan Nadir Schneider das Tagebuch seiner Frau sowie alle Briefe und Postkarten, die Susis Eltern aus dem polnischen Exil in Zbaszyn an die Tochter geschickt hatten, bevor sie als "verschollen" galten. Hinzu kamen viele Briefe und Aufzeichnungen seiner Frau aus ihrem späteren Leben. Auch ihm war daran gelegen, dass die Erinnerung lebendig bleibt.

Buchvorstellung im Bochumer Stadtarchiv

Vorgestellt wird das Buch am Dienstag, 30. Oktober, um 18 Uhr im Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte – Stadtarchiv, Wittener Straße 47. Eine zweite Vorstellung findet am Freitag, 16. November, um 19 Uhr beim VVN-Bund der Antifaschisten, Rottstraße 30, statt. 

Hubert Schneider: Das Tagebuch der Susi Schmerler, eines jüdischen Mädchens aus Bochum, Lit-Verlag Münster, ISBN: 978-3-643-14170-5. 

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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