Geldverschwendung - Stadt will nutzlosen P+R-Platz für mehr als 13 Mio. bauen

Leerer P+R-Platz | Foto: Sebastian Ballard
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Rückblende 2016: Auf dem P+R-Platz auf dem Gelände des ehemaligen Möbelhauses Unger an der A43/ Herner Straße verlieren sich bei Zählungen der Stadt nur 25-30 Fahrzeuge (Mitteilung 20152247). Der Platz ist fast leer. 17 Monate lang nutzt den P+R mit eigentlich 220 Stellplätzen kaum jemand.

Trotzdem die U35 vom P+R-Platz in die Innenstadt in der Hauptverkehrszeit aller 6 Minuten pendelt, war der Parkplatz unattraktiv. Es fehlt in der Innenstadt nicht an günstigen Parkplätzen. Es gibt keinen Grund für Shoppingbegeisterte oder Berufspendler mit dem Auto zu einer U35-Haltestelle zu fahren, dort zu parken und dann mit der Stadtbahn in die Fußgängerzone oder zur Arbeitsstelle zu fahren.

Am Ende war der P+R-Platz leider ein Flopp. Folgerichtig stellte die Stadt das Experiment Ende Februar 2016 ein.

Die Stadt Bochum ist allerdings nicht dafür bekannt aus Fehlern zu lernen. Also plant die Verwaltung nun einen neuen P+R-Platz, diesmal ein paar Anschlussstellen weiter südlich, ebenfalls an der A43. Die Anbindung soll wieder mit der U35 erfolgen, diesmal allerdings im 12-Minuten-Takt (Mitteilung 20161239). Das Ziel ist das gleiche, Innenstadtbesucher und Berufstätige sollen bis zum P+R fahren und dann auf die U35 wechseln, um damit in die Fußgängerzone oder zur Arbeitsstelle zu fahren.

Diesmal ist der Bau eines ganz neuen P+R-Platzes geplant. Dazu soll das Landschaftsschutzgebiet zwischen Tierheim und A43 großzügig asphaltiert werden. Der von der Stadt beauftragte Gutachter schlägt 805 Stellplätze vor, jeder für 5.000 Euro (Auszug Gutachten). Zu den 4 Mio. für die Stellplätze kommt ein Umbau der Universitätsstraße inklusive neuer Ampelanlage für Auf- und Abfahrt zum P+R und eine umfangreiche Beschilderung. Im Rahmen der Verlängerung der U35 setzt die Stadt weiterhin 8,75 Mio. Baukosten für die neue Haltestelle an, deren Bau exklusiv für den P+R-Platz erforderlich ist (Kalkulation gemäß Gutachten). Insgesamt sollen also deutlich über 13 Mio. Euro in den P+R-Platz fließen.

Dafür sollen durch den P+R-Platz rund 5% mehr Fahrten auf der U35-Verlängerung erzeugt werden. Wie die Erfahrungen vom P+R-Platz an der Rensingstraße zeigen, fehlt für diese Annahme allerdings jede Grundlage. Es gibt keine Hinweise darauf, dass den 13 Mio-P+R-Platz eine signifikante Zahl von Autofahrern nutzen wird. Das Umsteigen auf die U35 am P+R ist mit Warte- und Umstiegszeiten von mind. 10 Minuten verbunden. Für eine Person kostet die Fahrt mit der U35 in die Innenstadt derzeit hin und zurück 5,40 Euro, für zwei Erwachsene 10,00 Euro (4-Fahrten-Ticket). Für 5,40 Euro kann man 4 Stunden in der Innenstadt direkt unter der Fußgängerzone parken, für 11 Euro sogar 24 Stunden. In den Parkhäusern P6 und P7 am Hauptbahnhof betragen die Kosten sogar nur 4 Euro (4 Std,) bzw 6 Euro (24 Std.). Knappheit an Parkraum besteht selbst an Weihnachtswochenenden kaum. Es gibt in Bochum keinen Grund, statt in der Innenstadt zu parken einen P+R-Platz an der A43 zu benutzen. Auch für die Mitarbeiter der neuen Vonovia-Zentrale gibt es beispielsweise keine Veranlassung den P+R-Platz zu nutzen. Das Unternehmen asphaltiert das gesamte Gelände rund um die neue Zentrale, um mehr als genug Stellplätze für alle Mitarbeiter anbieten zu können.

Warum will die Stadt aber mehr als 13 Mio. für einen P+R-Platz ausgeben, für den nachweislich kein Bedarf besteht? Für die geplante Verlängerung der U35 fehlt es an möglichen Fahrgästen. Gemäß dem von der Stadt beauftragten Gutachten erzeugt die U35-Verlängerung nur 1.310 bis 1.850 Fahrten pro Werktag, ohne P+R wären es sogar nur max. 1.760. Bei solch geringem Bedarf stünden Nutzen und Kosten in keinem Verhältnis. Der P+R-Platz ist erforderlich, damit zumindest rein rechnerisch auf der Verlängerung ein Fahrgastbedarf erzeugt wird, der das Projekt U35-Verlängerung förderfähig erscheinen lässt.

77,2 Mio. veranschlagt die Stadt für die U35-Verlängerung. In diesen Kosten bereits enthalten ist die für den P+R-Platz erforderliche Haltestelle an der A43. Anders als zu vermuten ist in den 77,2 Mio. allerdings nicht der Bau des eigentlichen P+R-Platzes und dessen Anbindung an die Universitätsstraße enthalten (Ausschnitt Gutachten). Bei den im Gutachten vorgeschlagenen 805 Parkplätzen ist mit weiteren Kosten von rund 5 Mio. zu rechnen. Wie von der Verwaltung vorgeschlagen (Beschlussvorlage 20162971) zunächst nur eine Haltestelle ohne den eigentlichen P+R-Platz zu bauen, wäre sinnfrei. Den Kosten für die U35-Verlängerung sind neben den zusätzlichen Kosten für die Erweiterung des Betriebshofs, den diese verursacht (+20 Mio., Mitteilung 20152738), also auch noch die Kosten für den P+R-Platz hinzuzurechnen (+5 Mio.). Die Verlängerung kostet damit insgesamt mindestens 102,2 Mio. Euro, also mindestens 25 Mio. mehr als die Verwaltung bisher angibt.

Einen P+R-Platz inklusive Haltestelle für mindestens 13 Mio. Euro zu bauen, der vorhersehbar leer stehen wird, stellt vorsätzliche Geldverschwendung dar. Auch das Anliegen, mit dem P+R-Platz die Verlängerung der U35 zu erreichen, rechtfertigt die Ausgabe von über 13 Mio. nicht. Wollte man den Nahverkehr ernsthaft fördern, dann müssten die 13 Mio. direkt in den Ausbau des städtischen ÖPNV fließen.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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