Mehr Bürgerbeteiligung und Bürgerentscheide

Frischer Wind für das Rathaus | Foto: Frank Vincentz, Wikipedia
  • Frischer Wind für das Rathaus
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Am Donnerstag, 30.01.2014 um 20 Uhr treffen sich im alten Gewerkschaftssaal Ecke Humboldt-/ Maximilian-Kolbe-Straße (Termin auf Facebook) die Interessierten für eine neue Bochumer und Wattenscheider Wählergruppe, die parteilose Bürger in den Rat und die Bezirksvertretungen bringen möchte, um die Stadtpolitik mit frischem Wind zu beleben.best

Hier der 2. Teil des Interviews mit vier Mitgliedern der Initiative „Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz (BoWäH)“, die das Vorhaben auf den Weg gebracht haben.

Den 1. Teil des Interviews lesen Sie hier.

Wie wollen Sie die Bürger in die Politik einbinden?

Gregor Sommer: Wir möchten, dass über mehr Fragen in der Stadtpolitik die Bürger in Bürgerentscheiden abstimmen. Der Rat kann solche Abstimmungen durch den Bürger jederzeit auf den Weg bringen. Davon wollen wir mehr Gebrauch machen. Dann können die Bürger darüber entscheiden, ob die Stadt sich mit mehr als 100 Mio. über die Stadtwerke an der STEAG beteiligen soll, ob die Stadt die Jahrhunderthalle kaufen soll oder ob der Platz des Europäischen Versprechens fertig gebaut werden soll.

Was bedeutet, Sie setzen sich für einen neuen Politikstil ein?

Volker Steude: Bevor etwas von der Politik entschieden wird, sollte man die Meinung der Bürger kennen. Entsprechend werden wir die Bürger mit unserer Plattform bo-stimmt-ab.de zu den Themen nach Ihrer Meinung fragen.

Wir fordern auch, dass die Verwaltung der Politik mehr Handlungsalternativen zur Entscheidung vorlegt. Es kann nicht sein, dass die Verwaltung nur sagt, so soll die Straße ausgebaut werden, seid ihr dafür oder dagegen. Da müssen immer mehrere Alternativen auf den Tisch, zwischen denen Rat oder Bezirksvertretungen dann entscheiden können.

Andreas Sierigk: Die Entscheidungen müssen von unten nach oben fallen und nicht wie bisher von oben nach unten. Der Bürger muss an der Entscheidungsfindung beteiligt werden. Danach muss sich schon die Entwicklung der Handlungsalternativen ausrichten. Der Rat entscheidet dann zwischen den vorgeschlagenen Alternativen oder überlässt das in schwierigen Fragen den Bürgern direkt.

Warum ist für Sie Bildung ein so wichtiges Thema?

Helmut Wahl: Wir in Bochum sind mit 53.000 Studenten bereits eine „Bildungsstadt“. Leider bleibt kaum ein Student hier. Der Stadt fehlt es an entsprechenden Arbeitsplätzen und sonstiger Attraktivität.

Gleichzeitig haben wir das Problem, dass nicht wenige in der Stadt keine Arbeit finden, von der Sie leben können. Das triff besonders Menschen, die unterqualifiziert sind. Die Schulen in der Stadt müssen so ausgerichtet und ausgestattet sein, dass die Schulabgänger in der Regel mindestens gut- und hochqualifizierte Ausbildungen beginnen können.

In Finnland machen 90% aller Schüler Abitur, das sollte bei uns auch möglich sein. Dazu können wir in der Stadt viel tun. Da muss aber natürlich auch das Land noch seinen Beitrag leisten.

Die Stadt hat kein Geld, wie will man da in Bildung investieren?

Volker Steude: Wir sind aufgrund des ruinierten Haushaltes eigentlich gezwungen Politik ohne Geld zu machen. Geld können wir nur in die Schulen stecken, wenn wir es woanders wegnehmen. Das ist uns bewusst. Aber es lohnt sich. Die Sozialausgaben steigen um 10 Mio. jedes Jahr. Wenn diese Entwicklung durch eine Bildungsoffensive gestoppt werden kann, dann entlastet das den Haushalt dauerhaft. Zum Vergleich: Eine Verdoppelung des Schulhaushaltes kostet etwas über 50 Mio. Euro.

Gleichzeitig wollen Sie die Stadt schuldenfrei bekommen… .

Andreas Sierigk: Etwa 45 Mio. zahlt die Stadt aktuell jedes Jahr allein an Zinsen. Das ist fast so viel wie für die knapp über 100 Schulen. Steigt der aktuell grenzenlos niedrige Zinssatz, wie es in den nächsten Jahren zu erwarten ist, sind schnell sogar 90 Mio. pro Jahr zu zahlen. Dann ist die Stadt völlig am Ende.

Also müssen wir endlich reagieren, um diese Notlage unbedingt vorzeitig abzuwenden. Ohne Zweifel kommen, um das zu schaffen, über einen Zeitraum von 15-20 Jahren auf uns harte Einschnitte zu. Aber auch darüber müssen die Bürger entscheiden. Unsere sozialen Verpflichtungen müssen wir weiter erfüllen, alles was darüber hinaus geht, muss auf den Prüfstand. Den Bürgern sollen verschiedene Sparkonzepte vorgelegt werden. Sie sollen dann entscheiden, welchen Weg die Stadt wie lange gehen soll um sich zu entschulden. Dem Weg zu sparen, muss eine Mehrheit der Bürger zustimmen, sonst kann das Ziel nicht erreicht werden.

Stört es Sie, dass Sie immer wieder als Wutbürger bezeichnet werden?

Gregor Sommer: Ganz sicher stört uns das. Insbesondere weil das Gegenteil der Fall ist. Wir setzen uns für neue Ideen und Projekte ein: Bei der Bochum- und Wattenscheid-Karte haben wir gerade damit begonnen, ein Modellprojekt zu initiieren. Für die Anbindung von RUB und Fachhochschule an Langendreer haben wir bereits einen Alternativplan vorgelegt. Beim Radverkehr hat auch die SPD die Forderung nach einem Radstreifen um die Innenstadt jetzt in ihrem Programm. Wir gehen da aber noch einen Schritt weiter und wollen nicht nur Bochum zu einer Radfahrstadt machen, sondern auch das Fahrradverleihsystem flächendeckend ausweiten. Nebenbei haben wir uns auch noch für den Spieldrachen in der Innenstadt eingesetzt, der hoffentlich noch dieses Jahr Realität wird.

Wie stellen Sie sich Bochum und Wattenscheid 2024 vor?

Helmut Wahl: Wir sind das Herz der Metropole Ruhr, schuldenfrei und wieder handlungsfähig. Wer „Bochum“ sagt, denkt an Bildung. Wattenscheid hat seine eigene Identität zurück erlangt, über die Stadtentwicklung, bestimmen die Wattenscheider selbst. Wir sind eine geschäftige Stadt, die für ihre prosperierende und innovative freie Kunstszene bekannt ist. Die Stadt wächst. Insbesondere junge Menschen zieht es in die Stadt, um dort zu wohnen, wo das Herz einer lebendigen Metropole pulsiert.

Ich weiß, klingt noch sehr nach einem kühnen Traum. Aber wer sich keine anspruchsvollen Ziele setzt, wird sie auch nicht erreichen.

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Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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