OB-Kandidaten antworten - Was wollen Sie für mehr Bürgerbeteiligung tun?

Am 13.09.15 wird der neue Oberbürgermeister von Bochum gewählt. Bis dahin stellen wir den bekannten Kandidaten jede Woche eine Frage.

Die Frage für diese Woche lautet:
Welche Maßnahmen wollen Sie für mehr Bürgerbeteiligung ergreifen?

In der mit über 15.900 Mitglieder größten Facebook-Gruppe Bochums "Du weißt Du bist Bochumer wenn" besteht dann die Möglichkeit die Themen weiter zu diskutieren. Die OB-Kandidaten wurden eingeladen sich ebenfalls an der Diskussion zu beteiligen.

Wolf-Dieter Liese (AfD): Wir können unsere Stadt nur dann besser machen, wenn wir die Bürger in politische Entscheidungen einbeziehen. Daher sollten alle wichtigen und weitreichenden Entscheidungen in dieser Stadt zukünftig in größtmöglichem Konsens mit allen Beteiligten getroffen werden. Es ist nötig, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in geplante Projekte einzubeziehen. Aber diese Einbindung allein reicht nicht aus. Wenn am Bürgerwillen vorbeigeplant wird, wie im Fall der Lennershofsiedlung, scheitert das Projekt letztendlich auch. Es wäre viel klüger, solche Projekte von Anfang an in die Entscheidungsgewalt der Bürger zu legen, d. h. ausschließlich die betroffenen Bürger über die Realisierung abschließend entscheiden zu lassen. Damit werden alle Projektplaner gezwungen, immer den Bürgerwillen im Auge zu behalten.

Damit sich alle aktiv einbringen können, möchte ich mehr als bisher Bürgerversammlungen zu den anstehenden Themen einberufen. Diese Versammlungen sollen höchst unterschiedliche Formate haben, um zielgruppengerecht möglichst viele Bürger zu erreichen. Ich möchte die Bürger in ihren jeweiligen Lebensräumen abholen, den Studenten auf seinem Campus, den Sportler in seinem Verein oder den Theaterbesucher im Foyer. Bürgerbeteiligung ist eine Bringschuld der Politik und Verwaltung und nicht, wie vielfach heute praktiziert, eine Holschuld der Bürger.

In Bochum konnte bis heute aufgrund hoher gesetzlicher und verwaltungstechnischer Hürden kein Bürgerbegehren erfolgreich durchgeführt werden. Der neuerliche Versuch, den Bau des Musikzentrums durch ein Bürgerbegehren zu stoppen misslang, aufgrund angeblicher Formfehler, trotz fast 15.000 Unterschriften. Ich wünsche mir, dass die Bochumer Verwaltung Bürgerbegehren aktiv unterstützt und nicht versucht, diese zu verhindern. Größere städtische Investitionen sollen zukünftig grundsätzlich durch einen sogenannten Ratsbürgerentscheid, eine Bürgerentscheidung, die der Rat der Stadt Bochum selbst initiiert, abgesegnet werden.

Nach meiner Auffassung sollten die Bochumer Bürger ihre Stadt aktiv mitgestalten. Ich sehe die Aufgabe des Oberbürgermeisters darin, zwischen den verschiedenen Interessen zu vermitteln.

Omid Pouryousefi (unabhängig): Der neue Oberbürgermeister muss die Bürgerinteressen vertreten und nicht Parteiinteressen.

Die Stadtverwaltung, deren Chef der Oberbürgermeister ist, macht Vorschläge, wie sich die Stadt entwickeln soll. Der Rat stimmt darüber ab, welcher Vorschlag realisiert werden soll.

Als Oberbürgermeister werde ich daher die Verwaltung so organisieren, dass bereits bei der Entwicklung der Vorschläge die Bürger frühzeitig gehört werden, die Interessen berücksichtigt werden und maßgeblich in die Vorschläge einfließen.

Ich werde immer ein offenes Ohr für die Bürger haben. Vorschläge der Verwaltung werde ich - bevor Sie in den Rat kommen - frühzeitig zur öffentlichen Diskussion stellen, damit die Bürger vor einer Entscheidung rechtzeitig Einfluss nehmen können.

Bei wichtigen Entscheidungen werde ich im Rat beantragen, dass er hierzu einen Bürgerentscheid beschließt. Das hätte ich z.B. auch beim Bau des Musikzentrums getan.

Beteiligung muss aber auch gelernt werden. Kinder und Jugendliche sollten frühzeitig demokratische Abläufe kennenlernen und ausprobieren können. Ich würde die Initiative ergreifen, damit Bochum ein Kinder- und Jugendparlament bekommt.

Ebenso ist Transparenz eine wichtige Grundlage der Bürgerbeteiligung. Mit mir wird es keine Politik in Hinterzimmern geben. Wichtig ist, dass die wichtigen Dinge im Rat öffentlich diskutiert werden. Eine Verschiebung von Beschlüssen in den nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzungen, weil z.B. Parteien über Fehler der Vergangenheit nicht diskutieren wollen, wie zuletzt im Fall der Seniorenwohnheime, wird es mit mir nicht geben.

Ich verstehe auch nicht, warum es in Bochum bislang keinen Rats-TV wie in anderen Städten gibt. Die Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse müssen endlich live ins Internet übertragen und die Videos der Sitzungen müssen archiviert werden und für jedermann aufrufbar sein. Hierzu würde ich dem Rat ein kurzfristig realisierbares Konzept vorlegen.

Nur wenn die Bürger wissen, was die Politik warum tut, können sie sich wirksam beteiligen.

Jens Lücking (Freie Bürger): Vollmundig wurde vor einigen Jahren die Bürgerbeteiligung bei der Stadt Bochum verbessert, es gab sogar ein eigenes Büro dafür und einen Ausschuss für Anregungen und Beschwerden. All dies ist wieder zurückgefahren worden, weil es den Einsparungen zum Opfer fiel.

Wir müssen und sollten allerdings die Kreativität und guten Ideen unserer Bürger nutzen, auch, um Geld einzusparen. So sind beispielsweise auf der Markstraße neue Querungshilfen installiert worden, wofür die Bordsteine an beiden Seiten der Straße abgesenkt wurden.
Allerdings ist die Querungshilfe nun mit einem Bordstein versehen, der teuer hergestellt wurde und nun ein Hindernis für Rollatorfahrer und eine Stolperfalle darstellt.
Dies muss nun wieder zurückgebaut werden. Ein kurzes Gespräch mit den Anwohnern hätte Geld und Ärger erspart.

Die Bürger sind nicht gegen alles, aber wollen ihre Ideen und Anregungen mit einbringen. Dafür muss es mehr Gesprächsrunden mit den Bürgern bei Maßnahmen vor Ort geben. Und damit meine ich keine Bürgerversammlung bei Bebauungsplänen, wo die Bedenken im Sinne des Investors einfach weggewischt werden. Bei einem Gespräch mit den Bürgern vor Ort kann auch der Verwaltungsmitarbeiter neue Erkenntnisse gewinnen, die er hinter seinem Schreibtisch nie bekommen hätte. Also: Bei allen Maßnahmen, egal, ob Straßenbau, Flüchtlingsunterkunft, Steuererhöhung oder Schulschließung, muss zwingend ein Bürgergespräch stattfinden, um Anregungen aufzunehmen, Bedenken zu diskutieren und unsinnige Maßnahmen und Kosten zu vermeiden.

Dafür werde ich mich einsetzen. Bürger für Bürger!

Horst Hohmeier (Die Linke): In Bochum gibt es viele bereits jetzt eine vielfältige Landschaft von Initiativen, Verbänden und Gruppen, die sich an den politischen Prozessen in unserer Stadt beteiligen. Das Problem ist allerdings, dass die Stadtführung sie eher als Störfaktor und nicht als gleichberechtigte Akteure in einer bunten, demokratischen und vielfältigen Stadt ansieht.
Die Stadt muss Initiativen, Verbände und andere Träger bürgerschaftlichen Engagements stärker fördern und darf ihnen keine bürokratischen Steine in den Weg legen. Die Kommunalverwaltung muss demokratische Bürgeranträge und Bürgerbegehren unterstützen und nicht behindern oder sogar einfach übergehen, so wie das in der Vergangenheit in Bochum geschehen ist. Auch Menschen aus Nicht-EU-Mitgliedsländern sollen Bürgeranträge stellen und an Bürgerbegehren teilnehmen können.
Die Politik im Rat und die Arbeit der Verwaltung müssen transparenter werden. Ich trete dafür ein, dass alles, was irgendwie möglich ist, im öffentlichen Teil der Ratssitzungen behandelt wird. Politische Entscheidungen sollen hier fallen, und nicht in Hinterzimmern oder geschlossen tagenden Aufsichtsräten. Das Rats-TV muss endlich eingeführt werden. Die Kompetenzen für die Bezirksvertretungen müssen erweitert und ihr Budget erhöht werden, denn hier kann die Debatte mit BürgerInnen und sonstigen lokalen AkteurInnen besser organisiert werden. Informationshierarchien müssen abgebaut werden: Die Stadt soll Angebote entwickeln, um die Bochumerinnen und Bochumer fit für Diskussionen und Entscheidungen z.B. über Haushaltsfragen zu machen.
Eine Grundvoraussetzung für demokratische Beteiligung ist außerdem, dass die Kommune überhaupt hinreichend finanzielle Mittel und Einwirkungsmöglichkeiten auf wirtschaftliche und soziale Prozesse in der Stadt hat. Durch Ausgliederungen und Privatisierungen werden wichtige Bereiche der öffentlichen Kontrolle entzogen. Deshalb sage ich Ja zur Stärkung von öffentlichem Eigentum und Nein zu Privatisierungen.

Wolfgang Wendland (parteilos): Bevor sich Bürger beteiligen können, müssen sie sich informieren können – und da kommt die Stadt heute ihren Pflichten nicht nach: Der letzte Beteiligungsbericht ist 2012 erschienen – die Stadt müsste ihn jährlich veröffentlichen. Auch einen aktuellen Gesamtabschluss gibt es nicht – die Bürger können sich also über die wirtschaftliche Lage der Stadt nicht umfassend informieren, obwohl sie seit Jahren dazu das Recht haben. Ich werde mich als Oberbürgermeister dafür einsetzen, dass die Stadtverwaltung ihren Pflichten nachkommt und dass das Presseamt die Informationen so aufbereitet, dass Bürger sie auch ohne unzumutbaren Aufwand verstehen und beurteilen können. Städte wie Bonn haben gezeigt wie das geht (http://offenerhaushalt.de/haushalt/bonn/;) Bochum könnte daran anknüpfen und auf diesem Weg noch deutlich weiter gehen.

Ein Stadt-Wiki (wie Wikipedia aufgebautes Stadt-Lexikon) könnte Bürger umfassend über alles informieren, was Bochum unternimmt – da würden dann z. B. nicht nur die Termine des neuen Konzerthauses drin veröffentlicht, sondern auch die Kosten, Kostensteigerungen usw. Auch hier muss Bochum nicht alles neu erfinden, sondern einfach nur einmal offen sein, von anderen Städten zu lernen – von Karlsruhe zum Beispiel: http://ka.stadtwiki.net/Hauptseite. ; An einer derartigen Internetseite würden Verwaltung und Bürger gleichermaßen mitarbeiten.

Wichtig sind mir auch Arbeitskreise in den Bezirken, in denen Bürger mit der Verwaltung und der Politik zusammen über Planungen diskutieren. Hier können z. B. bei größeren Bauvorhaben auch Bürgerversammlungen gemeinsam organisiert und geplant werden, die so Ablaufen, dass sich die Menschen eingeladen fühlen und Lust haben ihre Ideen mit einzubringen. Bürger werden heute oft nur als Störfaktor gesehen, was ein großer Fehler ist: Wenn es der Stadtverwaltung gelingen würde, die Ideen und die Erfahrung der Bürger einzubringen, würden viele Projekte nicht nur besser akzeptiert werden, sondern wahrscheinlich auch besser geplant sein. Ebenso könnten in diesen Arbeitskreisen ehrenamtliche Arbeit koordiniert und durch die Verwaltung unterstützt werden.

Die wesentlichen Instrumente der Bürgerbeteiligung, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (§ 26) bzw. Anregungen und Beschwerden (§ 24) sind in der Gemeindeordnung des Landes festgelegt. Dies kann nur das Land ändern. Aber, und das halte ich für entscheidend, auch hier kommt es darauf an, wie die Verwaltung damit umgeht. Ich habe oftmals, sowohl als Bürger, aber auch in meiner Funktion als Bezirksvertreter in den Jahren 2009 bis 2014 die Erfahrung gemacht, dass die Verwaltung zuerst mit einem "geht nicht, gibt's nicht, kann nicht sein" reagiert, obwohl Probleme offenbar sind. Das muss sich ändern. Auch eine Beschwerde muss erst einmal als Verbesserungsvorschlag gewertet werden.

In Artikel 21 Absatz 1 Grundgesetz steht eindeutig "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." - was eindeutig bedeutet, dass die Parteien die Willensbildung nicht bestimmen, sondern eben nur mitwirken, das muss in Bochum insbesondere die SPD lernen.

Marcus Zarske (unabhängig):
Keine Antwort erhalten.

Monika Engel (Die Grünen):
Frau Engel nimmt nicht an der Umfrage teil.

Thomas Eiskirch (SPD):
Keine Antwort erhalten

Klaus Franz (CDU):
Keine Antwort erhalten.

Günther Gleising (Soziale Liste):
Keine Antwort erhalten.

Die Frage für die nächste Woche (ab 06.06.) lautet: Was wollen Sie für die positive Entwicklung unserer Stadtviertel tun?

Initiatoren der Aktion sind Oliver Kolanus, Stefan Tocco und Volker Steude,3 der Administratoren der Facebook-Gruppe "Du weißt Du bist Bochumer wenn"

Autor:

Oliver Kolanus aus Bochum

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