Kostenloch beim Musikzentrum soll durch den Bau eines absurd teuren Verwaltungstraktes geschlossen werden

Verwaltungsgeschoss rot umrahmt | Foto: Stadt Bochum, Bez und Kock
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Die Stadt verkündet in ihrer Pressemitteilung die Stiftung Symphonie hätte 600.000 Euro zusätzliche Spenden eingeworben, damit auch noch der Verwaltungstrakt für die Bochumer Symphoniker (BoSy) an das „Musikzentrums“ angebaut werden kann.

Schnell stellte sich heraus, dass diese Mittelung wohl leider (mal wieder) nur die halbe Wahrheit darstellt: Tatsächlich sind laut WAZ die 600.000 Euro Spenden noch gar nicht vorhanden, stattdessen würde die GLS-Bank zunächst für die noch einzuwerbenden Spenden nur bürgern und das auch nur, wenn die Stadt weitere 500.000 Euro dazu schießt (WAZ vom 02.09.14).

Alle fragen sich, wieso wollte das Presseamt den Bürgern die eigentliche Wahrheit bewusst vorenthalten?

Die Spatzen pfeifen es schon seit längerem von den Dächern. Das Kostenbudget für den Bau des „Musikzentrums“ ist aus dem Ruder gelaufen. Das bedeutet, die Stadt müsste am Ende für die entstehenden Mehrkosten eintreten. Das heilige Versprechen des Kulturdezernenten Townsend, dass unter allen Umständen das Budget eingehalten wird, wäre gebrochen.

Damit das nicht passiert, müssen also die Mehrkosten verschleiert werden. Dazu bietet sich der Bau des Verwaltungstraktes für die BoSy an.

Denn die tatsächlichen Baukosten für den Verwaltungstrakt für 16 BoSy Mitarbeiter liegen wohl kaum bei 1,1 Mio. Euro (0,6 Mio. Bürgschaft GLS + 0,5 Mio. Stadtanteil) wie folgende einfache Rechnung belegt: Der Verwaltungstrakt hat bei einer Geschosshöhe von 3,7 m gemäß Planungen eine Fläche von 378 qm (Geschossplan). Das ergibt einen Rauminhalt des zusätzlichen Verwaltungsgeschosses von 1.400 cbm. Der Richtwert für die Baukosten von öffentlichen Verwaltungsräumen beträgt 354 Euro pro cbm (Richtpreis für 2014). Der Verwaltungstrakt dürfte eigentlich also nicht mehr als 500.000 Euro kosten, keinesfalls jedenfalls 1,1 Mio..

Und selbst die 500.000 Euro sind noch sehr hoch geschätzt, wenn man bedenkt, dass Kosten für Baustelleneinrichtung, Planung, Heizungsanlage, Gebäudedach u.a. im Wesentlichen entfallen, denn die sollten mit dem bereits bestehenden Baukostenansatz zum größten Teil schon abgedeckt sein. Somit müssten die Baukosten eigentlich sogar deutlich unter 500.000 Euro liegen.

Damit stellt sich die Frage, weshalb soll der Verwaltungstrakt 600.000 Euro teurer werden als die faktischen Baukosten betragen?

Es ist wohl kaum anzunehmen, dass die Kosten so hoch sind, weil Generalmusikdirektor Sloane sein Büro mit Gold und Marmor auslegen lassen will. Tatsächlich soll wohl das Kostenloch in Höhe von 600.000 Euro abgedeckt werden.

Dafür spricht auch, die Vorgehensweise. Eine Bürgschaft für noch nicht eingeworbene Spenden für den Verwaltungstrakt hätte die GLS-Bank auch bereits vor Beginn des Baus geben können. Es sind ja nicht wie zunächst von der Stadt dargestellt, jetzt noch unerwartet 600.000 Euro Spenden zusammen gekommen, es soll nur eine Bürgschaft dafür geben.

Dann hätte die Stadt natürlich auch gleich ihren direkten Eigenanteil von 2,4 auf 2,9 Mio. um 500.000 erhöhen müssen. Dafür hätte es im Rat aber keine Mehrheit gegeben, denn man hätte die Bedingungen für den Bau noch sichtbarer verletzt als es ohnehin geschehen ist. Um behaupten zu können, alle Voraussetzungen für den Bau seien erfüllt, bot es sich als an, die Erhöhung des städtischen Kostenbeitrages um über 20% auf den jetzigen Zeitpunkt zu verschieben.

Diese Vorgehensweise ist so verlogen, wie das ganze Vorhaben. Zunächst wird der Bau im Rat beschlossen, trotzdem die vom Rat selbst gesetzten Bedingungen dafür nie erfüllt waren. Die von der Stadt jedes Jahr zu tragenden Kosten für Betrieb und Unterhalt wurden, um die Bürger über die wahren Kosten zu täuschen, wahrheitswidrig statt mit tatsächlich 2,6 Mio./ Jahr mit 650.000 angegeben. Die groß angepriesenen Seminar-, Workshopräume sowie das Education-Center gibt es tatsächlich gar nicht. Und die Spendenlücke von 3 Mio. ließ man sich schließen aus Geld von einer Stiftung, die satzungsgemäß mit ihrem Geld nach dem ausdrücklichen Willen der Stifterin eigentlich benachteiligten Kindern, Jugendlichen und Senioren helfen sollte, nicht betuchten Konzerthausfreunden.

Jetzt will man das offensichtlich bestehende Baukostenloch von 600.000 Euro schließen, indem man die Baukosten für den Verwaltungstrakt entsprechend künstlich um den Lückenbetrag erhöht.

Und angeblich soll sich diese Investition in die Verwaltung der BoSy auch noch rechnen. Wer sich aber die Mühe macht und nachrechnet und sich auch nur etwas mit Betriebswirtschaft auskennt, wird nicht auf die Idee kommen, das zu behaupten:
Für 378qm müssen auf dem Bochumer Büromarkt an der Viktoriastraße, also direkt gegenüber dem „Musikzentrum“, maximal 9 Euro pro qm bezahlt werden. Dazu kommen Nebenkosten in Höhe von 2,8 Euro pro qm. Der Bruttomietpreis inklusive Nebenkosten beträgt also maximal 53.700 Euro pro Jahr. Berechnet man die jährlichen gebäudebezogenen Kosten des Verwaltungstraktes gem. DIN 18980 (Kosten für den Betrieb, Abschreibungen, Kreditaufnahme, Objektmanagement und die Instandhaltung) kommt man auf 70.500 Euro pro Jahr.

Würde der Bau des Verwaltungstraktes tatsächlich 1,1 Mio. Euro kosten, dann wäre mieten also in jedem Fall deutlich billiger.

Klar ist, mit dem Bau des Verwaltungstraktes für 1,1 Mio. spart die Stadt also keine Kosten, sondern verursacht sogar Mehrkosten. Mit dem total überhöhten Kostenansatz sollen die Bürger darüber getäuscht werden, dass tatsächlich eine Kostenlücke von 600.000 Euro vorliegt, für die die Bürger über den erhöhten städtischen Baukostenanteil für die Verwaltung jetzt aufkommen müssen.

Klingt halt besser, wir geben 500.000 Euro aus dem Stadthaushalt dabei, damit auch noch der Verwaltungstrakt gebaut werden kann, als der Wahrheit die Ehre zu geben und ehrlich zu sagen, wir bauen noch den Verwaltungstrakt, dafür gibt uns die GLS-Bank 600.000 Euro und 500.000 Euro müsst ihr Bürger noch zuschießen, weil leider doch alles teurer wird, als wir es euch versprochen haben.

Am 25.09. soll im Rat beschlossen werden, ob für die Fantasiesumme von 1,1 Mio. das „Musikzentrum“, um ein Verwaltungsgeschoss ergänzt werden soll.

Wer als Ratsmitglied glaubwürdig bleiben will, kann diesem Vorschlag nicht zustimmen. Man darf gespannt sein, ob CDU und Grüne sich daran beteiligen, auf diese unlautere Weise die entstandene Kostenlücke zu schließen.

Zur CDU: Eine Opposition, die sich, unabhängig davon, dass man sich eigentlich für das „Musikzentrum“ ausgesprochen hat, nicht konsequent gegen solche Ansinnen wendet, mit denen die Bürger getäuscht werden sollen, hätte ihre Glaubwürdigkeit als Opposition verloren.

Wenn die Grünen zu ihrem Versprechen stehen, dass mit ihnen eine Erhöhung des städtischen Baukostenanteils von 2,4 Mio. nicht machbar ist, dann ist auch von grünen Ratsmitgliedern keine Zustimmung zu erwarten.

Mit der Bürgschaft der GLS-Bank könnte die aktuelle Kostenlücke ohne städtische Beteiligung ausgeglichen werden. Das mindestens sind die Spender und Freunde des Konzerthauses den Bürgern der Stadt schuldig, denen sie ohnehin schon die Unterhalts- und Betriebskosten aufbürden. Eine weitere Kostenbeteiligung der Stadt darf es unter keinen Umständen geben. Den Bau der Verwaltung für die BoSy kann es nicht geben.

Die STADTGESTALTER werden also dagegen stimmen. Gleiches ist von FDP, UWG, Linken, Sozialer Liste, Piraten und der Afd zu erwarten.

Man darf aber gespannt sein, ob CDU und Grüne sich einspannen lassen, um der SPD die Schmach zu ersparen, einzugestehen zu müssen, dass man sich bei den Baukosten für das „Musikzentrum“, wie vorher absehbar, gründlich verkalkuliert hat.

Verwaltungsgeschoss rot umrahmt | Foto: Stadt Bochum, Bez und Kock
Geschossplan Verwaltungstrakt | Foto: Stadt Bochum, Bez und Kock
Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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